Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Das sagen Experten zu den Kursen in Taufkirchen

Wenn im Körper eine Schraube locker ist: Was Gäste in einem Taoistischen Zentrum erwartet

Im November 2023 eröffnete Fred Guggenberger sein Taoistisches Zentrum. Er möchte Interessierte in die Grundlagen der „Inneren Alchemie“ einführen.
+
Im November 2023 eröffnete Fred Guggenberger sein Taoistisches Zentrum. Er möchte Interessierte in die Grundlagen der „Inneren Alchemie“ einführen.

Zur Ruhe kommen und gesund bleiben, dazu möchte Fred Guggenberger anderen verhelfen. In seinem neuen Taoistischen Zentrum beruft er sich auf alte chinesische Lehren. Was es damit auf sich hat und wie Experten das einschätzen.

Taufkirchen – „Hundert Schrauben haben wir in unserem Körper, wenn die Hälfte von ihnen locker ist, verspürt man bereits körperliches Unbehagen – bei hundert lockeren Schrauben kommt es im schlimmsten Fall zu Dingen wie einem Herzinfarkt”, spricht Fred Guggenberger in einer Art Gleichnis. Wenn das emotionale Gleichgewicht aus der Balance gerate, würden sich diese Schrauben in uns lösen. Die Übungen, die Fred Guggenberger zeigt, sollen dem entgegenwirken, „die Schrauben fest anziehen”, wie er sagt.

Noch unterrichtet Fred Guggenberger bei sich zuhause in Franking bei Taufkirchen. In einer Mischung aus Arbeits- und Kinderzimmer führt er in die Grundlagen des Taoismus ein.

Guggenberger ist Taoismus Lehrer. Doch wer sich bei seinem im November 2023 gegründeten Zentrum einen Tempel mit Löwenstatuen vorstellt, der wird enttäuscht. Derzeit unterrichtet er bei sich zuhause in Franking bei Taufkirchen. Ein Reihenhaus, außenrum grüne Wiese. Seinen Unterricht hält er wahlweise auf der Couch im Wohnzimmer oder in einem Raum, der eine Mischung aus Arbeits- und früherem Kinderzimmer ist.

Ein günstiger Standort, der in ein paar Jahren anders aussehen könnte

„Perfekt ist mein Zentrum noch nicht, aber wenn ich erst einmal ein paar Jahre dabei bin, soll das anders aussehen”, sagt Guggenberger. Ende Februar hat er erstmals einen Kurs in angemieteten Seminarräumen abgehalten. Guggenberger ist überzeugt von dem, was er tut. „Ich sehe, wie gut es den Lehrern und mir damit geht.”

Trotz des ungewöhnlichen äußeren Rahmens könnte das Vorhaben gelingen, glaubt Matthias Pöhlmann. Er ist Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und sagt: „Das Voralpenland ist ein Eldorado für alternative Heilungsangebote. Zur Ruhe kommen und sich selbst spüren, trifft den Nerv der Zeit.“

Matthias Pöhlmann ist Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Er schätzt das Voralpenland als Eldorado für alternative Heilungsangebote ein.

Ob das in diesem Taoistischen Zentrum möglich ist, kann er jedoch kaum beurteilen: Dafür kennt er Zentren wie Guggenbergers zu wenig – auch Anfragen in der Richtung hätten ihn bisher kaum erreicht.

Mit einem Buch fing vor gut dreißig Jahren alles an

Für Guggenberger hat alles angefangen, als er 1993 in Alt- oder Neuötting – ganz genau weiß er das nicht mehr – spazieren ging und in einem Buchladen für fünf Mark das „Buch der Wandlungen” entdeckte. Mit Anfang zwanzig hat ihn das angezogen, weniger die Orakel und mehr das Philosophische. „Aber der fleißigste Schüler war ich nicht.”

Geändert hat sich das, als die Corona-Pandemie kam. „Die meiste Zeit meines Lebens war ich Musiker und dann saß ich auf einmal da und hab die Wand angeschaut. Der Lockdown war für mich in jeder Hinsicht verheerend”, erinnert er sich. Gleichzeitig habe er gemerkt, dass er all die Jahre unter Strom gestanden habe. Wieder in einen Bus oder ein Flugzeug zu steigen, hat sich für ihn nicht richtig angefühlt.

Statt Auftritten unterrichtet er nun Grundlagen der „Inneren Alchemie“

Heute lehrt er die Grundlagen der „Inneren Alchemie”. Damit sind Traditionen und Praktiken gemeint, die ein „Lebenselixier“ im Körper entfalten sollen. Mit Religion habe dieser Zweig des Taoismus nichts zu tun. „Im Westen ist nie so richtig angekommen, was Taoismus ist”, sagt Guggenberger. Sein Verständnis ist, durch Taoismus das Gleichgewicht in der Natur auch im menschlichen Körper wiederherzustellen. Vor allem negative Emotionen würden dieses Ungleichgewicht verursachen. „Im Taoismus sagen wir, dass 80 Prozent der Krankheiten auf diese zurückgehen.”

Stefan Feige ist Facharzt für Innere Medizin in Ampfing. Dass man allein über die Behandlung von negativen Emotionen eine Erkrankung heilen kann, glaubt er nicht.

