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Schulleiter blicken zurück

Peter Maffay ist Pate - doch in 25 Jahren ist am Gymnasium Waldkraiburg viel mehr passiert

Zwei Schulleiter an ihrem Wirkungsort: Joachim Hellwig (links) übergab 2015 das Gymnasium an Helmut Wittmann.
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Zwei Schulleiter an ihrem Wirkungsort: Joachim Hellwig (links) übergab 2015 das Gymnasium an Helmut Wittmann.

Plötzlich volljährig: Vor 25 Jahren wird das Gymnasium Waldkraiburg eigenständig, zuvor war es eine Zweigstelle Mühldorfs. Schulleiter erinnern sich, welchen Weg die Schule gemacht hat.

Waldkraiburg – Mit zwei Klassenzimmern am Ende des Gangs in der heutigen Diesel-Mittelschule fing vor mehr als 50 Jahren alles an. Heute ist das Gymnasium Waldkraiburg mit rund 800 Schülern als der städtischen Schullandschaft nicht mehr wegzudenken. Doch dafür brauchte es viel politischen Willen und Einsatz.

Einsatz, der sich in zweierlei Sicht gelohnt hat: Zum einen, dass Waldkraiburg 1970 ein Zweiggymnasium des Mühldorfer Ruperti-Gymnasiums eröffnet hat und dass dieses später eigenständig geworden ist. „Der Wunsch nach einem eigenständigen Gymnasium war immer greifbar“, sagt Waldkraiburgs „Gründungsdirektor“ Anselm Räde. Doch es gab die Sorge, dass das Schülerpotenzial nicht für drei Gymnasien reichen würde. Eine unbegründete Sorge, wie man heute weiß.

Doch es dauerte mehr als 25 Jahre, bis das Gymnasium Waldkraiburg auf eigenen Beinen stehen durfte. Heute ist es seinen Kinderschuhen längst entwachsen: Sein Abitur hat es in der Tasche, hat studiert und ist mit 25 Jahren mittlerweile im Berufsleben angekommen. Begleitet haben es auf seinem Weg drei Schulleiter: Neben Anselm Räde sind es Joachim Hellwig und Helmut Wittmann.

Pioniergeist an der Schule

Bei Null musste Anselm Räde nicht anfangen, als das Gymnasium 1998/99 in die Eigenständigkeit startete. 505 Schüler wurden von 40 Lehrern unterrichtet, der Anbau war in den Pfingstferien bezogen worden. Auf einmal war das Gymnasium volljährig, durfte eigene Entscheidungen treffen. Die Stundenpläne mussten erstellt werden, es brauchte eine Lehrerkonferenz, einen Elternbeirat und ein Förderverein hatte sich gegründet. „Ich hatte eine erfahrene Mannschaft an meiner Seite“, sagt Räde. Viele Lehrer hätten sich bewusst für Waldkraiburg entschieden, hatten Lust auf die Eigenständigkeit der Schule. „Es gab einen Pioniergeist und den brauchte es.“

Auf vorhandene Prozesse konnte Räde aufbauen, Abläufe des Ruperti-Gymnasiums für Waldkraiburg adaptieren. „Die Schule entwickelte ihr eigenes Profil, eine Vielzahl von Veranstaltungen hat dabei geholfen“, sagt Räde. Projekttag zum Thema Menschenrechte, ein Goethe-Abend, eine Lesenacht oder Musicals. Der Anbau an der Schule, die neue Sporthalle, die vielen Veranstaltungen – Wegmarken aus Rädes‘ Zeit. 2001 der erste Abiturjahrgang. „Das waren wunderschöne Tage“, erinnert sich Räde, der heute Direktor am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung ist. Gestaltungsmöglichkeiten habe es viele gegeben, etwas, was Räde zu schätzen und nutzen wusste. Viel Unterstützung habe er aus der Stadt, von den damaligen Bürgermeistern Jochen Fischer und Siegfried Klika bekommen.

Gründungsdirektor Anselm Räde führte das Gymnasium elf Jahre.

Jahrelanges Bestreben

Elf Jahre war Räde Schulleiter, bevor er nach Mühldorf wechselte. Von dort kam zuvor sein Nachfolger Joachim Hellwig, der das Gymnasium aus zwei Blickwinkeln kennt: Als Lehrer und als Vater. Seine beiden Töchter haben in Waldkraiburg ihre Gymnasialzeit begonnen, die ältere musste nach der Mittelstufe nach Mühldorf, die Jüngere konnte bleiben und war im ersten Abiturjahrgang. „Es gab ein jahrelanges Bestreben dafür und es war der richtige Schritt, dass das Gymnasium eigenständig wird.“ Nach dem Wechsel nach Mühldorf sei man Neuling gewesen an einer „gewachsenen Schülerschaft“. Eine Beobachtung, die er als Lehrer in Mühdorf machte.

