Nördlicher Landkreis Mühldorf
Ist der Bau-Boom vorbei? So sieht es in den Gemeinden im nördlichen Landkreis aus
Steigende Bauzinsen, schwache Konjunktur: Nicht die beste Zeit, um sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Das sind die Auswirkungen auf die Bautätigkeit im nördlichen Landkreis Mühldorf. Wie es in den einzelnen Gemeinden aussieht.
Neumarkt-St. Veit – Fehlt Privatleuten das Geld, um sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen? „Wir gehen davon aus, dass die gestiegenen Bauzinsen die Leute davon abhalten zu bauen“, sagt dazu Neumarkt-St. Veits Bürgermeister Erwin Baumgartner (UWG). Und er verweist gleichzeitig auf ein aktuelles Beispiel: Zwei Grundstücke, welche die Stadt in den vergangenen Jahren zum Verkauf gestellt hatte, seien wieder zurückgegeben worden, weil die Frist zum Bauen abgelaufen sei. Normalerweise sieht es die Regelung in Neumarkt-St. Veit, dass auf Grundstücke, die die Stadt verkauft hat, binnen drei Jahren ein Rohbau steht. „Nach fünf Jahren sollte das Haus bezugsfertig sein.“
In Neumarkt gibt es eine Warteliste
Baumgartner bestätigt, dass der Grundstücksverkauf eine sichere Einnahmequelle im Haushalt der Stadt bedeutet. Ihm ist aber nicht bange, dass Grund und Boden auch weiterhin ihre Abnehmer finden werden und verweist auf die Warteliste, von der Interessenten dann entsprechend nachrücken würden.
Verwaltungsgemeinschaft hält sich mit Verkauf zurück
„Dass aus finanziellen Gründen Baugrundstücke zurückgegeben werden, diesen Fall haben wir noch nicht gehabt“, berichtet Georg Obermaier, Geschäftsstellenleiter der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Oberbergkirchen. Er weiß innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft lediglich von einem Fall, dass Baugrund zurückgegeben worden sei. „Da spielten aber gesundheitliche Gründe eine Rolle!“
Grundsätzlich sei man innerhalb der VG aktuell zurückhaltend mit dem Verkauf von Grundstücken. In Zangberg stehe aktuell ohnehin kein Grund zur Verfügung, in Lohkirchen sei zwar nicht alles bebaut, aber doch die meisten Grundstücke verkauft. „Sechs Grundstücke haben wir am Binderweg verkauft in den vergangenen Jahren, zwei Grundstücke haben wir noch!“
„Am Hang 3“ kommt im Jahr 2024
Grundsätzlich gebe es auch in den Gemeinden der VG einen Bauzwang, sagt Obermaier, fünf Jahre seien hier die Regel. Der Verkauf der Grundstücke werde in einer Art Einheimischen-Vergabemodell geregelt. In Oberbergkirchen sei man gerade dabei, ein neues Baugebiet auszuweisen, „Am Hang 3“ soll es heißen. Obermaier spricht von 2024. Über die Vergabekriterien sei noch nicht entschieden worden.
„Man lässt sich mehr Zeit“
Dass man sich mit dem Bau zurückhalte und das Baufenster voll ausschöpfe, davon kann der Geschäftsleiter im Rathaus in Mettenheim, Markus Krause, berichten. Er beruft sich dabei auf die Bautätigkeiten im Gumattenkirchener Baugebiet „Isener Feld (Baugebiet 17). „Man lässt sich mehr Zeit“, sagt er. Grundstücke seien noch keine zurückgegeben worden, aber das Interesse daran sei zurückgegangen. Denn eigentlich hatte der Gemeinderat festgelegt, pro Jahr fünf Grundstücke zu verkaufen, „aber für dieses Jahr sind noch alle fünf offen.“
Es gebe ein Bewerbungsverfahren für den Erwerb von Grundstücken. Doch selbst Einheimische agierten zurückhaltend, sagt Krause. Und das, obwohl der Baugrund mit knapp 160 Euro pro Quadratmeter vergleichsweise günstig erscheint. Er vermutet, dass die Lage von Gumattenkirchen im Außenbereich eine Rolle spiele. Ohne gut funktionierenden öffentlichen Personen-Nahverkehr leide die Attraktivität von solchen Wohnbaugebieten.
