Zwei Tüftler aus der Region haben ein Konzept
Doppelt Geld verdienen auf dem Acker: So können Landwirte Anbau und Photovoltaik kombinieren
Josef Fürstenberger und Hermann Oberhauser haben ein Konzept entwickelt, mit dem sie Landwirten zu einem zusätzlichen Einkommen und der Energieversorgung einen Schub in Richtung erneuerbare Energien verschaffen können. So kann es einfach und finanziell attraktiv funktionieren.
Niederbergkirchen/Mühldorf – Seinen Grund und Boden doppelt nutzen und entsprechend finanziell davon profitieren, das versprechen Hermann Oberhauser und Josef Fürstenberger Landwirten. Das Zauberwort heißt „Agri-PV“. Die beiden Tüftler haben ein System entwickelt, mit dem Äcker und Wiesen weiter landwirtschaftlich genutzt werden können, obwohl über der Fläche eine Photovoltaikanlage installiert ist.
Energiewende treibt die zwei Tüftler um
Eigentlich könnten Oberhauser und Fürstenberger ganz entspannt ihren Ruhestand genießen, doch die Energiewende treibt sie um. Fürstenberger ist Metallbauer und Oberhauser Glasermeister und beschäftigen sich seit vielen Jahren mit der Stromerzeugung durch Photovoltaikanlagen. So hat Josef Fürstenberger bereits 2004 mit seiner Zweigfirma in Görlitz ein PV-Freiflächenprojekt entwickelt und die Unterkonstruktion geliefert. 2006/2007 hat er zusammen mit der Firma Oberhauser Bausysteme eine komplette PV-Freiflächenanlage gebaut. Schon zu diesem Zeitpunkt haben er und Hermann Oberhauser bemängelt, dass der Boden unter und zwischen den Modulen nicht genutzt werden kann. Damals war für die beiden klar, dass nur eine Doppelnutzung des Bodens zielführend sein kann.
Bei den Freiflächen-PV-Anlagen, die aktuell gebaut werden, kritisieren sie, dass der darunterliegende Grund nicht oder nur sehr eingeschränkt genutzt werden kann. Auch das anfallende Mähgut darf nicht verwendet werden. Nachdem wertvoller Ackerboden in erster Linie für die Lebensmittelproduktion verwendet werden soll, werden Freiflächen-Photovoltaikanlagen nur auf Böden mit geringerer Güte genehmigt und realisiert. „Zurecht“, sagen die beiden Tüftler. Dazu kommt, dass die Genehmigung von PV-Freiflächenanlagen derzeit rund zwei Jahre dauert. „Viel zu lange“, monieren Oberhauser und Fürstenberger.
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Sie sind einen anderen Weg gegangen: Sie haben eine Unterkonstruktion entwickelt, mit der die PV-Paneele in einer Höhe von bis zu vier Metern aufgestellt werden können, bei Ackerflächen mit privilegiertem Baurecht sind sogar sechs Meter Höhe möglich. „Damit kann der Landwirt nahezu alles anbauen, was er für seinen landwirtschaftlichen Betrieb braucht“, sagt Josef Fürstenberger, der selbst aus einer Landwirtschaft stammt.
Ihre Unterkonstruktion wird mit zehn Prozent Neigung gebaut und nach Ost-West ausgerichtet. „Das hat den Vorteil, dass der Lichteinfall den gesamten Tag den Boden erreicht“, erklärt Hermann Oberhauser und Josef Fürstenberger kann dazu Berechnungen vorlegen, die diese Aussage untermauern. Die Unterkonstruktion wird nicht mit Beton im Boden befestigt. Um die Konstruktion zu halten, werden Stahlträger in den Boden gerammt. „Wenn die PV-Anlage wieder abgebaut werden muss, werden die Träger einfach aus dem Boden gezogen und es bleibt nix zurück“, sagt Josef Fürstenberger.
Die Beiden sind sich bewusst, dass sie nicht die einzigen sind, die diese Ideen verfolgen. Für die Agri-PV-Anlagen, die in der Hallertau derzeit in Hopfengärten aufgestellt und von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hochgelobt werden, haben sie allerdings nur ein müdes Lächeln übrig. Sie sind überzeugt, dass die Mittel für dieses Projekt verschwendet sind, da diese Anlagen nie über den Status eines Forschungsprojektes hinauskommen werden. „Die Ausbeute ist zu gering“, kritisieren sie. Sie rechnen damit, dass sie mit ihren Anlagen im Mittel etwa 50 Prozent mehr Stromausbeute haben, als konventionelle Freiflächen-PV-Anlagen.
Mit ihrer Art der Stromerzeugung können die darunterliegenden Äcker und Felder vom Landwirt weiter bewirtschaftet werden, was große wirtschaftliche Vorteile für ihn bringt. Wenn mindestens 85 Prozent der Flächen voll genutzt werden, gilt die Fläche weiterhin als landwirtschaftlicher Grund. Das heißt, für die Genehmigung einer Agri-PV-Anlage ist keine Änderung des Flächennutzungsplanes nötig. Auch ein Bebauungsplan muss nicht aufgestellt werden. Lediglich eine Baugenehmigung ist notwendig und das Ausweisen von entsprechenden Ausgleichsflächen entfällt, was wertvolle Zeit und Geld spart. Zudem wird der Landwirt bei dieser Agri-PV-Anlage nicht als Unternehmer eingestuft, was steuerliche Vorteile für ihn hat.
Doch auch die Natur profitiert von dieser Art der regionalen Stromerzeugung: Die landwirtschaftliche Fläche wird durch die PV-Paneele von Austrocknung geschützt und bei Starkregen nicht überschwemmt. Erosion kann also verhindert werden. Durch die Umzäunung der PV-Anlage mit Hecken und Sträuchern für Vögel und Kleintiere kann die Anlage noch weiter aufgewertet werden. Josef Fürstenberger ergänzt, dass durch die aktuellen Umweltprogramme auch Blumenwiesen (interessant für Insekten) nach dem Abblühen beweidet oder als Heu beziehungsweise Silage geerntet werden können. Streuobstwiesen und Obstbaumkulturen sind für Agri-PV ebenfalls geeignet.
In Sachen „Finanzierung“ sind die beiden findigen Entwickler ebenfalls bereits aktiv geworden. Sie haben einen Investor an der Hand, der - wenn es gewünscht wird - die Finanzierung der Agri-PV-Anlage übernimmt. Das Konzept sieht so aus, dass der Verpächter eine festgelegte jährliche Summe bekommt und auch die Gemeinde von der PV-Anlage finanziell profitiert. Denkbar sei auch die Beteiligung von Bürgern. Damit haben Landwirte mit ihrer Agri-PV-Anlage einen wesentlichen Beitrag zu ihrem jährlichen Einkommen.
„Durch die Energieknappheit sind die Preise für Strom in Deutschland so hoch, sodass Industrie überlegen, ins Ausland abzuwandern. Auch der Mittelstand und das Handwerk sind am Limit, die Insolvenzen haben in den vergangenen Jahren rasant zugenommen“, haben Josef Fürstenberger und Hermann Oberhauser beobachtet. Eine Agri-PV sei die mit Abstand billigste Stromerzeugung, sagen sie und löse zudem das Thema „Flächenverbrauch“.