„Eventuell muss ich Geschäft sogar schließen“
Passbild aus Papier passé: Schauen Fotografen in Waldkraiburg bald in die Röhre?
Ab Mai 2025 braucht es die Passfotos digital. Kommunen können als Service für die Bürger einen Automaten am Amt aufzustellen. Der Stadtrat hat nun eine Entscheidung getroffen, die bei Fotografen auf Kritik stößt.
Waldkraiburg – Der Weg ins Passamt geht meist über einen kleinen Umweg, denn erst einmal braucht es ein neues Passbild. Gerade Kopfhaltung, neutraler Blick, ein Lächeln – schön sind die Passfotos nicht, müssen sie aber nicht, biometrisch sollen sie sein. Ab 2025 kommt hinzu, dass die Passbilder ausschließlich digital verarbeitet werden. Nicht mehr im kleinen Papier-Mäppchen, sondern auf digitalen Wegen finden die Bilder ihren Weg dann ins Passamt. Noch fälschungssicherer sollen die Pässe werden mit den digitalen Bildern.
Wie die Daten die Behörde erreichen, dazu gibt es unterschiedliche Wege. Der Stadtrat hat nun entschieden, wie dies ab Mai 2025 umgesetzt werden soll.
Denn neben dem klassischen Weg zum Fotografen können die Kommunen entsprechende Passbild-Automaten in ihren Ämtern aufstellen. „Es wäre alles unter einem Dach. Kurze Wege, falls etwas am Bild nicht passen sollte“, erklärte Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) im Stadtrat. Mit nur einem Termin könnten Bürger ein Passbild anfertigen lassen und einen neuen Pass beantragen.
Am Automaten billiger als beim Fotografen
Im Rathaus würde ein Automat aufgestellt werden, den die Bundesdruckerei kostenfrei zur Verfügung stellt und dafür auch die Wartung übernimmt. „Für die Bürger würden die Gebühren für einen Pass um sechs Euro steigen. Das ist billiger als beim Fotografen“, erklärte Pötzsch. Andererseits seien die Passbilder für die Fotografen eine wichtige Einnahmequelle.
Rund 20 Euro kosten bei den beiden ortsansässigen Fotografen die Passbilder, die aber weiterhin beim Fotografen angefertigt werden können. Die Kunden würden statt der Bilder im Papier-Mäppchen nur noch einen QR-Code bekommen, mit dem die Behörden das Bild aus einer Sicherheits-Cloud herunterladen können.
Welches Angebot will Waldkraiburg ihren Bürgern machen? „Wir wollen das Angebot nicht ausschließen, dass die Bilder auch beim Fotografen gemacht werden können“, sagte Pötzsch. Daher der Vorschlag: Sowohl im Rathaus mittels Automaten als auch über die Fotografen die Möglichkeit bieten, Passbilder anfertigen zu lassen.
Als „bürgerfreundlich“ bezeichnete Karl-Heinz Stocker das Angebot. „Gut, dass das machbar ist.“ Ihm war es aber wichtig, dass man die ortsansässigen Fotografen mit ins Boot holen. „Wir müssen sehen, wie sich das regelt.“
Hohe Umsatzeinbußen zu befürchten für Fotografen
Beide Seiten sah Tatjana Zapp (AfD): „Im Prinzip ist das eine tolle Sache, aber ich sehe es auch kritisch für die Fotografen, die hohe Umsatzeinbußen haben könnten.“ Weil der Automat nichts kostet und somit den Haushalt nicht belastet, konnte sie dem doch etwas abgewinnen.
Ohne Gegenstimmen beschloss der Stadtrat, dass ab Mai 2025 die digitalen Passbilder auch in einem Fotoautomaten der Bundesdruckerei erstellt werden können. Als Option bleibt der Weg zum Fotografen.
Doch wie viele werden den künftig noch nehmen? Diese Frage treibt Christine Sahlstorfer um. Ihre Befürchtung: Viele Kunden werden sich den Weg zum Fotografen sparen, wenn mit einem Weg aufs Amt beides erledigt werden kann. Mit möglichen Konsequenzen für ihr Fotogeschäft: „Die Passbilder machen einen riesengroßen Anteil des Umsatzes aus. Ich werde mir anschauen, wie sich die Situation entwickelt, eventuell muss ich mein Geschäft sogar schließen.“
Fotografen bieten auch Service
Biometrische Passbilder bekommt man am Automaten, aber wie sieht‘s mit Bewerbungsbildern, Hochzeits- oder Kinderfotos aus? „Das zieht einen Rattenschwanz hinter sich her, weil es möglicherweise immer weniger Fotografen gibt“, sagt sie.
Vieles ist noch unklar, zum Beispiel, ob die Bürger Hilfe bei der Bedienung des Automaten benötigen, ob eine Aufnahme mit Kindern unter drei Jahren schwierig zu bewerkstelligen sei oder ob Kleinigkeiten auf den Bildern retuschiert werden. Ein Service, den ein Fotostudio jedenfalls bietet.
Doch wie viele werden in Zukunft Wert auf diesen Service legen? „Wahrscheinlich werden es noch zehn Prozent sein, die weiterhin zum Fotografen kommen“, vermutet Manuel Schindler, der das Studio 11 am Stadtplatz führt. Auch er werde abwarten, wie sich die Situation nach dem 1. Mai 2025 entwickelt, schließt einen Umzug nicht aus.
Er ärgert sich darüber, dass die Stadt im Vorfeld das Gespräch mit den ortsansässigen Fotografen nicht gesucht habe. „Eine Gemeinde ist nicht verpflichtet, einen solchen Automaten aufzustellen“, erklärt er. Genauso wie er künftig bei jeder Übermittlung eines Passbildes seine Identität und die des Kunden bestätigen muss, werde auch der Automat im Amt von jemanden bedient werden.
Seit acht Jahren führt er sein Fotostudio, hat es sich über Jahre aufgebaut, die Corona-Jahre überbrückt und jetzt könnten ihn die digitalen Passbilder zu einem Umzug zwingen. „Die Miete am Stadtplatz leiste ich mir, um den Bürgern den Service zu bieten, vom Rathaus nur über die Straße gehen zu müssen für ein Passfoto. Ich muss sehen, wie es weitergeht.“
