Petition in Bayern
Unangekündigte Exen: Darum geht man an Waldkraiburger Schulen einen anderen Weg
Schluss mit der Ex! Eine Petition will das Ende von unangekündigten Tests an Schulen. Eine Praxis, die am Waldkraiburger Gymnasium und der Realschule unterschiedlich gehandhabt wird.
Waldkraiburg – „Hefte weg, Stifte raus“ – einen Satz wie diesen haben schon viele Schüler an Bayerns Schulen gehört. An vielen Schulen gehören die unangekündigten Tests zum Schulalltag dazu, genauso wie das Abfragen vor der Klasse. Für viele Schüler sorgt das für Stress. Deshalb will eine Petition nun ein Ende der unangekündigten Tests erreichen.
Bis zum Montag, 21. Oktober, hat die Petition schon rund 27.000 Unterschriften erreicht, damit Schüler nicht mehr ständig „in Alarmbereitschaft“ sein müssen, wie in der Petition argumentiert wird. Ständiger Druck und Stress würden den Schulalltag prägen.
Eine Situation, welche die Schüler am Waldkraiburger Gymnasium so nicht kennen. Denn dort verzichtet die Schule schon seit Jahren auf unangekündigte Tests. Der ehemalige Schulleiter Helmut Wittmann hatte aus seiner Zeit in Gars den Vorschlag eingebracht, Exen durch angekündigte Lerntests zu ersetzen. „Das war nichts, was ich als Schulleiter allein entscheiden konnte. Dazu musste ich in der Lehrerkonferenz überzeugen“, hat Wittmann einmal gesagt.
Entscheidung nimmt Druck raus
Die Idee überzeugt noch heute. „Wir haben damit grundsätzlich positive Erfahrungen gesammelt“, erklärt Schulleiter Thomas Fraundorfner. Diese Entscheidung nehme gerade für die sehr guten Schüler Druck raus. „Diese Schüler wollen immer vorbereitet sein. Dass Schüler mit Exen auf den Druck der Arbeitswelt vorbereitet werden, sieht Fraundorfner anders. „Der Druck ist ein ganz anderer, das bringt nur bedingt etwas.“
Außerdem sei es ein Irrglaube, dass Schüler nur kontinuierlich lernen würden, weil sie jederzeit mit einer Ex rechnen müssten. „Bei regelmäßigen Lerntests lernen die Schüler mehr als für Exen. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht.“ Abgefragt wird am Waldkraiburger Gymnasium weiterhin, in den Hauptfächern schreiben die Schüler Schulaufgaben.
Dass Schüler sich nur noch punktuell auf Lerntests vorbereiten, hält Fraundorfner für möglich. „Aber sie lernen nachhaltiger für die Tests.“ Die Lerntests würden Schülern und Eltern widerspiegeln, wo sie aktuell stehen. „Bei schlechten Noten zählt nämlich das Argument nicht mehr, dass man als Schüler unvorbereitet mit einer Ex erwischt worden ist.“
Fraundorfner sieht an den Gymnasien bereits einen Trend zu angekündigten Lerntests, die Petition braucht es für ihn aber nicht. „Jede Schule ist anders. Die Petition braucht es als Weckruf.“ Dass Kultusministerin Anna Stolz das Gespräch über alternative Formen suchen wollte, wäre für Fraundorfner eine gute Chance gewesen. „Basta-Entscheidungen sind selten gut“, spricht er die Haltung von Ministerpräsident Markus Söder zu Exen an.
Mit Schulaufgaben auf Prüfungsformat vorbereiten
Auf angekündigte Lerntests setzt auch die Realschule Waldkraiburg, handhabt es aber anders als am Gymnasium. „Wir beschließen jedes Jahr in der Lehrerkonferenz neu, ob Lerntests oder Exen geschrieben werden“, erklärt Schulleiter Werner Groß. Dies könne für Jahrgangsstufen und Fächer unterschiedlich gehandhabt werden.
Gerade in den Nebenfächern, deren Unterrichtsstunden in einer Doppelstunde abgehalten werden, setzt die Schule vorrangig auf Lerntests. „Ansonsten würde es schwierig werden, Exen zu schreiben. Weil Schüler krank sind, entschuldigt fehlen oder am selben Tag eine Schulaufgabe geschrieben wird.“ Denn im Gegensatz zu Exen müsste ein Schüler einen Leistungstest nachholen.
In den höheren Klassen setzt die Schule auf die klassischen Formate mit Schulaufgaben und Exen: „Wir wollen damit unsere Schüler auf das Prüfungsformat für die Abschlussprüfungen vorbereiten.“
Von Eltern weiß Groß, dass sich Kinder teilweise durch den Termin für einen Lerntest belastet fühlen. „Häufig sind das die guten Schüler.“ Für Groß ist die Diskussion um die Petition nicht zielführend, viel wichtiger wäre es, über die allgemeine Notengebung zu reden. „Wie schafft man es, die Fertigkeiten zu üben. Die Noten braucht es nicht, um einschätzen zu können, ob ein Schüler den Lernstoff verstanden hat oder nicht.“
Schüler könnten beispielsweise auch wegen eines Unterrichtsfachs durchfallen, das sie im folgenden Schuljahr gar nicht mehr hätten. „Es ist gut, dass jede Schule selbst entscheiden kann. Wichtig ist nur, dass der Schüler weiß, ob Tests oder Exen.“
Handlungsbedarf an anderer Stelle sieht auch Thomas Fraundorfner: „Prüfungsformen müssen angepasst werden, denn die KI wird Schulen durchschütteln. Ob zum Beispiel ein Referat Prüfungsformat bleiben kann, darüber muss man sich Gedanken machen.“