Spinnen in Australien und Highways in Kanada
Zwischen Angst und Abenteuer: Wie die Fraitzls aus Schnaitsee die Welt entdecken
Kristina (31) und Michael Fraitzl (34) aus Schnaitsee haben die Welt bereist und dabei unvergessliche Erfahrungen gesammelt. Was sie aus ihren Reisen gelernt und wie sie in brenzligen Situationen reagiert haben.
Schnaitsee/Unterreit/Gars – „Durch das Reisen hat sich unsere Sicht auf die Welt verändert“, erklären Kristina (31) und Michael (34) Fraitzl aus Schnaitsee. Die beiden haben bereits für mehrere Monate in Australien und Kanada gelebt, haben Südost-Asien und viele Teile Europas bereist. Was sie dabei laut eigenen Angaben von anderen Touristen unterscheidet: „Wir versuchen, neben den klassischen Sehenswürdigkeiten auch immer an verborgenen Orte zu gelangen. Wir suchen das Abenteuer und wollen etwas entdecken.“
Im Reisefieber seit 2014
Begonnen hat das Reisefieber der beiden im Jahr 2014. Kristina und Michael Fraitzl hatten sich zwei Jahre zuvor kennengelernt. Für ihren ersten gemeinsamen Urlaub unterbrochen sie ihre BWL-Studien und gingen für ein halbes Jahr nach Australien. Mit einem „Work and Travel“-Visum wollten die beiden vor Ort Geld für eine Reise durch das Land und Neuseeland verdienen. Damals waren sie Anfang 20 und mitten im Studium. Danach stand für die beiden, die in Unterreit und Lengmoos aufgewachsen sind, fest, dass sie mehr von der Welt sehen wollen. Nach dem Studium ging es 2028 erst für sieben Wochen nach Südost-Asien und anschließend -wieder mit einem „Work and Travel“-Visum- für 13 Monate nach Kanada.
Das sind „Work and Travel“-Reisen
Bei einer „Work and Travel“-Reise bekommen Touristen für einen bestimmten Zeitraum eine Arbeitserlaubnis in einem anderen Land: ein sogenanntes „Workling Holiday Visum“. Laut dem Auswärtigen Amt sollen die Programme jungen Menschen im Alter von 18 bis 30 Jahren die Möglichkeit zu einem Einblick in Kultur und Alltagsleben des jeweils anderen Landes geben. Möglich sind Aufenthalte von bis zu 12 Monaten. Zur ergänzenden Finanzierung können Ferienjobs angenommen werden. Diese Programme existieren für Argentinien, Australien, Chile, Hongkong, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, Neuseeland, Taiwan und Uruguay. Für Kristina und Michael Fraitzl aus Schnaitsee ist das „Working Holiday Visum“ eine Option, ein Land, die Kultur und die Menschen richtig kennenzulernen. Denn erst durch das Arbeiten taucht man nach ihren Erfahrungen in das Leben vor Ort richtig ein.
Selbstbewusster und offener durch Reisen
Bei ihren Abenteuern auf der gesamten Welt haben Kristina und Michael Fraitzl viel dazugelernt. Auch ihre Lebenseinstellung sei dadurch beeinflusst worden. „Wir sind viel selbstbewusster geworden und mussten im Ausland vielen Menschen offen und ohne Vorurteile begegnen. Das haben wir auch in unser Leben zu Hause im Chiemgau integriert“, erklären die beiden. Auch ihnen seien die Menschen freundlich gegenüber getretenen und hätten ihnen vertraut – „obwohl wir ja in diesem Fall die Ausländer waren“, erzählen sie. „In Australien haben wir für verschiedene Privatleute das Haus geputzt. Nach einem kurzen Vorstellungsgespräch haben uns die Besitzer, schon bevor wir unsere Arbeit geleistet hatten, unseren Lohn hingelegt und uns fürs Putzen alleine gelassen. Wir hätten ohne Dienst einfach mit dem Geld abhauen können, denn außer einer Handynummer hatten die Hausbesitzer keine weiteren Kontaktdaten von uns.“ Diesen Vertrauensvorschuss können sich die Fraitzls in Deutschland nicht vorstellen.
Auch in Kanada hatten die beiden oftmals Glück und profitierten von der Offenheit der Menschen. „Wir hatten Probleme, eine Wohnung in Kanada zu finden, denn dafür braucht man oftmals eine Empfehlung des Vorvermieters und die konnten wir nicht vorlegen“, erzählen Michael und Kristina Fraitzl. Noch in Deutschland hatten die beiden laut eigenen Angaben bereits einen Kontakt zu einem Vermieter. Obwohl dessen Wohnung bereits vergeben gewesen sei, habe er sich dennoch mit den Fraitzls getroffen und ihnen dann eine Empfehlung geschrieben. „Auch er hat uns jetzt nicht nach nur einem Telefonat blind vertraut, sondern wollte sich erst in der Öffentlichkeit mit uns verabreden. Wir haben uns aber dann sehr gut verstanden und stehen bis heute in Kontakt“, sagt Michael Fraitzl.
