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Schulreform im Fokus, Schulsystem im Wandel

Ende der Überraschungstests? So reagieren Schulen in der Region auf Schüler-Petition

„Hefte weg, wir schreiben eine Ex“ - diesen Satz kennt wohl jeder aus der Schulzeit. Wenn es nach Amelie geht, soll damit bald Schluss sein: Die Münchner Schülerin hat eine Petition gestartet, die das Ende unangekündigter Leistungsnachweise einläuten soll. Welche Reaktionen ruft das an den Schulen in der Region hervor?

Traunstein/Landkreise - Unangekündigte schriftliche Tests, sogenannte Exen, zählen vielerorts zum bayerischen Schulalltag, ebenso wie das spontane Abfragen eines Schülers an der Tafel. Könnte das bald der Vergangenheit angehören?

Die Idee der 17-jährigen Gymnasiastin Amelie wird derzeit heiß debattiert. Sie hat mit ihrer Online-Petition für die Abschaffung dieser Tests bereits über 12.000 Unterschriften gesammelt. Kultusministerin Anna Stolz will Prüfungsformate und die Art der Tests im Allgemeinen überdenken. 

Wie ändert sich das Schulsystem in Zukunft?

Von einem allgemeinen Verbot und speziellen Vorschriften „von oben“ hält Dr. Martin Brunnhuber jedoch nichts. Er war bis 2023 Leiter der Berufsschule in Freilassing, ist jetzt bildungspolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Wähler und gehört außerdem dem Ausschuss für Bildung und Kultus an. 

Dr. Brunnuber ist vielmehr der Meinung, die Petition sei zu kurz gegriffen. In seinen Augen laute die Frage eher, wie sich das Bewertungssystem der Schulen in Zeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) verändere und weiterentwickele.

Man werde vielleicht andere Prüfungsformate, Strukturen und Analysen brauchen, damit man mit der Geschwindigkeit im Wandel mitkommt. Er ist überzeugt, dass sich in der nächsten Dekade zu 100 Prozent eine Änderung einstellen werde in der Bewertung der Kompetenzen von Schülern.

Grundgedanken der Leistungsabfrage nicht verkehrt

„Das reine Ergebnis kann ChatGPT auch liefern. Aber ob es in dem Kontext richtig ist und zu dem passt, was ich erreichen wollte und was ich damit nun anfange - diese weitere Analyse wird die Zukunft sein. Wir müssen mit der Zeit gehen und uns bewegen - das war schon immer so“, betont Dr. Brunnhuber und erinnert an anfängliche Skepsis und wilde Diskussionen über das Aufkommen des Taschenrechners vor vielen Jahren.

Aus Gesprächen mit Lehrer-Kollegen weiß er: „Unangekündigte Leistungsnachweise mit Stegreifaufgabe werden ohnehin schon häufig ersetzt - beispielsweise durch Kurzarbeiten, die die letzten 10 Stunden Lernstoff beinhalten. Es kommt auch immer auf das Fach an, in dem der Lernverlauf des Schülers geprüft wird. Grundsätzlich bin ich schon dafür, die Leistung des Schülers in regelmäßigen Abständen abzufragen. Den Lehrern jedoch vorzuschreiben, unangekündigte Tests in keinem Fach mehr durchzuführen halte ich für falsch.“

Denn der Grundgedanken der Leistungsabfrage sei laut dem Traunsteiner Politiker nicht verkehrt: „Der Lehrer, der mit seinem roten Notenbüchlein vor der Nase und Abfragen an der Tafel Angst und Schrecken in den Klassen verbreitet, sodass der Schüler vor lauter Panik keine Leistung mehr zustande bringt - dieses Bild ist antiquiert.“

Bayerische Schulordnung ermöglicht Alternativen

Dass es grundsätzlich für die Lehrer viele Möglichkeiten gibt, von herkömmlichen Tests abzuweichen, kann auch Karsten Kundt, Leiter der Anton-Heilingbrunner-Realschule Wasserburg am Inn bestätigen. Grundsätzlich ist er aber der Ansicht, dass Noten von ungekündigten Tests eine zusätzliche Rückmeldung über den Lernfortschritt geben. „Die klassischen Noten sind ein objektives Kriterium für alle Schüler, sollten aber natürlich nicht das einzige Feedback seitens des Lehrers sein.“

An seiner Schule werde beispielsweise eine Schulaufgabe in Deutsch durch einen Aufsatz oder eine Debatte zu einem bestimmten Thema ersetzt - oder dem Schüler durch ein Referat mehr Verantwortung gegeben.

Ebenso gebe es die Möglichkeit, statt unangekündigter Exen im Turnus von sechs Wochen angekündigte Tests durchzuführen, wie es die Modus-Maßnahme Nummer 16 der Bayerischen Schulordnung (BaySchO) ermöglicht.

„Da ist einiges machbar, abhängig von den verschiedenen Altersstufen“, erklärt Kundt und bekräftigt damit die Meinung seines Rektorkollegen Siegfried Buchner. An der Maria Ward Realschule Altötting wird Modus-Maßnahme 16 in Englisch und Französisch angewandt.

Buchner ist der Meinung, diese Abweichung könne punktuell sinnvoll sein, gerade in Fremdsprachen-Fächern. Er persönlich glaubt indes nicht, dass sich Amelies Petition durchsetzen wird: „Bei Stegreifaufgaben geht es nur um Stoff der Vorstunde und das kontinuierliche Wiederholen hilft, sich den Inhalt einzuprägen. Viele Schüler entwickeln ohnehin ein Gespür dafür, die Andeutungen des Lehrers richtig zu deuten, wann es in der nächsten Stunde zu einer Ex oder Abfrage kommen könnte.“

Das Gymnasium Gars praktiziert bereits seit Jahren den durch die Lehrerkonferenz beschlossenen Verzicht auf unangekündigte schriftliche Leistungsnachweise, erklärt Schulleiter Julian Zwirglmaier: „Nachdem es diese Möglichkeit durch die Schulordnungen bereits gibt, halte ich es persönlich aber am besten, den pädagogischen Gestaltungsspielraum der Schulen zu erhalten und nicht durch ein allgemeines, bayernweites Verbot unangekündigter Leistungsnachweise zu beschränken.“

Egal ob angekündigt oder unangekündigt, es komme immer auf die individuelle Umsetzung an den Schulen durch die Lehrkräfte an, die alle das gleiche Ziel verfolgen: „Die Schüler zu einem nachhaltigen Lernerfolg zu führen, diesen sichtbar zu machen und auf dieser Grundlage valide Rückmeldung für Verbesserungspotential sowohl auf Schüler- als auch auf Schulseite zu erhalten.“ (mb)

Rubriklistenbild: © Silas Stein: picture alliance/dpa

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