Erneuerbare Energien in der Gemeinde
Sorge vor Kontrollverlust: Niederbergkirchen will die Energiewende selbst steuern
Will die Gemeinde weiterhin Planungshoheit haben oder Gefahr laufen, dass externe Investoren die Flächen in Niederbergkirchen für Solar- oder Windstrom nutzen? Im Gemeinderat gab es Diskussionsbedarf zur geplanten Gründung einer Landkreis-Energie-Gesellschaft.
Niederbergkirchen – Gemeinderat Richard Petermeier kann seine Freiflächenanlage bauen. Flächennutzungsplan sowie Bebauungsplan wurden im Rahmen des öffentlichen Teils der jüngsten Gemeinderatssitzung genehmigt. Eigentlich nur noch reine Formsache nach der Sichtung der eingegangenen Stellungnahmen. Und es wird wohl nicht die letzte Anlage bleiben. In der Diskussion rückte Bürgermeister Werner Biedermann die Landkreis-Energie-Gesellschaft in den Fokus, die erst wenige Tage zuvor in Aschau am Inn mit Vertretern des Landkreises und aus den vielen Gemeinden diskutiert worden war.
Den Stein des Anstoßes lieferte Christian Zenefels, der nach den Eindrücken der nicht öffentlichen Versammlung in Aschau nun von Bürgermeister Biedermann wissen wollte: „Machen wir das?“ Der Startpunkt einer längeren Aussprache.
Ein Batzen Geld für größere Kommunen
Wie Biedermann ausführte, hätte sich wohl die Gemeinde Heldenstein für einen Beitritt in ein solches Netzwerk ausgesprochen und auch für Niederbergkirchen sehe er durchaus einen Sinn, sich diesem Regionalwerk anzuschließen. Um Startkapital zu generieren, stünde ein Betrag von fünf Euro pro Bürger im Raum, informierte Biedermann. „Bei 1.220 Einwohner in Niederbergkirchen ein überschaubarer Betrag“, meinte Biedermann, der aber gleichzeitig darauf verwies, dass Vertreter der großen Städte wie Mühldorf und Waldkraiburg mit jeweils über 20.000 Einwohnern bei der Nennung dieses Betrages „schon geschluckt haben“.
Warum Biedermann der Idee zur Gründung eines Regionalwerks grundsätzlich offen gegenüber steht, erklärte er mit der Planungshoheit durch die Gemeinde. Durch die Privilegierung von Standorten, er erwähnte exemplarisch den Bau von Freiflächenanlagen, die mittlerweile bis zu 200 Meter neben einer zweigleisig ausgebauten Bahnlinie oder Autobahn gebaut werden könnten. Und auch Agrar-PV-Anlagen seien bei einer Größe von bis zu 2,5 Hektar bereits ohne Aufstellungsbeschluss möglich. „Wenn wir nicht gängig werden, dann kann es sein, dass Flächen privilegiert werden!“
Im Klartext heißt das: Sollten die Flächenkulissen und Ausbauziele nicht erreicht werden, werden landwirtschaftlichen Flächen zu privilegierten Flächen! „Und dann würden wir die Planungshoheit verlieren. Denn Privilegierung steht über der Planungshoheit der Gemeinde“, warnte Petermeier.
Sorge auch um die Höhe der Kreisumlage
Wie Biedermann aus einem Gespräch mit Landrat Max Heimerl berichtete, sei ein Startkapital zwischen 300.000 bis 500.000 Euro nötig, um das Projekt ins Laufen zu bringen. Der Landkreis würde sich je nach Schlüssel mit einem Betrag von 150.000 Euro an der Landkreis-Energie-Gesellschaft beteiligen. „Geld, das im Endeffekt sowieso wieder die Bürger beziehungsweise wir als Gemeinden zahlen.“ Denn es sei bekannt, dass das „InnKlinikum“ große Defizite zu beklagen haben, die wieder durch die Kreisumlage kompensiert werden sollen.
Zenefels betonte, dass gerade eine Industriestadt wie Waldkraiburg davon profitieren würde, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien im großen Stil über die Bühne gehen könnte. Und Biedermann treibt vor allen Dinge die Sorge um, dass das Leitungsnetz der Bayernwerk Netz, nicht über die Kapazitäten verfüge, um den produzierten Strom in die Masse zu liefern.
Und wenn dann ein Investor aus XY kommt, dann hätten wir keine Planungshoheit mehr.“
Eine Ertüchtigung des Netzes sei geplant, doch Biedermann blieb skeptisch, ob dies in einem Zeitraum von fünf Jahren überhaupt wie geplant umgesetzt werden kann. „Erfahrungsgemäß kommen dann auch neue Umspannwerke sehr schnell an die Kapazitätsgrenze!“ Sehr wohl sei er sich aber auch bewusst: „Wenn wir nichts machen, dann ist die Privilegierung die Folge. Und wenn dann ein Investor aus XY kommt, dann hätten wir keine Planungshoheit mehr.“
In Novembersitzung erneut im Gemeinderat
Im Vergleich dazu sah er einen Kostenpunkt von knapp 6.000 Euro für vertretbar an. Letztendlich abgestimmt wurde darüber nicht. Biedermann kündigte aber an, dass sich der Gemeinderat in der Novembersitzung konkret mit der Thematik befassen und dann auch eine Entscheidung treffen wird.