Nach Knallern in der Toilettenanlage
Mit Amoklauf gedroht: So schätzt das Jugendamt die Probleme der Waldkraiburger Jugendlichen ein
Mit ihrem schlechten Scherz haben sich Jugendliche selbst Ärger eingebrockt. Sie hatten einem 58-Jährigen mit einem Amoklauf gedroht, der ging allerdings zur Polizei. So schätzt das Jugendamt die Situation der Jugendlichen in Waldkraiburg ein.
Waldkraiburg – „Das ist ein Amoklauf“ – mit dieser Androhung sorgten mehrere Jugendliche für viel Aufregung. Ein schlechter Scherz, wie sich auch schnell herausstellte, aber keiner, über den man lachen kann. Für einen 58-Jährigen ging die Bedrohung zu weit, sodass er Anzeige bei der Polizei erstattete. Nicht nur, dass sie ihm mit einem Amoklauf gedroht hätten, sie forderten ihn auch dazu auf, die öffentliche Toilettenanlage mit erhobenen Händen zu verlassen, ansonsten würden sie auf ihn schießen. Geschossen haben sie nicht, stattdessen warfen sie von außen durch das geöffnete Fenster „Knaller“ in die Toilettenanlage.
Eine gefährliche Bedrohung hat es zwar nicht gegeben, dennoch ermittelt die Polizei nun genau aus diesem Grund gegen die Jugendlichen. Damit könnte der schlechte Scherz ernste Konsequenzen für sie haben. Möglich, dass die Jugendlichen damit aber überhaupt nicht gerechnet haben. „Das Verständnis beziehungsweise überhaupt die Beschäftigung damit, welche Konsequenzen das eigene Verhalten hat, fehlen häufig noch“, sagt Kirsten Prange, Leiterin des Amts für Jugend und Familie am Mühldorfer Landratsamt. „Schlechte Scherze“ werde es in dieser Altersgruppe immer geben. Es sei Teil der Jugendzeit, sich auszuprobieren und auch Grenzen auszutesten.
Teilweise bis zu 70 Jugendliche im Haus der Kultur
Ein schlechter Scherz und Schwamm drüber? Ganz so einfach ist es nicht. Denn auch schlechte Scherze müsse man ernst nehmen. „Es geht darum, mit den jungen Menschen zu genau solch kritischen Themen ins Gespräch zu kommen oder auch Themen der Jugendlichen aufzugreifen und mit ihnen gemeinsam zu diskutieren“, ist Kirsten Prange überzeugt. Dazu haben die Waldkraiburger Jugendlichen außerhalb von Familie und Schule seit mehr als einem Jahr mit den Jugendpflegern vor Ort (Juvos) wieder einen Ansprechpartner. Das Haus der Jugend hat seit einigen Monaten wieder geöffnet, an bestimmten Tagen kommen bis zu 70 Jugendliche hierher.
Zudem gehen die Juvos bei ihrer aufsuchenden Arbeit aktiv auf die Mädchen und Buben zu, um Kontakte zu knüpfen und Vertrauen aufzubauen. In deren Arbeit gehe es darum, mit den jungen Menschen zu genau solch kritischen Themen ins Gespräch zu kommen oder auch Themen der Jugendlichen aufzugreifen und mit ihnen gemeinsam zu diskutieren. Man müsse die Jugendlichen ernst nehmen und ihnen auch die Ernsthaftigkeit solch „schlechter“ Scherze verdeutlichen.
Dass so viele Jugendliche mittlerweile den Weg zurück ins Haus der Jugend gefunden haben und sich den Juvos anvertrauen, diese Arbeit schätzt man in der Stadt und im Stadtrat hoch ein. Viele Jugendliche lernen nach Meinung von Jugendreferent Christoph Arz viel im Haus der Jugend dazu, aber solche Aktionen wie in der Toilettenanlage komplett abzustellen, das braucht Zeit und lässt sich wohl auch künftig nie ganz vermeiden. Arz teilt damit die Meinung aus dem Jugendamt. „Die Arbeit der Jugendpflege in Waldkraiburg hat sich schnell etabliert, was man an den Besucherzahlen im Haus der Jugend sowie auch dem Bekanntheitsgrad der Fachkräfte unter den Jugendlichen gut festmachen kann“, sagt Prange.
Gute Beziehungsarbeit
Das sehr gute Vertrauensverhältnis zwischen allen Akteuren mache es möglich, dass auch schwierige Themen aufgegriffen werden können. „Dies werten wir als einen nachhaltigen Erfolg, denn gute Jugendarbeit basiert auf einer guten Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen.“
Wie kommt das bei den Jugendlichen an? „Das Haus der Jugend ist ein wichtiger Treffpunkt geworden und wird durch die an den Wünschen und Bedarfen der Jugendlichen orientierten Angebote sehr gut ergänzt“, sagt Prange über die Arbeit in Waldkraiburg. Die Jugendlichen hätten jetzt „vertrauensvolle Ansprechpartner“ und fühlen sich ernst genommen. Durch das bestehende Vertrauensverhältnis zu den Pädagogen bestehe ein guter Einblick in die altersentsprechenden Themen, die die Jugendlichen aktuell bewegen und beschäftigen. Ein monatelanges Vertrauensverhältnis, das tief blicken lässt und eine wichtige Einschätzung möglich macht: „Aus fachlicher Sicht sind in Waldkraiburg keine bestimmten oder besonders auffälligen Problemlagen erkennbar.“