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Mehrfach ausgezeichnete Bäckerei

Kleine Zutatenliste, großer Geschmack: Wo die besten Brezen im Landkreis entstehen

Damit es mit den frischen Brezeln beim Besuch des OVB nicht ganz so lange dauert,  schiebt Stefan Greimel das volle Blech auf die Schiene eines Rollwagens im Gärschrank – einem warmen Ort mit hoher Luftfeuchtigkeit.
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Damit es mit den frischen Brezeln beim Besuch des OVB nicht ganz so lange dauert, schiebt Stefan Greimel das volle Blech auf die Schiene eines Rollwagens im Gärschrank – einem warmen Ort mit hoher Luftfeuchtigkeit. Sonst haben sie noch länger Zeit zu ruhen und Geschmack zu entwickeln.

Die wahrscheinlich leckersten Semmeln, Brezen und Brote im Landkreis Mühldorf kommen aus Aschau: Stefan Greimel und sein Team gehören laut dem Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks zu den 47 besten in Deutschland. Ein Besuch in der Backstube.

Aschau – Viele Stunden haben die viereckigen Teiglinge bereits geruht. Nun zieht Bäckermeister Stefan Greimel sie an zwei Ecken in die Länge. Stückweise übergibt er sie einer Maschine mit mehreren Walzen. Binnen Sekunden kullern sie auf der gegenüberliegenden Seite als eingerollte Stangen wieder heraus.

Die Teiglinge werden an zwei Enden etwas in die Länge gezogen und der Maschine übergeben. Auf der anderen Seite kullern sie als eingerollte Teigstangen wieder heraus.

Es ist eine von wenigen Maschinen in der Backstube, große Semmelanlagen wie in der Industrie gibt es hier nicht. Auch für die Brezen geht es in Handarbeit weiter: Mit zwei flachen Händen entsteht in möglichst großen Schwüngen ein langer Strang. „Die Enden sollten nicht zu spitz sein, sonst kann man sich beim Essen am Gaumen verletzen”, erklärt Greimel. Dann braucht es Geschick: Während die linke Hand stillhält, macht die rechte einen schnellen Bogen, anschließend werden die Enden der Brezen platziert.

Selbst Hand angelegt: OVB Reporterin Helena Gennutt und ihr Freund Lukas Knop versuchen sich am Brezenschwingen. Dazu rollen sie zunächst mit beiden Händen in großen Schwüngen lange Teigschlangen.

Zeit ist in der Backstube eine der wichtigsten Zutaten

Bäcker Greimel setzt auf Rohstoffe aus der Natur. Die wohl bekanntesten sind Eier, doch auch mit Sauerteig und ausgefallenen Zusätzen wie Acerolakirschpulver oder Bohnenmehl bäckt er. Und seine wichtigste Zutat: Zeit. „Desto länger ein Teig Zeit hat, desto bekömmlicher werden Brote und Semmeln und um so mehr Aroma haben sie”, erklärt Greimel.

Hochwertige Zutaten und lange Teigruhen sind auch für Oskar Hofstetter, Obermeister bei der Bäcker-Innung Mühldorf-Altötting, ein Zeichen für Qualität. „Die Erfahrung zeigt uns, dass die Kunden wieder sensibler für ihren Bäcker vor Ort werden, dass sie gerne wissen, wo und wie ihre Semmeln hergestellt werden.“

Greimel schiebt ein volles Blech auf die Schiene eines Rollwagens in einen Gärschrank, einem warmen Ort mit hoher Luftfeuchtigkeit. Auch seine Brezen sind mit Sauerteig hergestellt – sie ruhen achtmal, bevor sie gebacken werden.

Mit dem Bundesehrenpreis ausgezeichnet

Dass man den Unterschied schmeckt, verraten die gerahmten Urkunden im Laden: „Ich war sehr überrascht über den Bundesehrenpreis, darüber als Kleinbetrieb direkt unter den 47 besten in Deutschland zu sein”, sagt er stolz. Die Auszeichnung wurde 2023 erstmals vergeben und zeichnet Bäckereien aus, die über Jahre mit hoher Qualität überzeugen.

Stolz zeigt Bäckermeister Stefan Greimel OVB Reporterin Helena Gennutt seine Urkunden: 2023 wurde er mit dem Bundesehrenpreis ausgezeichnet. Das Magazin „Der Feinschmecker“ führt ihn schon zum zweiten Mal als einen der besten Bäcker Deutschlands.

Seine Kundinnen und Kunden haben die Bäckerei nach einem Aufruf im Magazin „Der Feinschmecker“ als eine der besten Deutschlands nominiert. Die Redaktion des Magazins schloss sich nach einem Testeinkauf an und verlieh Stefan Greimel nun schon zum zweiten Mal in Folge eine Urkunde. Dafür sei nicht nur die Brotqualität ausschlaggebend, sondern unter anderem auch die Freundlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter sowie die Atmosphäre im Geschäft, teilte der Verlag auf Anfrage mit.

Der erste Mitarbeiter knipst um Mitternacht das Licht an

Mit wenigen Bewegungen bringt Bassala Toure mit seinen Handballen Spannung in den Teig.

