Geplanter Windpark der Landkreise Mühldorf und Traunstein
Zoff noch vor dem ersten Windrad bei Oberneukirchen: Was die Streitparteien unter Strom setzt
Im Eiglwald zwischen Oberneukirchen und Engelsberg soll ein Windpark entstehen. Das sieht ein gemeinsames Vorhaben der Landkreise Mühldorf und Traunstein vor. Doch bevor es konkrete Pläne gibt, ist schon Streit angesagt.
Oberneukirchen/Mühldorf – So sieht das Vorhaben aus: Innerhalb von drei Jahren soll im Waldstück, das zwischen Engelsberg und Oberneukirchen liegt, ein Windpark mit sieben Windrädern und einer Höhe von 180 Metern entstehen. Zwei der Windräder sind auf Oberneukirchner Gebiet vorgesehen. Diese Windräder wären die ersten im Landkreis Mühldorf. Der Windpark soll Strom für 25.000 Haushalte erzeugen. Geschätzte Kosten: 65 Millionen Euro.
Viel mehr ist bislang nicht bekannt. Dass es überhaupt einige Informationen gibt, liegt an einer Informationsveranstaltung im Landkreis Traunstein. Und damit beginnt der Ärger. Denn seitdem steht das Telefon bei Oberneukirchens Bürgermeisterin Anna Maier (FW/Wählergemeinschaft Oberneukirchen) nicht mehr still. Seit Traunsteins Landrat Siegfried Walch, Engelsbergs Bürgermeister Martin Lackner (beide CSU) sowie Birgit Seeholzer von der Chiemgau GmbH das Windprojekt Eiglwald der Öffentlichkeit präsentiert haben, kommen die Fragen.
Zum Beispiel die von Oberneukirchens Bürgermeisterin Anna Maier, warum die Traunsteiner „vorgeprescht“ seien, ohne die Mühldorfer mit einzubeziehen. „Das war vogelwild. Ich kann es nicht nachvollziehen. Damit hat man sich ein Eigentor geschossen.“
Zu viele Hausaufgaben müssen noch gemacht werden
Die Kooperation sei eine sinnvolle Sache, allerdings stehen noch zu viele Hausaufgaben wie die laufenden Windmessungen und fehlende Eigentümerzusagen aus, um bereits jetzt von konkreten Planungen oder gar der Anzahl an Windrädern zu sprechen, sagt Maier. Auch die Zahl von zwei Windrädern auf Oberneukirchner Seite scheint Maier zu hoch gegriffen. „Die bei den Infoveranstaltungen präsentierte grafische Darstellung der möglichen Standorte hat nichts mit der Realität zu tun.“
Bürger müssen mitgenommen werden
Die Frage sei doch, wer den Grund hergibt. Aus Gesprächen berichtet Anna Maier von großen Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen darüber. Natürlich sehe man die Notwendigkeit zur Energiewende; allerdings müssten die Anlieger auch ein Leben lang mit den Windrädern in ihrer Nähe leben. Etwa 700 Meter sei laut Traunsteins Landrat Walch der Abstand zu den Wohnhäusern. Im Minimum reden wir von 650 Metern, nachdem auch Bayern seine ursprünglich strengen Abstandsregelungen gekippt hatte, sagt Maier. Auch beim Abstand scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen: „Man muss auch hier möglichst viel für die Anwohner schöpfen.“
Ebenfalls möchte Maier nicht der Aussage des Traunsteiner Landrats zustimmen, wonach sich der ökologische Verlust im Fichtennutzwald, der mit Forstwegen durchzogen ist, „sehr in Grenzen“ halte. Auch hier komme man zu früh zu Aussagen, währenddessen beispielsweise noch die ornithologische Begutachtung laufe. „Jeder Eingriff in ein gesundes Ökosystem ist nicht zielführend.“
Regionale Wertschöpfung muss gewährleistet sein
Sie sagt: „Dass es bei knapp 250 Grundstückseigentümern keine Interessenskonflikte gibt, kann man nicht erwarten.“ Ihr Engelsberger Kollege hatte von „überwiegend positiven“ Reaktion gesprochen. Das sei laut Maier eine „waghalsige Sache“. Und wenn dann der Windpark in wenigen Jahren stehen sollte? „Es muss die regionale Wertschöpfung gewährleistet sein. Es ist wichtig, dass auch Oberneukirchen ein Stück vom Kuchen bekommt.“
Das sagt Landrat Max Heimerl zum Windpark Eiglwald
Im Mühldorfer Landratsamt hält man sich mit Blick auf den Planungsstand des Windparks Eiglwald bedeckt. „Geplant ist noch nichts. Wir befinden uns in der Vorprüfung. Wo oder welche Anlage zu einem späteren Zeitpunkt bei einer positiven Entwicklung im Eiglwald stehen wird, können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht seriös einschätzen“, erklärt Landrat Max Heimerl auf Nachfrage. Die Kommunen vor Ort sollen dabei unterstützt werden, „um das Projekt sinnvoll und mit dem Aspekt der regionalen Wertschöpfung zu steuern.“
Nur auf diese Weise könne eine Bevölkerung vor Ort mitgenommen werden. „Wir müssen den Strom für die Daseinsvorsorge vor Ort und für unsere regionale Wirtschaft gewinnen und darüber hinaus auch attraktive Investitionsmöglichkeiten für die Bürger schaffen“, betont Max Heimerl. Mit dem sogenannten Flächenpoolingmodell sollen beim Eiglwald darüber hinaus die Pachterlöse auf alle Grundstückseigentümer, die dem Flächenpool beitreten, fair verteilt werden; zusätzlich sollen auch die direkten Anwohnergehöfte einen Anteil erhalten. Die Resonanz sei bisher positiv, konstatiert der Landrat.
Auch mögliche ökologische Verluste spielen für Heimerl eine große Rolle: Bei der späteren Positionierung werde darauf geachtet, „bestehende Wege und auch Flächen zu nutzen, die bereits gerodet wurden, Käferschäden oder Windbruch aufweisen.“ Laut Oberneukirchens Bürgermeisterin Meier hat sich der Landkreis Traunstein inzwischen für das einseitige Vorpreschen entschuldigt. Er habe erkannt, dass so kommunale Zusammenarbeit nicht funktioniert.
Windprojekt Eiglwald im Rahmen der Windvorranggebiete
Es gibt in der Region 18 insgesamt 62 Windvorranggebiete, 22 davon befinden sich im Landkreis Mühldorf mit einem Umfang von rund 901 Hektar, also 1,1 Prozent der Landkreisfläche. Das Windvorranggebiet Eiglwald ist das größte zusammenhängende Vorranggebiet und erstreckt sich über die Landkreise Mühldorf und Traunstein. Auf der Mühldorfer Seite betrifft die Fläche des Vorranggebiets im Eiglwald rund 40 Hektar.

