Prozess vor Mühldorfer Amtsgericht
„Heftiger, animalischer Biss“ und Prügel-Attacken im Rausch: So wird Waldkraiburger (26) bestraft
Mit Alkohol und Drogen im Blut hatte sich ein 26-Jähriger aus Waldkraiburg nicht mehr unter Kontrolle. Gegenüber seiner Freundin wurde er handgreiflich und musste sich nicht nur deshalb vor Gericht verantworten.
Mühldorf/Waldkraiburg - Wegen mehrerer Vorwürfe stand ein 26-Jähriger aus Waldkraiburg vor dem Mühldorfer Amtsgericht: Dass er zweimal mit geringen Mengen Marihuana in Waldkraiburg erwischt worden war, war zu vernachlässigen. In der viereinhalbstündigen Sitzung drehte sich nach Auseinandersetzungen mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin der Großteil um Körperverletzung, Hausfriedensbruch, sexuelle Nötigung, Widerstand gegen Polizeibeamte, Beleidigung und Bedrohung. Die Frau trat als Nebenklägerin auf, ihr juristisch zur Seite stand Rechtsanwältin Julia Siegfried.
Mit der Faust ins Gesicht geschlagen
Der erste Fall ereignete sich im Oktober 2021: Bei der Geburtstagsfeier einer Freundin wollte die Ex-Freundin dem stark betrunkenen Angeklagten ein Taxi rufen. Der Mann rastete deshalb aus und schlug ihr zweimal mit der Faust ins Gesicht. Als sie zu Boden ging, trat er auf sie ein. Gäste der Feier zogen ihn von der Frau weg, die bei der Attacke eine Gehirnerschütterung und zahlreiche Hämatome erlitten hatte.
Zwei Wochen nach dem Vorfall erschien der Angeklagte vereinbart in der Wohnung der Frau. Er wollte einige Sachen abholen, doch es kam zu einer verbalen Auseinandersetzung. Anstatt die Wohnung zu verlassen, schnappte er sich zwei der Wohnungsschlüssel und einen Schal aus der Garderobe, stürmte ins Zimmer der dreijährigen Tochter der Frau und drohte, sich zu erhängen. Als die junge Mutter dies verhindern wollte, schubste sie der Angeklagte gegen das Kinderbett. Mutter und Kind flohen zur Nachbarin und kehrten erst später zurück.
Dies hatte der Beschuldigte bemerkt und versuchte mit dem gestohlenen Schlüssel die Wohnungstür zu öffnen. Inzwischen war eine Polizeistreife eingetroffen, die der Mann aufs Übelste beleidigte. „Nur mit großem Kraftaufwand konnten wir den Mann fesseln. Wir warteten auf Verstärkung, zu viert trugen wir den Mann in unser Auto“, sagte ein Beamter aus. Zuvor hatte der Angeklagte versucht, einen der beiden Polizisten die Treppe hinunterzustoßen.
Ein weiterer Fall ereignete sich im Dezember 2021, als sich die Frau nochmals auf ihren ehemaligen Freund einließ: In ihrer Wohnung wollte der Mann Sex – sie aber nicht. Der Angeklagte flippte aus, würgte die Frau und drohte, sie umzubringen. Dem nicht genug warf er den Kinderwagen aus dem Fenster und demolierte den Fernseher. Bis ein verständigter Nachbar zu Hilfe kommen konnte, hatte sich der Täter in den Nacken der Frau verbissen. „Ein heftiger, animalischer Biss“, beschrieb es Staatsanwalt Fabian Meixner. Erst mit einem Pfefferspray konnte der Mann von ihr getrennt werden.
Noch immer sichtlich angeschlagen
„Ich kann mich daran nicht erinnern, ich hatte einen Filmriss“, sagte der Angeklagte aus. Unter Tränen und mit stockender Stimme sagte die Ex-Freundin vor Gericht aus, die von den Vorgängen noch immer sichtlich angeschlagen ist. Jetzt ist die Beziehung endgültig beendet.
Polizeibeamte schilderten das rabiate Verhalten des Angeklagten, der wegen Selbstgefährdung – er hatte sich mit einem Messer verletzt und im Polizeiauto und in der Arrestzelle seinen Kopf gegen Scheibe beziehungsweise Wand geschlagen – in das Inn-Salzach-Klinikum Gabersee eingeliefert worden war.
„Der Angeklagte hat seine Suchtproblematik stark bagatellisiert. Ob er drogenfrei ist, weiß keiner, es gibt keinerlei Nachweise. Ohne Therapie ist mit ähnlichen Strafmustern zu rechnen“, sagte Dr. Josef Eberl, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aus.
Staatsanwalt Fabian Meixner bewertete es als gravierend, dass es im Oktober zu einem erneuten Vorfall gekommen war. Bei einer Geldeintreibung soll er ein Messer gezogen haben. Wegen fehlender positiver Sozialprognose forderte Meixner eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten.
„Eskalationsskala nach oben“
Anwältin der Nebenklage Julia Siegfried sprach von einer „Eskalationsskala nach oben“: „Meine Mandantin kann von Glück reden, dass ihr körperlich nicht mehr passiert ist. Die psychischen Folgen belasten sie noch immer.“
Verteidiger Andreas Knoll sah seinen Mandanten infolge des Drogenkonsums als „vermindert schuldfähig“ an und plädierte auf 1 Jahr und 6 Monate mit Bewährung. Außerdem soll er eine ambulante Therapie durchlaufen.
Richter Florian Greifenstein verurteilte den Mann zu einer Strafe von einem Jahr und neun Monaten, die er in einer geschlossenen Entziehungsanstalt verbringen soll.