In der Backstube herrscht morgens um fünf Uhr Hochbetrieb. Bassala Toure formt mit seinen Handballen zwei Teighaufen zu runden Laiben. In wenigen Augenblicken bringt der Geselle Spannung in den Teig, nichts bleibt an seinen Fingern kleben. Schon seit zwei Uhr morgens steht er hier, der erste Mitarbeiter knipst in Aschau um Mitternacht das Licht an und beginnt, die Teige zu mischen. Als um sechs Uhr erste Kunden vor der Ladentheke stehen, ist die Auslage schon gut gefüllt.

Um fünf Uhr morgens schiebt Verkäuferin Manuela bereits die ersten Brote und Backwaren in den Verkaufsraum. Um 6 Uhr ist bei Bäcker Stefan Greimel in Aschau allerdings noch nicht alles fertig, die meisten Kunden kommen erst zwischen 9 und 11 Uhr.

Was Bäckereien angeht, ist Bayern ein Glücksfall

Greimel hat nur diesen einen Laden, keine Filialen, keine Lieferfahrzeuge. Auf Masse gehen, das möchte er nicht. „Mein Ziel ist es, in dieser Größenordnung weiterzumachen und ständig an der Qualität zu arbeiten.” Das war nicht immer so, er hat in einer klassischen Bäckerei gelernt, kennt Backmittel und Fertigmischungen aus früheren Stationen. Und möchte sie nicht verteufeln. „Backmittel waren und sind ein Segen: Für Bäcker bedeuten sie sichere Waren und weniger Verluste, eine größere Vielfalt ist möglich.” Gleichzeitig hätten diese Vorteile das Bäckerhandwerk eingeholt – heute könne jeder Supermarkt vergleichbare Waren anbieten.

Vierzig Handwerksbetriebe in allen Größen gibt es in den Landkreisen Mühldorf und Altötting zusammen. „Gott sei Dank haben wir noch diese hohe Zahl, einen Betrieb aus der Backwarenindustrie haben wir hier gar nicht“, sagt Hofstetter. Ganz Bayern sei mit rund 2200 backenden Betrieben ein Glücksfall. Im vergleichbar großen Bundesland Nordrhein-Westfalen seien es nur um die 1800. „Durch die Vielzahl an Bäckereien gibt es ein breites Sortiment und individuelle Produkte, nicht überall das gleiche.“

Natronlauge verleiht den Brezen ihre typische Farbe

Bäckergesellin Andrea bestreut die weit über Aschau hinaus bekannten Euro-Brezen mit Mohn und Sesam. Die „Euros“ tragen einen großen Teil zum Umsatz der Bäckerei bei.

Etwa Greimels Brezen in Form eines Euro-Zeichens. Viele Bretter mit dünnen Teigschlangen sind dafür notwendig. Bassala Toure zeigt, welche Länge die Euro-Striche haben. Das Bäckerhandwerk bereitet ihm Freude: „Ich wollte gerne mit Essen arbeiten und es gefällt mir sehr gut.” Er ist für alles rund um die Teigaufbereitung zuständig, wiegt ab, portioniert und formt.

Bassala Toure rollt dünne Teigschlangen, die später die Striche der Euro-Brezen werden.

Inzwischen sind die Brezen und Zöpfe lange genug gegangen. Auf einem Fließband fahren sie durch eine Maschine, aus der sie glänzend herauskommen. Sie wurden mit Natronlauge beregnet, die erst nach dem Backen zum Lebensmittel wird und den Brezen ihre typische Farbe verleiht. Dann werden sie mit Salz, Kürbiskernen oder Käse bestreut und mit einer schnellen Bewegung in eine geöffnete Klappe eines Etagenofens befördert.

Die Brezen und Zöpfe vor dem Laugen (links) und danach: Eine Maschine beregnet sie mit Natronlauge, die erst nach dem Backen zum Lebensmittel wird und den Brezen beim Backen ihre typische Farbe verleiht.

„Am liebsten bin ich hinten in der Backstube und experimentiere“

Ein Ton, der an eine Schulglocke erinnert, verkündet, dass die Brezen fertig sind. „Gut sehen sie aus”, freut sich Greimel. Das ist nicht immer so. „Bei den Brezen ist mir absolut schleierhaft, warum es mal funktioniert und manchmal nicht.” Denn dass mit natürlichen Rohstoffen etwas schiefgeht, kommt regelmäßig vor. Für Greimel macht das den Reiz aus: „Am liebsten bin ich hinten in der Backstube, wenn der Laden zu ist, und experimentiere.”

Goldbraun und duftend kommen sie aus dem Ofen: Stefan Greimel und Reporterin Helena Gennut sind mit den gemeinsam gebackenen Brezen zufrieden.

Seine Rezepte entwickelt er selbst, sucht nach der optimalen Mischung der Mehle. Manchmal zieht sich das, wie beim Brot „PB16”, das er immer wieder erwähnt und an dem er schon seit sieben Jahren tüftelt. „Meine Euro-Brezen mache ich, um Geld zu verdienen, aber mit Sauerteig Brote zu backen, ist für mich die große Kunst.”

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