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Als 13-Jähriger fing alles an

Leben für das Kino: Waldkraiburgs Cinewood-Betreiber Thomas Rahnert macht Schluss – so geht‘s weiter

Kino-Betreiber Thomas Rahnert
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Thomas Rahnert hat mit 13 Jahren als Filmvorführer begonnen. Jetzt geht der Betreiber vom Cinewood Waldkraiburg in Rente.

Vom analogen Projektor bis zum digitalen Kino: Thomas Rahnert hat das Kino von Grund auf erlebt. Nach 49 Jahren in der Branche geht er in Ruhestand.

Waldkraiburg – Es sind die Film-Projektoren, die ihn vom ersten Tag an faszinieren. „Als Technik-Affiner hatte ich mich sofort verliebt“, sagt Thomas Rahnert. Sein erstes eigenes Geld verdiente er sich als Filmvorführer in einem Freisinger Kino. 13 Jahre war er damals alt, 49 Jahre später steht er im Cinewood Waldkraiburg. Seit 2010 betreibt er das Kino, zum Jahreswechsel ist für ihn aus Altersgründen Schluss.

„Ein Freund hatte mich eingearbeitet und Betreiberin Therese Fläxl hatte sich selbst überzeugt, ob ich meine Sache richtig mache“, erinnert sich Thomas Rahnert. Der Job als Filmvorführer bringt für ihn eine „große Freiheit“. „Keine langweiligen Verwandtenbesuche am Wochenende mehr.“ Stattdessen verbringt er die Nachmittage im Kino und lernt den Bezug zum Film. „Ich habe die Filme gesehen und langsam verstehen gelernt.“

Anders als heute bedeutete der Job als Filmvorführer früher nicht, einfach nur ein Knöpfchen zu drücken. „Da musste man ganz genau auf die Blendzeichen achten, wann überblendet werden muss oder wann ein Effekt-Kanal zugeschaltet werden sollte“, erzählt Rahnert. Je älter eine Film-Kopie, desto deutlicher sind die Blendzeichen zu sehen.

Die Technik fasziniert ihn

Es ist die Technik, die Thomas Rahnert so fasziniert. „Im Kino wurde irgendwann ein neuer Projektor aufgestellt. Ein Bauer B12 – eine tolle Maschine“, sagt er noch Jahre später voller Begeisterung. Damit steht für ihn fest: Er will Kino-Techniker werden.

Dass seine Schul-Noten nicht die besten sind, ist das kleinere Problem. Denn die Ausbildung zum Kino-Techniker gab es damals nur in Ostdeutschland. Doch mit der Industrie- und Handelskammer findet sich ein Deal. Sollte er sechs Jahre in dem Beruf bleiben, wäre er zumindest nicht mehr als „ungelernt“ zu vermitteln. Damit beginnt er seine Zeit bei einer Münchner Kino-Technik-Firma und lernt vom Schlosser bis zum Elektroniker alles. „Mechanik, Elektrik oder Elektronik – du musst dir überall zu helfen wissen, ansonsten kein Betrieb.“ Die Ton-Technik wird zu seinem Steckenpferd.

Er macht sich selbstständig als Kino-Techniker, kümmert sich um Umbauten, Tonanlagen und Reparaturen und gründet mit einem Bekannten später eine Firma. Mit Erfolg: „Wir hatten einen Marktanteil von etwa 40 Prozent.“ Nur zweimal passiert es, dass ein Film nicht starten kann, weil er wider Erwarten den Projektor nicht zum Laufen bekommt.

Digitales Kino setzt sich durch

Die Kino-Technik entwickelte sich weiter und irgendwann war „die Zeit gegen ihn“. Das digitale Kino setzte sich durch, die Projektoren wurden zu „schwarzen Kisten, die vor sich hin rauschen“. „Große Umwälzungen waren zu erwarten in der modernen digitalen Welt.“ Er behielt Recht.

