Schulen in Waldkraiburg und Mühldorf
Neue Wahlmöglichkeit beim Übertritt: Wirtschaftsschule schon ab der 5. Klasse – Das sollten Eltern wissen!
Schülerinnen und Schüler können ab dem nächsten Schuljahr bereits ab der fünften Klasse auf eine Wirtschaftsschule wechseln. Was sagen die Schulen im Landkreis dazu? Und was ist eigentlich der große Unterschied zwischen Realschule und Wirtschaftsschule?
Mühldorf/Waldkraiburg – Nach der vierten Klasse war klar: Es geht entweder ans Gymnasium, an die Realschule oder Mittelschule. Ab dem nächsten Schuljahr können die Grundschüler auch direkt auf eine Wirtschaftsschule wechseln. Das war bislang erst frühestens ab der sechsten Klasse möglich. Voraussetzung ist ein Notendurchschnitt von mindestens 2,66.
„Mit dem Schulversuch stärken wir die berufliche Bildung in Bayern und setzen eine wichtige Vereinbarung im Koalitionsvertrag zügig in die Tat um“, begrüßt Kultusministerin Anna Stolz diese Maßnahme. Dennoch gibt es Kritik. Der Landeselternverband Bayerischer Realschulen sieht nämlich das breite Bildungsangebot an den Realschulen gefährdet.
Weitere Wahlmöglichkeit für Grundschüler
Wie kommt der Schulversuch bei den Schulen in der Region an? Martin Tänzer, Schulleiter an der Gester-Wirtschaftsschule in Mühldorf, bewertet die weitere Wahlmöglichkeit für Grundschüler jedenfalls als positiv. „Es wird die Lücke zwischen der Grundschule und der Wirtschaftsschule mit der 5. Klasse geschlossen, sodass die Grundschüler eine weitere Wahlmöglichkeit haben.“
Anfangs gehe es darum, die Grundkompetenzen zu vermitteln und ein „verstärktes Augenmerk auf Deutsch, Mathematik und Englisch“ zu legen. Die Fächer Ökonomische Bildung, Digitale Bildung und Mensch, Umwelt und Technik bereiten die Schülerinnen und Schüler gezielt auf die Anforderungen einer Wirtschaftsschule vor.
Was ändert sich mit dem Modellversuch an der Wirtschaftsschule? „Wir sind gerade dabei, den neuen Lehrplan umzusetzen. Dieser wurde im Schuljahr 2022/23 in der 6. Klasse eingeführt“, erklärt Tänzer. „Bahnbrechend“ ist vor allem die Modulwahl in der 9. und 10. Klasse, bei denen die Schüler vier Basismodule in der 9. Klasse und zwei vertiefende Module in der 10. Klasse wählen, um ihre Interessen und Talente individuell zu stärken. „Darüber hinaus werden die Wirtschaftsschüler künftig ein vierwöchiges Praktikum in der 9. und 10. Klasse absolvieren.“
Die Nachfrage nach Plätzen an der Wirtschaftsschule ist groß: 285 Schüler besuchen die Wirtschaftsschule, davon sind 75 in den Eingangsklassen. Ob mit dem Vollausbau der Wirtschaftsschule die Nachfrage weiter steigt, kann Martin Tänzer nicht beurteilen. „Das muss man auf sich zukommen lassen. Bayernweit ist in den vergangenen beiden Schuljahren die Nachfrage durch den Modellversuch gestiegen.“ Seit Sommer vergangenen Jahres steht fest, dass die Wirtschaftsschule Gester Teil des Modellversuchs ist.
Eltern haben Wunsch schon oft geäußert
Eltern hätten in der Vergangenheit schon öfter den Wunsch geäußert, dass die Wirtschaftsschule bereits aber der 5. Klasse offen ist. „Sie wollen nach Möglichkeit, dass ihr Kind in einer Hand von der 5. bis 10. Jahrgangsstufe zum Abschluss geführt wird“, sagt Tänzer. Ein Grund, warum er die Sorge nicht teilen kann, dass nach der vierten Klasse zu früh die Weichen gestellt werden. „Dann müsste der Übertritt in der 4. Klasse im Allgemeinen diskutiert werden, ob dieser nicht zu früh ist und ob nicht ein anderes Übertrittsverfahren kindgerechter wäre.“
Tänzer verweist auf die Landeselternvereinigung, die an der ARGE beteiligt war, um den Schultyp Wirtschaftsschule weiterzuentwickeln und die Wirtschaftsschule ab der 5. Jahrgangsstufe einzuführen. „Das Ergebnis ist, dass der Schulversuch Bestandteil des Koalitionsvertrags ist.“
Eine Entscheidung, die an der Waldkraiburger Realschule ebenfalls auf Zustimmung stößt. „Es war absehbar, dass diese Entscheidung kommt und ist auch zu begrüßen“, sagt Werner Groß, Schulleiter an der Realschule. Große Auswirkungen auf die Schülerzahl an der Realschule befürchtet Groß nicht. Er sieht eher die Vorteile für die Schüler: „Es ist positiv, dass die Schüler wählen können, was für sie am besten geeignet ist.“ Die Wirtschaftsschule biete somit eine zusätzliche Möglichkeit. Groß hebt die gute Zusammenarbeit der Schulen hervor: „Es gibt keine Konkurrenz mit anderen Schulen.“
Die großen Unterschiede zwischen Realschule und Wirtschaftsschule
Die Realschule zählt zu den allgemeinbildenden Schulen, die verschiedene Zweige – zum Beispiel den mathematischen Zweig, Sozialzweig, Wirtschaftszweig, sprachlicher Zweig – mit verschiedenen Schwerpunkten ab der 7. Klasse anbietet. „Die Wirtschaftsschule ist hingegen dem beruflichen Schulwesen zugeordnet und vermittelt eine fundierte Allgemeinbildung und vertiefte kaufmännische Grundkompetenzen“, erklärt Martin Tänzer. Bereits ab der 5. Klasse wird neben einer breiten Grundbildung in den allgemeinbildenden Fächern der Grundstock in ökonomischer und digitaler Bildung mit jeweils zwei Stunden gelegt. Ab der 7. Klasse findet eine Schwerpunktverlagerung zu den kaufmännischen Fächern statt und nimmt ihren Höhepunkt mit der Modulwahl und einem vierwöchigen Praktikum in der 9. und 10. Klasse. All die erworbenen Grundkompetenzen laufen im Fach Übungsunternehmen zusammen, dem Alleinstellungsmerkmal der Wirtschaftsschule. Aufgrund des Praxisbezugs besteht die Möglichkeit zur Lehrzeitverkürzung.


