Was aus dem Oldtimer wird
Zwischen Jubel und Tragödie: Waldkraiburger Feuerwehr-Unikat geht nach 43 Jahren in Rente
Ein tragischer Zimmerbrand, bei dem sogar das Namensschild schmolz: Das Tanklöschfahrzeug der Waldkraiburger Feuerwehr hat dramatische Einsätze erlebt und sehr gute Zeiten. 43 Jahre war es im Dienst, jetzt ist Schluss.
Waldkraiburg – Tag und Nacht war er im Einsatz, um das Leben von Menschen und Tieren zu retten. Ein treuer Kamerad, der einen niemals stehen ließ. Er erlebte Tragödien, aber auch schöne Momente. 39.167 Kilometer hat er auf dem Buckel, doch der Lack ist noch lange nicht ab. Wenn die Sirenen heulen, kommt er so richtig in Fahrt. So auch beim Antritt in seinen wohlverdienten Ruhestand.
Die Rede ist von dem Tanklöschfahrzeug 24/50 der Freiwilligen Feuerwehr Waldkraiburg. In dem Fahrzeug steckt eine ganze Menge Feuerwehrgeschichte. Umso wehmütiger war sein Abschied. Für die Floriansjünger war klar, dass Benedikt Weinbauer (86), Joachim Kratz (77) und Herbert, Spitzname „Bonsai“, Reichenauer (73) beim Umzug vom Feuerwehrgerätehaus ins Feuerwehrmuseum nicht fehlen durften. Die drei flotten Senioren aus Waldkraiburg waren früher selbst aktive Feuerwehrler. Weinbauer von 1953 bis 2003, Kratz von 1968 bis 1992 und Reichenauer von 1974 bis 2005. Inzwischen sind sie passive Mitglieder, doch ihre Herzen brennen noch heute für die Feuerwehr.
Für die Beschaffung stark gemacht
Sie erlebten das TLF seit der ersten Stunde. Weinbauer war unter anderem Kreisbrandrat und Einsatzleiter im Landkreis Mühldorf, erster Kommandant und Vorsitzender bei der Feuerwehr Waldkraiburg. Er hatte sich damals für die Anschaffung des TLF 24/50 starkgemacht. Der Grund: Die Zahl von Wald- und Großbränden hatte stark zugenommen. Löschwasser musste daher schnellstmöglich am Einsatzort sein.
„Es war ein Kampf, bis das alles genehmigt wurde“, erinnert er sich an die Zeit vor über 40 Jahren. „Das Auto kam auch sehr schnell zum Einsatz. Wir hatten früher viel mehr Brände auf Bauernhöfen. Dafür viel weniger Unfälle. Es war ja auch weniger Verkehr auf der Straße als heute. Eine gute Ausrüstung war schon immer sehr wichtig. Wenn es um die Sicherheit und die Rettung von Leben geht, sollte nicht aufs Geld geschaut werde“, sagt Weinbauer.
Die Erinnerung an seine aktive Zeit ist noch heute lebendig. „Mein schlimmster Einsatz war ein Unfall in Ampfing. Ein junges Mädchen war mit seinem Auto auf dem Weg zum Training. Ein Panzer überrollte ihr Auto. Das Mädchen war sofort tot. Diese Einsätze waren nicht schön. Daran denkt man noch selbst im Alter. Aber, die Zeit nach den Einsätzen, die Kameradschaft und die schönen Feste, das war richtig toll. Wir saßen dann immer noch gemütlich zusammen. Da hatte es niemand eilig, heimzukommen“, setzt er fort.
Daten zum TLF 24/50
Marke / Typ: Daimler-Benz LAK 1924, Baujahr 1975, Besatzung: 1/2, Hubraum: 11502, Kw / PS: 175/240, Gewicht: 19.000 kg, Pumpe: FP 24/8 Heckpumpe, Löschmittel: 4800 l Wasser, 500 l Schaummittel
Reichenauer war früher unter anderem Jugendwart und bildete den Feuerwehrnachwuchs aus. Extrem schwere Fälle blieben ihm zum Glück erspart. Deshalb hat er überwiegend schöne Erinnerungen. Kratz hatte wie Weinbauer viele traurige Erlebnisse mit dem TLF. „Einer meiner schlimmsten Einsätze war in der Marienburger Straße in Waldkraiburg. Das war in den 1970ern. Ein Zimmerbrand, in dem ein kleines Mädchen ums Leben kam. Es war so heiß in der Wohnung, dass sogar das Namensschild an meinem Helm schmolz. Diese Bilder vergisst man nie“, sagt Kratz sichtlich bewegt. Erinnerungen – sie begleiten einen ein Leben lang.
Längst sind die drei Senioren in ihrem wohlverdienten Ruhestand sind, doch sie gehören nach wie vor zur Waldkraiburger Feuerwehrfamilie. Deshalb war für die jungen Floriansjünger klar, dass ihre betagten Kameraden mit ihnen den Abschied vom alten TLF feiern sollten. Seit 2013 war das TLF 24/50 nicht mehr im Einsatz, doch bis dahin fuhren noch viele der aktiven Wehrler damit. Am Umzugstag vom Gerätehaus ins Feuerwehrmuseum drehten sie noch einmal mit allen Feuerwehreinsatzfahrzeugen eine Ehrenrunde durch die Stadt.
Prominenter Platz für das Fahrzeug
Im Feuerwehrmuseum Bayern hat die Feuerwehr für ihr TLF neben vielen weiteren Feuerwehr-Oldtimern einen schönen Platz gefunden. Ausrangierte Fahrzeuge werden in der Regel verkauft und landen oft im Ausland. Dass ihr TLF in der Heimat bleibt, freut die Floriansjünger umso mehr. Wie das Rentendasein des TLF 24/50 aussieht, weiß Alexander Süsse, Vorsitzender des Feuerwehrmuseums: „Das Fahrzeug geht bei uns in die Ausstellung und bekommt einen prominenten Platz. Es wird als lokales Exponat erhalten bleiben.“
Das macht das Tanklöschfahrzeug so besonders
Klaus Fischer von der Feuerwehr Ottobrunn und Bibliothekar beim Feuerwehrmuseum erklärt, weshalb der Feuerwehr-Oldie so Besonders ist: „Es gibt eine Norm für Feuerwehrfahrzeuge. Die Norm für das TLF 24/50 war zu dem Zeitpunkt, als es nach Waldkraiburg kam, noch nicht veröffentlicht. 1976 war es zwar im Gespräch, aber die Norm gab es noch nicht. Das Fahrzeug war somit zwei Jahre voraus. Nach Ingolstadt war es in Waldkraiburg bayernweit das zweite Fahrzeug, das bei einer Freiwilligen Feuerwehr beschafft wurde. Ingolstadt galt damals als Erprobungsträger. Der Aufbauhersteller hat in ganz Deutschland nur fünf Stück davon gebaut. Jeweils zwei für die Berufsfeuerwehr in Trier und Wiesbaden und eins für die Freiwillige Feuerwehr Waldkraiburg. Das TLF 24/50 ist das Einzige auf einem 19-Tonner Fahrgestell. Die anderen vier Fahrzeuge waren auf einem kleineren Fahrgestell mit 16 Tonnen. Das macht es zu einem echten Unikat, denn es ist einzigartig in dieser Form.“ Zu sehen ist das Tanklöschfahrzeug im Feuerwehrmuseum Bayern, das Samstag und Sonntag sowie an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr geöffnet hat.


