Idee kam bei einem 70. Geburtstag
Weißwurst vom Reh? So vermarkten zwei passionierte Jäger aus Niedertaufkirchen ihr Wildbret
Stefan Streck (24) und sein Schwiegervater Denis Heidenecker (50) sind passionierte Jäger. Und ideenreich. Neben Braten machen sie aus ihrem Wildbret ganz besondere Würste, die reißenden Absatz findet.
Niedertaufkirchen – Es dämmert schon in Fränking, einem Ortsteil von Niedertaufkirchen, als die Türklingel auch die beiden Deutschen Jagdterrier Henry und Lina alarmiert. Aufgeregt bellend kündigen sie den Besuch des Zeitungsreporters an. Wenig später öffnet sich die Tür, Jäger Stefan Streck heißt den Gast willkommen.
Vorbei an zahlreichen ausgestopften Trophäen geht es dann in den Keller, wo sich die Wildkammer des passionierten Jägers befindet. Eine geflieste Kammer, die den allerhöchsten Qualitätsstandard genügt, damit das Wild, das Stefan Streck zusammen mit seinem Schwiegervater Denis Heidenecker erlegt, auch zu Wurst verarbeitet werden kann.
Heidenecker hat jahrzehntelange Erfahrung als Metzger. Jäger und Metzger in einer Person. Das ist etwas ganz Besonderes in der Region. Besonders sind auch die Wurstwaren, die Heidenecker zusammen mit seinem Schwiegersohn kreiert und die reißend Absatz finden.
Denn die beiden haben unter anderem eine Weißwurst aus Rehwild kreiert. Und die ist der Renner. Mit 100 Stück haben sie begonnen, die sie an jedem letzten Freitag im Monat an den Kunden bringen. „Mittlerweile sind wir bei 250 angekommen“, erzählt Heidenecker.
Eine Erfolgsgeschichte, die ihren Ursprung in einer Idee eines Jagdkollegen hat. Egbert Windhager, Bäckermeister aus Neumarkt-St. Veit, wollte zu seinem 70. Geburtstag seinen Gästen etwas ganz Besonderes anbieten. „Und da tauchte die Frage auf: Kann man nicht aus Wild Weißwürste machen?“, erzählt Stefan Streck. Denis Heidenecker hat’s ausprobiert, es gab ein Testessen und das Urteil des angehenden Jubilars: „Das ist die beste Weißwurst, die ich jemals gegessen habe!“
20 Jahre bei der Metzgerei Korn
Das war im August dieses Jahres. Seitdem wird regelmäßig Rehfleisch in der Wildkammer von Denis Heidenecker verarbeitet. Die beiden passionierten Jäger profitieren bei der Verarbeitung ihres Wildbrets von einem ganz besonderen Umstand: Denis Heidenecker hat jahrelange Erfahrung im Metzgerhandwerk, arbeitete bis zur Geschäftsübergabe 20 Jahre lang bei der Metzgerei von Karl Korn in Neumarkt-St. Veit, jetzt in Waldkraiburg bei der Metzgerei Pichlmeier.
Rehfleisch, Kalbsfleisch und Speck kämen in eine Weißwurst aus Rehfleisch, die um Nuancen grauer als eine herkömmliche, aber sonst optisch kaum von der echten Münchner Weißwurst zu unterscheiden ist. Und dann natürlich die besonderen Gewürze, die Heidenecker selbstverständlich nicht verrät. „Die bleiben mein Geheimnis!“
Die Gewürze sind das große Geheimnis
Kein Geheimnis machen die beiden Niedertaufkirchener daraus, dass die Entscheidung, Wild auch zu Wurstwaren zu verarbeiten, offenbar ziemlich gut ankommt. 2020 haben sie begonnen, Wildfleisch auf diese Art zu vermarkten. Käsekrainer aus Rehfleisch für den Grill oder Wildstreichwurst entstehen mittlerweile in der Wildkammer von Denis Heidenecker, die er dann mit seinem Schwiegersohn auf den Märkten in der Region an den Markt bringt. Im vergangenen Jahr präsentierten sie beim Christkindlmarkt eine Salami aus Wild, in welche sie St. Veiter Bier druntergemischt haben. Die Resonanz? „Wir waren quasi am ersten Tag schon ausverkauft!“, sagt Streck.
Debrecziner aus Wild, Rohsalami mit Parmesan, Schwarzgeräuchertes vom Wildschwein oder scharfe Wildschwein-Chorizo. „Man probiert und schaut, was die Leute mögen“, sagt Heidenecker.
Aber der Menge ihrer Wildspezialitäten sind Grenzen gesetzt: „Wir erfüllen unseren Abschussplan und haben natürlich auch die Schonzeit einzuhalten, die bei Rehwild von Januar bis Mai geht. Das akzeptieren die Leute auch!“
Kaum Grenzen sind dem Abschuss von Wildschweinen gesetzt, die eine Vermehrungsquote von 300 Prozent haben. Außer, es handelt sich um die führende Bache. Und auch eine vermeintlich hohe Belastung mit radioaktiver Belastung, die selbst 37 Jahre nach dem Reaktor-Unglück in Tschernobyl noch messbar ist, setzt Grenzen bei der Weiterverarbeitung. 600 Becquerel pro Kilogramm, so erklären die beiden Jäger, sei der EU-Grenzwert für die Weiterverarbeitung. Mit ihrer Wurst aus Schwarzwild lägen sie aber weit darunter.
Mittlerweile sogar ein eigenes Logo
Heidenecker und Streck haben ihr Geschäft nicht nur auf Märkten forciert, sondern treten auch in den Social Media professionell auf, haben mit Hilfe von Thomas Perzl, dem Lebensgefährten von Strecks Schwester ein Vermarktungskonzept entwickelt, inklusive eigenes Logo, das die beiden Jäger quasi über Nacht bekannt gemacht hat. „Das hat voll eingeschlagen. Das Produkt Wild so weiterzuverarbeiten, das gab es in der Form auch noch nicht“, sagt Perzl, der als Wirtschaftsexperte im Landratsamt Mühldorf beschäftigt ist.
Jäger setzen hohe Qualitätsstandards
Hohe Qualitätsstandards bei der Verarbeitung und die Nachhaltigkeit bei der waidgerechten Bejagung geben die beiden als ihren größten Anspruch an. Heidenecker spricht vom „ehrlichsten Fleisch“, das die beiden hier vermarkten. Denn die Tiere leben in absoluter Freiheit, bis sie eben erlegt werden. „Im besten Fall hört das Reh nicht einmal den Schuss!“, betont Heidenecker die Ernsthaftigkeit, mit der er die Jagd betreibt.