Die Waldkraiburger wollten sich von Mühldorf abnabeln, der verstorbene Altbürgermeister Jochen Fischer hatte sich dafür stark gemacht. „Das Gymnasium hatte sich entwickelt, die Eigenständigkeit war der logische Schritt“, sagt Hellwig.

Das Waldkraiburger Gymnasium war erst elf Jahre jung, als Hellwig es von seinem Vorgänger Räde übernahm. Elf Jahre, in denen das Gymnasium von 505 Schülern auf 1097 angewachsen war. „Anselm Räde hatte viel angestoßen, einen Stillstand wollte ich nicht.“

Bewährungsprobe bestanden

Im ersten Schuljahr seiner Eigenständigkeit liegen in Waldkraiburg die Anmeldezahlen bei mehr als 100 Schülern, 2007 und 2009 erreichte die Schule mit 163 beziehungsweise 164 Anmeldungen ihre Spitze. 2016 lagen sie mit nur 71 Anmeldungen so niedrig wie nie. Seitdem steigen die Zahlen und pendeln sich bei rund 100 ein. 2001 feiert das Gymnasium seinen ersten Abiturjahrgang. Einer von ihnen war Andreas Hermann. „Ich war froh, dass ich nach der Mittelstufe nicht mehr nach Mühldorf musste.“ Als Schüler habe er darauf gehofft, dass alles rechtzeitig fertig werden würde, dass sich nichts an den Zeitplänen ändert. „Im Nachhinein ist man stolz, dass man zum ersten Jahrgang gehörte, der sein Abi hier durchziehen konnte.“ Das Gemeinschaftsgefühl sei dadurch auch stärker geworden. Seine einzige Sorge: dass die gewünschten Leistungskurse Mathe und Physik nicht zusammenkommen. „Rückblickend kann man sagen, dass die Schule ihre Bewährungsprobe bestanden hat.“

Als Naturwissenschaftler hat er einen anderen Blick, baut die IT-Ausstattung und das Schulportal weiter aus, führt Spanisch als dritte Fremdsprache ein und etabliert die Einführungsklasse. Ein Schritt, der ihm am Herzen liegt, denn Hellwig hatte selbst nach dem Realschul-Abschluss nach Mühldorf gewechselt.

Peter Maffay als Schul-Pate

2015 geht Hellwig in den Ruhestand, auf ihn folgt Helmut Wittmann. Aus Elternsicht kennt er das Gymnasium bereits, es fehlt nur die „Innenansicht“. Von Grund auf umkrempeln will er das Gymnasium nicht, er behält viel Bewährtes bei. Aus seiner Zeit in Gars bringt er den Vorschlag ein, unangekündigte Exen durch angekündigte Lerntests zu ersetzen. „Das war nichts, was ich als Schulleiter allein entscheiden konnte. Dazu musste ich in der Lehrerkonferenz überzeugen.“

In Wittmanns‘ Zeit geht der technische Fortschritt weiter, zuletzt stark befördert durch die Corona-Pandemie. „Da passierte ein Quantensprung.“ Was aus der Not geboren wurde, werde heute immer noch genutzt. Durch viel Kommunikation hätte man die Herausforderungen bewältigen können.

„An der fachlichen Erziehung gab es nichts zu ändern. Was mir allerdings sehr wichtig war: die Werteerziehung“, blickt Wittmann zurück. Das Gymnasium wird Fair-Trade-School, die AG Miteinander baut ihr Engagement weiter aus. Heute ist das Gymnasium auch „Schule mit Courage – Schule ohne Rassismus“, Sänger Peter Maffay war Pate. In den Jahrgangsstufen gibt es jeweils eine Sozialpreis-Ehrung. „Schulen müssen auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren und diesen gerecht werden“, ist Wittmann überzeugt. Schulen übernehmen mehr Erziehungsaufgaben, da kann Unterstützung von außen nicht schaden. 2019 wurde die Schul-Sozialarbeit am Gymnasium etabliert.

Was bleibt zu tun? Da gilt es zum einen die Lernrückstände aus der Corona-Pandemie und die sozialen Beeinträchtigungen aufzuarbeiten. Zum anderen das Gymnasium in die nächsten 25 Jahre Eigenständigkeit zu führen. Die Planungen für die Generalsanierung des Altbaus und eines Neubaus laufen, am neueren Teil des Gebäudes braucht es Sanierungsarbeiten. Zu tun gibt es genug. „Schule ist aufregend, aber auch anregend.“

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