Nicht alle Landkreis-Kommunen sind an Bord
Uneinigkeit bei Abstimmung im Kreistag Mühldorf – nicht alle wollen das Landkreiswerk
Erneuerbare Energien gemeinsam anzapfen und gemeinsam gewinnbringend vermarkten. Das soll das Landkreiswerk Mühldorf vollbringen. Jetzt musste der Kreistag über dieses Vorhaben entscheiden.
Mühldorf – Das seit Monaten von Landrat Max Heimerl und Wirtschaftsförderer Thomas Perzl propagierte Landkreiswerk ist einen wichtigen Schritt weiter. Der Kreistag hatte am Freitag (4. April) das rund 50-seitige Vertragswerk zur Gründung des Landkreiswerks auf dem Tisch liegen – und stimmte mit 41 Ja- zu 9 Nein-Stimmen zu.
Gewinne sollen im Landkreis bleiben
Noch einmal zur Erinnerung, wofür das Landkreiswerk gut sein soll: Im Bereich der erneuerbaren Energien sollen auf dem Gebiet der Landkreis-Gemeinden gemeinschaftlich Projekte wie Windkraft- oder Photovoltaik-Freianlagen entwickelt werden. Sie sollen von eigens gegründeten Projektgesellschaften gebaut und betrieben werden. Dabei wird größtmöglicher Gewinn angestrebt, der im Landkreis bei den Kommunen, den Bürgern und Unternehmen bleiben soll. Bürger sowie regionale Unternehmen sollen sich an den jeweiligen Projektgesellschaften beteiligen können.
Keine Harakiri-Projekte mit Geld der Gemeinden
Im vorberatenden Umweltausschuss erklärte Landrat Max Heimerl am Montag (31. März), dass man an den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen hänge. Wie er auch in der Kreistagssitzung am Freitag erklärte, sei er zwar angesichts des Sondervermögens für den Klimaschutz zuversichtlich, dass Anlagen für erneuerbare Energien weiter gewinnbringend blieben, aber er versicherte: „Falls sich die Bedingungen verschlechtern, dann gründen wir nicht!“ Der Landkreis werde keine Harakiri-Projekte durchboxen. In das Vertragswerk zum Landkreiswerk seien viele Rückmeldungen der interessierten Gemeinden, Märkte und Städte mit eingeflossen.
Wirtschaftsförderer Thomas Perzl verwies im Umweltausschuss auf die schon 2009 gegründete regionale Energie GmbH: „Nachdem die Anfangskosten getilgt sind, macht sie jetzt Gewinn.“ Zudem verschärfe sich das Thema Energie immer mehr, denn auch im Landkreis Mühldorf werde immer mehr Strom gebraucht.
Späterer Beitritt ist möglich, aber „ungut“
Kommunen, die bei Gründung des Landkreiswerks nicht dabei sein wollen, könnten zu einem späteren Zeitpunkt noch beitreten. Dann müssen sie aber rückwirkend die nötige Einlage von 5 Euro pro Einwohner bezahlen, plus eine „Aufwandsentschädigung“. Als momentane „Verweigerer“ nannte Landrat Heimerl explizit die Städte Mühldorf und Waldkraiburg, aber auch andere Gemeinden sind nicht interessiert. Von 31 Gemeinden seien 24 an Bord. Er fände das aber „ungut“, denn so würden auch die Bürger und Unternehmen dieser Kommunen nichts vom Kuchen erfolgreicher Landkreiswerkprojekte abbekommen.
Lantenhammer warnt vor Risiken
„Ich werde dem nicht zustimmen!“, CSU-Kreisrat Alfred Lantenhammer machte schon im Umweltausschuss und auch wieder im Kreistag kein Hehl aus seiner Ablehnung des Landkreiswerks. „Wie kann man das Geld der Gemeinden nehmen und verplanen? Wenn man nichts verdient, ist dieses Geld weg!“ Es könnten Verluste auf Kosten aller am Landkreiswerk Beteiligten eingefahren werden, „private Unternehmer tragen dieses Risiko selbst“.
Nein zum „Bürokratiemonster“
Zurzeit sei es zum Beispiel angesichts der gesunkenen Vergütung unmöglich, PV-Anlagen wirtschaftlich zu betreiben. Bei der Windkraft seien statt vier Windkraftstandorten in seiner Gemeinde Schönberg nur noch zwei wirtschaftlich sinnvoll: „Da kann man Bürgern oder Gemeinden nicht empfehlen, sich zu beteiligen. Ich sage nein zu diesem Bürokratiemonster.“ Oliver Multusch kündigte die Ablehnung durch die AfD an, man sei gegen diese ideologische Subventionspolitik für erneuerbare Energien. Uli Maier (UWG) warnte, es sei nicht der richtige welt- und bundespolitische Zeitpunkt für eine solche Gründung.
Josef Grundner (CSU) plädierte für die Zustimmung zum Landkreiswerk und einen gewissen unternehmerischen Mut des Landkreises: „Es soll ein Jetzt-schieb-ma-noch-besser-an-Konstrukt werden.“ Auch Antonia Hansmeier (CSU) und Lena Koch von den Grünen warben für das Landkreiswerk, es würde auch kleinen Kommunen Teilhabe ermöglichen. Günther Knoblauch (SPD) stellte fest: „Gewisse Sachen muss einfach die öffentliche Hand machen.“
Daseinsvorsorge für Landkreis und Bürger
Landrat Heimerl blieb dabei: Das Landkreiswerk sei auch ein Stück Daseinsvorsorge für Landkreis und Bürger. Es sollen ausschließlich wirtschaftlich aussichtsreiche Projekte realisiert werden. Die regionale Energie GmbH und die Geothermie Waldkraiburg seien dafür beste Beispiele.
Nach dem Beschluss ist vor dem Beschluss
Die Beschlussfassung im Kreistag ist aber noch nicht das Ende. „Im Anschluss werden alle interessierten Kommunen einen Beschluss dazu fassen. Nach Abschluss dieser Beschlussphase steht der Kreis der Träger des gemeinsamen Kommunalunternehmens abschließend fest“, so das Landratsamt zum weiteren Vorgehen. Erst, wenn das vollbracht ist, kann sich das Landkreiswerk an die Arbeit machen.