Kristina Pauli muss zurückzahlen
„Wie eine Watschn“: Corona-Hilfe stößt Waldkraiburgerin vor finanzielle Probleme
Während der Corona-Pandemie erhielten viele Unternehmen Geld vom Staat. Die Inhaberin eines Kosmetik-Studios muss jetzt die Hilfe zurückzahlen. Das will sich die Waldkraiburgerin nicht gefallen lassen. So wehrt sich die Frau. Und um so viel Geld geht es.
Waldkraiburg – Vor Kristina Pauli liegt ein Zettel, auf dem sie die wichtigsten Fakten notiert hat: Wann war ihr Kosmetik-Studio während der Corona-Pandemie geschlossen, in welchem Zeitraum hat sie welche Corona-Hilfe bekommen und wie viel. Viel entscheidender ist jetzt aber für sie: Wie viel davon muss sie wieder zurückzahlen?
Mit ihrem Steuerberater hat Pauli schon alle Zahlen zusammengetragen. Die sind ernüchternd. „Versprochen wurde eine unbürokratische Hilfe, die sich aber im Nachhinein als Darlehen entpuppt“, ärgert sie sich. Rund 10.000 Euro soll sie insgesamt zurückbezahlen. Davon entfällt ein Großteil der Summe auf die Corona-Soforthilfe, die gleich ab März 2020 ausbezahlt worden sind.
10.000 Euro muss sie zurückbezahlen
Kristina Pauli rechnet vor: „Für den Zeitraum von 18. März bis 11. Mai 2020 habe ich 9000 Euro bekommen, davon muss ich 1630 Euro nicht zurückbezahlen.“ 1630 Euro dafür, dass sie ihr Kosmetikstudio nicht öffnen durfte, ihre Kunden nicht behandeln konnte. Von dem Geld sind aber noch nicht die Kosten für den Steuerberater abgezogen, der für sie die nötige Aufstellung für die Corona-Soforthilfe machte.
Insgesamt geht es für sie um rund 10.000 Euro, die sie aus der Corona-Zeit wieder zurückbezahlen muss. Geld, das für Investitionen ins Kosmetik-Studio geplant war und nun fehlt. „Rund 10.000 Euro dafür, dass ich in zwei Jahren sieben Monate nicht arbeiten durfte.“ Wie ihr ergehe es vielen Kolleginnen, die als Solo-Selbstständige arbeiten. „Viele haben ihre Rente aufgebraucht.“ Denn über die Corona-Soforthilfe seien lediglich Kosten für Telefon, Strom, Darlehen und Miete angerechnet worden, Lebenshaltungskosten durften davon nicht gezahlt werden. „Wir mussten zusperren, und dabei ist es völlig egal, wie man die Fixkosten für einen Sozialstaat leistet“, kritisiert Kristina Pauli, die zweite Vorsitzende im Landesverband der Kosmetikerinnen ist.
Kein Click-und-Collect im Kosmetikstudio
Wie die Beiträge zur Krankenkasse. „Hätte ich die Hilfe nicht beantragt, hätte ich mich über die Krankenkasse meines Mannes versichern lassen können.“
Seit 18 Jahren ist die Kosmetikerin selbstständig, ihr Beruf lebt vom lebendigen Kontakt mit den Menschen. Von den Regelungen während der Corona-Pandemie war ihr Berufszweig besonders betroffen, Click-und-Collect-Lösungen, wie sie andere Branchen kurzerhand einführten, ließen sich eben nicht auf Behandlungen in einem Kosmetik-Studio übertragen.
Tatsächlich wurden die Soforthilfen in den ersten Monaten der Corona-Pandemie gewährt als „Billigkeitsleistung für kleine Betriebe und Freiberufler“, die aufgrund der Corona-Krise in eine existenzgefährdende Wirtschaftslage geraten sind, heißt es auf Nachfrage bei der Regierung von Oberbayern. Sie sollten dazu dienen, die Verbindlichkeiten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand zu begleichen, wie zum Beispiel Mieten und Pachten, Kredite für Betriebsräume oder Leasingraten.
Fader Beigeschmack bleibt
„Entgangene Umsätze und Gewinne konnten damit nicht ersetzt werden“, erklärt ein Sprecher. Denn gedacht war die Corona-Soforthilfe dafür, Liquiditätsengpässe oder Insolvenzen zu verhindern. Mit dem Hinweis, dass die Soforthilfe teilweise zurückgezahlt werden muss, sollten die erwarteten Liquiditätsengpässe so nicht eingetreten sein.
Trotzdem ist Kristina Pauli verärgert. „Es bleibt ein fader Beigeschmack. Die Soforthilfe muss zurückbezahlt werden und die da oben haben ihre Finanzen nicht im Griff“, sagt sie mit Blick nach Berlin. Manche ihrer Kolleginnen würden sich überlegen, ihr Geschäft zu schließen. Den Sprung in die Selbstständigkeit wolle kaum noch jemand wagen. „Man hat ja gesehen, was passieren kann.“
Über den Landesverband habe man bereits Behörden angeschrieben, Pauli selbst hat das Gespräch mit Politikern wie dem Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer gesucht. „Diese Soforthilfe ist an der Realität vorbeigegangen, hat nicht funktioniert.“ Im Gegensatz zu anderen Corona-Hilfen, die ihrer Meinung nach funktioniert hätten.
Unklar, wie viele Empfänger betroffen sind
Wie viele Empfänger der Corona-Soforthilfen von einer Rückzahlung betroffen sind, kann laut Regierung von Oberbayern noch nicht festgestellt werden. Bereits Ende November 2022 seien die Empfänger daran erinnert worden, ihre erhaltenen Soforthilfen zu überprüfen und Rückmeldung zu geben. Die Frist läuft noch bis 31. Dezember 2023. „Belastbare Auskünfte zur Zahl der von einer Rückzahlung betroffenen Empfänger können daher erst nach Abschluss des Rückmeldeverfahrens gegeben werden“, heißt es bei der Regierung.
Einen Lichtblick gibt es: Wenn zu viel erhaltene Soforthilfe aus wirtschaftlichen Gründen nicht fristgerecht zurückgezahlt werden kann, seien auch Ratenzahlungen bis zu 24 Monate – im Einzelfall auch länger – möglich. Wenn eine Rückzahlung die Existenz bedrohen würde, kommt auch ein Erlass der Rückzahlung in Betracht.
Trotzdem bleibt es für Kristina Pauli ein Ärgernis: Jetzt die Corona-Soforthilfe zurückbezahlen zu müssen, kommt für sie einer „Watschn“ gleich. „Die Corona-Soforthilfe wurde unter einem anderen Aspekt verkauft, im zweiten Schritt hat sie sich als Darlehen entpuppt.“ Für eine Zeit, in der man nicht arbeiten durfte.