Neben all den schönen Momenten gab es für die beiden jedoch auch Herausforderungen und sogar brenzlige Situationen – wie einmal in Australien „Auf Michaels Pullover krabbelte eine Spinne in Richtung Hals. Als ich sie gesehen habe, habe ich nur zu ihm gesagt, er müsse nun ganz still bleiben, und habe den Pulli etwas gerüttelt, sodass das Tier auf den Boden fiel“, erklärt Kristina Fraitzl. Ein Australier habe die Situation beobachtet und die Spinne sofort zertreten. Denn laut ihm habe es sich um ein giftiges Tier gehandelt, das bei einem Biss am Hals eine Schwellung auslösen und somit die Luftröhre verschließen hätte können.
In der Höhle verlaufen
Auch in Neuseeland ist es für die beiden schon einmal gefährlich geworden. „Wir wollten eine Höhle voller Glühwürmchen besuchen. Wir haben uns auch dieses Mal gegen eine geführte Tour für viel Geld entschieden und sind somit im Alleingang in eine andere Höhle gegangen“, erzählt Michael Fraitzl. Am Parkplatz haben die beiden laut eigenen Angaben vom Parkwächter zwar eine Karte mit einer beschriebenen Route bekommen, sich aber dennoch in der stockfinsteren Höhle verlaufen. Ausgestattet waren die Fraitzls damals mit nur einer Handytaschenlampe. Glücklicherweise fanden sie dann doch den Weg wieder heraus. „In solchen Momenten haben wir gelernt, dass man auch in Notsituationen ruhig bleiben muss“, erklären sie beide. Dennoch hinterlassen derartige Erlebnisse Spuren. Bis heute geht Kristina Fraitzl ungern in Höhlen.
Auch in Kanada haben sich die beiden auf die Herausforderungen eingelassen und nicht beim ersten Problem aufgegeben. Im Nordwesten des Landes fuhren sie laut eigenen Angaben den Dempster-Highway hinauf, eine etwa 740 Kilometer lange, mit Schlaglöchern und spitzen Steinen übersäte Straße zwischen Dawson City und Inuvik. „Die Straße war in derart schlechtem Zustand, dass wir oft nur 30 km/h schnell fahren konnten und somit viel länger unterwegs waren, als gedacht. Die Angst, dass ein Reifen in diesem wenig befahrenen Nirgends kaputtgeht, hing uns dabei immer im Nacken“, erinnern sich die beiden. Eigentlich wollten sie nur bis zu einer Tankstelle fahren und am nächsten Morgen wieder zurück. Doch sie blieben dann doch beim ursprünglichen Plan, sind weiter gen Inuvik und passierten den nördlichen Polarkreis, sagen die Fraitzls.
Durch die Reisen können sie ihre Heimat mehr schätzen
Trotz und gerade auch wegen vieler Probleme haben sich die Abenteuer für die Fraitzls stets gelohnt. Dass ihnen oft Gutes widerfahren sei und sie Glück gehabt hätten, sei für sie nicht selbstverständlich. „Es fliegt einem nicht einfach zu, sondern man muss sich anstrengen und dafür arbeiten. Auch das haben wir erfahren“, erklären die beiden. Zudem können sie durch ihre Reisen auch ihre eigene Heimat wieder mehr schätzen. „Wir haben es im Chiemgau sehr schön“, erklären die Fraitzls. Ihr Zuhause macht das Paar aus Schnaitsee jedoch nicht an einem Ort fest, sondern es ist das Gefühl, dass ihnen ihre Familie gebe. „Letztere sind auch der Grund, warum wir noch nicht ausgewandert sind“, sagen die beiden und lachen.
Die Fraitzls haben sich derart in das Reisen verliebt, dass sie ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. „Wir wollten unsere Erlebnisse und Erfahrungen mit anderen teilen“, erklären sie. Seit 2018 betreiben sie ihren auf Individualreisende spezialisierten Blog „Maps for Two“ (zu Deutsch: Karten für Zwei) und haben ihre Kanada-Reise nun im Buch „Offraod - Auf Umwegen durch Kanada“ veröffentlicht. Auch heuer soll es noch in ihr Lieblingsland Kanada gehen, sagen die beiden. Seit der Corona-Pandemie sind sie jedoch auch vermehrt in Europa unterwegs, weswegen auch Griechenland, das andere Lieblingsziel der Fraitzls, auf dem Plan stehe.