Als Kino-Techniker kommt Rahnert viel rum, war in Kinos auf der ganzen Welt. Als Freisinger hat er den Service im neuen Cinewood Waldkraiburg übernommen und so die damalige Betreiberin Elfriede Schnepf-Schidlowski kennengelernt. „Es wurde zu einem ‚Running Gag‘ zwischen uns beiden, dass ich das Kino übernehmen soll.“ Lange hat er nur lächelnd den Kopf geschüttelt, bis er zusagte. Zuvor hatte er übergangsweise das Kino in Bad Endorf übernommen, nachdem Betreiberin Maria Stadler gestorben und eine neue Mannschaft eingearbeitet war.

„Es war eine gute Zeit, die Seiten zu wechseln. In den Jahren zuvor hatte ich viele Kontakte geknüpft und der Austausch mit den Leuten kam mir zugute“, erinnert sich Rahnert. Dispo der Filme, Abrechnungen oder Popcorn machen: „Es ist eine sehr große Klaviatur, bis man alles drauf hat. Die Technik war nicht das Problem, aber es dauert, bis man sattelfest und alles zur Routine geworden ist.“ Ihm war es immer wichtig, dass der Chef alles machen kann.

„Der Sinn für Filme allein reicht nicht, um ein Kino zu betreiben. Von vier bis 80 Jahre – man muss alle Leute erwischen, ein Gespür entwickeln, wie ein Film angenommen wird.“ Als Kino-Betreiber brauche man eine große Frustrationstoleranz, denn man erlebt „oft böse Überraschungen“. Selbst 14 Jahre Erfahrung als Kino-Betreiber bewahren einen davor nicht. „Wir hatten ‚Vaiana 2‘ auf Ukrainisch im Spielplan. Weil es aber keine Reservierungen gab, hatten wir kurzfristig auf die deutsche Version gewechselt“, erzählt er. Eine Familie musste er deshalb an der Kasse auf einen anderen Termin vertrösten. „Zu diesem kamen so viele Leute, dass wir in einen größeren Saal wechseln mussten.“

2010 übernimmt Thomas Rahnert das Cinewood

2010 übernahm er das Cinewood, führt es ins „moderne Zeitalter“, investiert in die technische Ausstattung. „Es war ein rasant technischer Fortschritt, bei dem man am Ball bleiben muss. Das schönste Kino hilft dir nichts, wenn die Ware Film nicht passt.“ Nicht zu vergessen die Konkurrenz durch Streaming-Anbieter. Hat Kino überhaupt noch eine Zukunft? „Kino war schon so oft totgesagt, aber es ist heute lebendiger denn je.“ Im Kino könne man viel mehr in einen Film versinken als auf der eigenen Couch, mit Streaming-Anbietern sieht er mögliche Synergien. „Da wird sich noch einiges ändern.“

Kino muss etwas bieten, soll ein Erlebnis sein. „Für eine Familie kann ein Kino-Besuch ein Kraftakt sein. Der Gast soll das Gefühl haben, dass sich der Besuch gelohnt hat.“ Rahnert gestaltet die Säle um, schafft mit größeren Abständen mehr Bequemlichkeit und installiert D-Box-Sitze. Eine Investition, die bei den Gästen gut ankommt. „Die sind immer gut gefragt. Am liebsten hätte ich in jedem Kino diese Sitze.“ Nicht nur das: Er ruft ein Open-Air-Kino in Gallenbach ins Leben, holt Film-Stars und Regisseure ins Kino und stellt zu Corona-Zeiten ein Auto-Kino auf die Beine.

Zum Jahreswechsel gibt Thomas Rahnert den Betrieb ab, keine Verwaltung, kein Finanzdruck mehr. Fehlen werden ihm stattdessen die netten Begegnungen mit den Gästen. So ganz ohne Kino will er doch nicht sein: „Ich will mich neu orientieren, irgendwer kann schon einen Kino-Opa gebrauchen.“

Ab 7. Januar übernimmt die Familie Fläxl den Betrieb vom Cinewood und für Thomas Rahnert schließt sich damit der Kreis nach 49 Jahren.

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