Bauboom in der VG Rohrbach stagniert
Genügend Baugrund gibt es in den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Rohrbach, wie der Geschäftsleiter der VG, Georg Wagenbauer, mitteilt. Im Erhartinger Baugebiet „Am Fischerweg“ wurden in den Jahren 2021 und 2022 zwölf Baugrundstücke vergeben. Davon wurden zehn Baugrundstücke bereits bebaut. „Es stehen noch zwölf Baugrundstücke zum Verkauf zur Verfügung“, sagt Wagenbauer. Der Gemeinderat werde allerdings erst noch darüber beschließen, wann diese verkauft werden.
Gemeinderat hält Grundstücke zurück
Auch in der Gemeinde Niederbergkirchen wurde in den vergangenen Jahren Baugrund ausgewiesen. Im Baugebiet „Kollmannseck“ wurden laut Wagenbauer in den Jahren 2021 und 2022 zehn Baugrundstücke vergeben. Davon seien sechs Baugrundstücke bereits bebaut, sechs weitere Baugrundstücke stünden noch zum Verkauf zur Verfügung. Doch auch hier werde der Gemeinderat erst noch darüber entscheiden, zu welchem Zeitpunkt dies der Fall sein wird, so Wagenbauer.
Werner Biedermann machte bei der Bürgerversammlung keinen Hehl draus: „Wenn wir weitere Bauplätze hätten und diese heute ausschreiben, dann wären sie morgen weg.“ Er ist sich sicher, dass Grund und Boden weiterhin eine gute Geldanlage seien. Er verwies auf die Nachbargemeinde Erharting, wo sich auf zehn Bauplätze 270 Bewerber gemeldet hätten. Das war allerdings noch zu Zeiten, in denen die Bauzinsen niedrig waren. Und Biedermann weiß auch um das Manko, wenn es keinen Bauzwang gibt und diese Grundstücke lange Zeit unbebaut blieben. Natürlich sehe man es gerne, wenn sich Einheimische um die Bauplätze vor Ort bewerben. Zuletzt seien auch „Auswärtige“ zum Zug gekommen, weil sich für die noch freien Bauplätze keine weiteren Einheimischen mehr beworben hätten.
In Niedertaufkirchen gibt es einen Verkaufsstopp
Zwei Baugrundstücke sind es, die in der Gemeinde Niedertaufkirchen im Baugebiet „Einfeld II“ noch zur Verfügung stehen. Doch der Gemeinderat hält weiter an seinem Verkaufsstopp fest.
Neue Baugebiete würden derzeit im Bereich der Mitgliedsgemeinden nicht geplant, sagt Wagenbauer. Und von den bereits verkauften Baugrundstücken wurden bisher keine „zurückgegeben“, wie der Geschäftsleiter ergänzt. Allerdings habe das „stark gestiegene allgemeine Preis- und Zinsniveau“ nach Ansicht Wagenbauers zu einer rückläufigen Nachfrage und Bautätigkeit geführt.
Bauanträge sind rückläufig
Die Leute seien zurückhaltender, kann Wagenbauer feststellen und macht dies auch an der Anzahl aller in der VG eingegangenen Bauanträge fest – nicht nur für Einfamilienhäuser, sondern für alle Bauvorhaben. Seien in der Gemeinde Erharting im Jahr 2021 noch Anträge für 28 Bauvorhaben eingegangen und 2022 insgesamt 29, seien es in diesem Jahr bislang nur knapp ein Drittel. Stand 26. Oktober spricht Wagenbauer von zehn Anträgen.
Ähnlich stellt sich die Situation in Niederbergkirchen dar. 23 Bauanträge gab es im Jahr 2021 und 26 Anträge in 2022. Bis Ende Oktober 2023 seien es aber nur elf gewesen. Und auch in Niedertaufkirchen hat die Bautätigkeit stark nachgelassen. 2021 waren 28 Anträge eingegangen, 2022 sogar 36. In diesem Jahr seien es aber bislang lediglich 18 Bauanträge (Stand: 26. Oktober 2023).