Stefan Feige, Facharzt für Innere Medizin in Ampfing, geht dagegen davon aus, dass etwa ein Drittel seiner Patienten auch eine psychosomatische Erkrankung haben. Damit ist gemeint, dass sich die Ursache der Krankheit nicht oder nicht vollständig körperlich erklären lässt. Das könne etwa bei Asthma, einer depressiven Störung oder chronischen Schmerzpatienten der Fall sein. „Ich denke schon, dass man durch Methoden wie Taoismus gewisse Selbstheilungskräfte der Natur aktivieren kann. Aber dass man allein über die Behandlung von negativen Emotionen eine Erkrankung heilen kann, glaube ich ehrlich gesagt nicht.“

Durch den „Kranichhals“ die „Energie im Körper fließen lassen“

Guggenberger ist heute 50 Jahre alt und hat den ersten von vier Lehrergraden im Taoismus, der zweite soll nach einer Prüfung im Mai folgen. „Die komplette Ausbildung dauert etwa zehn Jahre”, sagt Guggenberger. Das sogenannte Qi, in der chinesischen Vorstellung die Lebensenergie, steht dabei im Zentrum.

Anfängerübungen sind der „Kranichhals” und die „Schildkröte taucht ins Wasser”. Guggenberger ist aufgeregt, als er die Übungen vormacht, er möchte alles richtig wiedergeben. Auf einem Stuhl sitzend kippt er zuerst das Becken nach vorn, bewegt dann den ganzen Oberkörper Richtung Oberschenkel und kommt schließlich mit dem Kopf langsam wieder nach oben. Das soll die „sieben Pumpen” entlang der Wirbelsäule aktivieren. So könne die Energie leichter durch die Wirbelsäule fließen.

Versatzstücke aus chinesischer Medizin und Religion

Auf einem Computerbildschirm zeigt er eine Zeichnung und erklärt, wo die Pumpen liegen. Am Ende seines Basiskurses soll es Teilnehmerinnen und Teilnehmern gelingen, das Qi mithilfe des kleinen Energiekreislaufs durch den Körper zirkulieren zu lassen. „Taoismus hat viele Gemeinsamkeiten zur chinesischen Medizin. Aber es gibt keinen Doktor, der einem ein Kraut verschreibt, sondern es wird alles durch die Übungen erzielt”, sagt Guggenberger.

„Mit dem ursprünglichen Daoismus hat das nicht mehr viel zu tun, höchstens von den Begriffen her – für mich scheint das eher eine alternative Lebenshilfe und ein Heilungsangebot zu sein, bei dem Versatzstücke aus der großen chinesischen Religion entnommen wurden”, schätzt Sektenbeauftragter Pöhlmann das Konzept ein. Als Form der Bewegung sieht er daran nichts Problematisches, sagt aber: „Taoismus, das klingt ein bisschen fremd. Viele erwarten bei fernöstlichen Methoden ein größeres Wissen als unser westliches.“ Daher rät er, genau zu überlegen, welche konkrete Hilfe der Taoismus bieten könne und welche nicht.

Gesundheitliche Beschwerden habe der Taoismus bei ihm gelindert

Guggenberger selbst hat damit positive Erfahrungen gemacht: „Massives Herzstechen und starke Schmerzen durch eine Hüftdysplasie, die mich viele Winter begleitet haben, sind verschwunden.” Er erzählt auch von einer Teilnehmerin bei einem Seminar, deren Brustkrebs geheilt worden sein soll, betrachtet das jedoch mit Vorsicht. „Es wäre unseriös zu sagen, dass das immer funktioniert und einen gebrochenen Fuß kann man mit Taoismus ganz sicher auch nicht flicken.” Vielmehr gehe es darum, gesund zu bleiben, denn ein Allheilmittel könne es nicht geben.

„Bei psychosomatischen Erkrankungen spricht für mich nichts gegen Taoismus, ich finde es gut, dass es auch alternative Methoden gibt“, sagt Mediziner Feige. Als klassischer Schulmediziner sei das ein Feld, auf dem er sich nicht bewege. „Ob man spazieren geht, Tee trinkt, einen Film anschaut oder in ein Taoistisches Zentrum geht: Jeder Patient entscheidet selbst, was für ihn gut ist.“ Er empfiehlt allerdings, alternative Methoden genauso kritisch zu betrachten, wie es häufig bei herkömmlichen Diagnosen der Fall ist, und bei ernsthaften Erkrankungen unbedingt einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen.

Keine Geschäftsidee, sondern persönliche Begeisterung

Bisher bietet Guggenberger einen Basiskurs an, der sechs Abende oder ein komplettes Wochenende umfasst. Das kostet 220 Euro, ein anderthalb stündiger Schnupperkurs 25 Euro. Zukünftig soll es auch eine wöchentliche Übungsgruppe sowie Qigong-Angebote geben.

Stolz zeigt Fred Guggenberger sein Zertifikat als Taoismus Lehrer. Der Verein Universal Tao Germany listet neben ihm 26 weitere Lehrkräfte in Deutschland auf.

26 Taoismus Lehrkräfte listet der Verein Universal Tao Germany neben Guggenberger in Deutschland auf, weltweit sollen es laut Guggenberger um die tausend sein. „Als Geschäftsidee habe ich nicht damit angefangen, sondern weil ich begeistert bin und das gerne weitergeben möchte”, sagt er. Er selbst ist bei der dritten von insgesamt neun taoistischen Formeln angelangt. „Die höheren Stufen hören sich schon ziemlich abgefahren an. Ich weiß nicht, was noch kommt, nur dass es mir gut tut.”

Kommentare