Erneuter Ortstermin des Petitionsausschusses des Landtags
Rolle rückwärts in Sachen Tempo 30 in Neumarkt-St. Veit
Die Petition des Bürgernetzwerkes Neumarkt-St. Veit war noch einmal Thema im Landtags-Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr. Dabei signalisierte der Ausschuss „Sympathie für die Petition“. Er geht aber noch einen Schritt weiter, auch wenn das Landratsamt auf seinem Standpunkt beharrt.
Neumarkt-St. Veit/München – „Die Ausschussmitglieder haben parteiübergreifend sehr viel Sympathie für die Petition“. Das sagte Sabine Gross (SPD), die zusammen mit ihrem Landtagskollegen Joachim Konrad (CSU) Berichterstatterin für die Petition aus Neumarkt-St. Veit ist. Das Bürgernetzwerk hatte versucht, Tempo 30 in dem Bereich zwischen Seniorenheim und Schule in der Hörberinger Straße durchzusetzen. Da dieses Ansinnen von Landratsamt, Polizei und Straßenbauamt Rosenheim immer wieder abgelehnt wurde, hat sich das Netzwerk mit einer Petition an den Landtag gewandt.
Sabine Gross kann sich streckenbezogenes Tempo 30 rechtlich vorstellen
„Nach meiner Ansicht ist die Rechtslage klar. Im Gegensatz zur Ansicht des Landratsamtes halte ich die Voraussetzungen für ein streckenbezogenes Tempo 30 gegeben“, erläuterte Sabine Gross im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr. Ihr Kollege Joachim Konrad beschrieb die Problematik dieser Petition in einem Gespräch mit den OVB Heimatzeitungen. Die Petition war bereits kurz vor dem Ende der Legislaturperiode im Ausschuss, wurde aber bis nach der Landtagswahl zurückgestellt. In dem neuen Ausschuss ist allerdings kein einziges Mitglied mehr, das bereits im vorhergehenden Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr war. Daher habe der Vorsitzende Jürgen Baumgärtner (CSU) einen erneuten Ortstermin vorgeschlagen, damit der neugebildete Ausschuss sich selbst ein Bild machen kann. „Mit dieser Vorgehensweise waren parteiübergreifend alle Ausschussmitglieder einverstanden“, fasste Sabine Gross das Ergebnis der Beratungen zusammen.
Joachim Konrad ergänzte, dass man im Ausschuss übereinstimmend der Meinung war, dass die Petition „durchaus berechtigt sein könnte“. Er wählte aber bewusst den Konjunktiv, um dem Ergebnis des Ortstermines nicht vorzugreifen oder falsche Hoffnungen zu wecken.
Bürgernetzwerk sieht sich bestätigt
Für Eva und Christian Guse vom Bürgernetzwerk war diese Entscheidung dennoch ein sehr erfreuliches Ergebnis. „Wir waren sehr optimistisch, da wir ein paar positive Rückmeldungen von Abgeordneten bekommen hatten, unter anderem auch von Werner Schießl (FW). Er kommt aus Eggenfelden und ist stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses“, erzählt Christian Guse. Sabine Gross habe die Petition vorgetragen und betont, dass es sich um eine reine Rechtsfrage handelt. „In unseren Augen war Frau Gross als Rechtsanwältin die denkbar geeignete Berichterstatterin für unser Anliegen“ ergänzt Eva Guse. Die Berichterstatterin habe juristische Recherchen angestellt und ein Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Stade aus dem Jahre 2022 angeführt. „Sie sieht die Lage vergleichbar. Dort wurde eine Klage gegen Tempo 30 vor der Schule abgewiesen“, weiß Christian Guse.
Jürgen Baumgärtner: Anliegen des Bürgernetzwerkes nicht unberechtigt
Anschließend übernahm Jürgen Baumgärter (CSU), der Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Bau und Verkehr selbst das Wort. Er stimmte den Ausführungen von Sabine Gross zwar nicht zu 100 Prozent zu, bezeichnete das Anliegen des Bürgernetzwerkes aber als „nicht unberechtigt“. Es handle sich um eine schwierige Thematik und deshalb möchte er sich die Sache selbst vor Ort ansehen.
Von Seiten der AfD war zu hören, dass sie für die Umsetzung von Tempo 30, streckenbezogen und zu den Öffnungszeiten der Schule, sind. Auch Dr. Markus Büchler (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass seine Fraktion für die Umsetzung der Petition sei. Er sprach sich für den Ortstermin aus und dass dieser möglichst schnell abgehalten werden sollte, weil sich die Petition eh schon so lange hinziehe. Zusätzlich merkte er an, dass der Sinn von Petitionen auch sei, dass Bürger, die mit staatlichen Entscheidungen nicht einverstanden sind, sich an den Landtag wenden können.
Das Votum für einen erneuten Ortstermin fiel dann einstimmig aus.
Das Landratsamt bleibt allerdings nach wie vor bei seiner Einschätzung: „Die gesetzlichen Grundlagen haben sich nicht verändert. Diese Rechtsmeinung ist auch mit den übergeordneten Behörden abgestimmt. Demnach ist die Anordnung von Tempo 30 in der Hörberinger Straße in Neumarkt-Sankt Veit weiterhin nicht möglich“, heißt es in einer entsprechenden Pressemitteilung.
Landrat möchte mehr Freiheit für die Kommunen
Landrat Max Heimerl meinte allerdings: „Ich plädiere dafür, dass Kommunen innerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich selbst über die Einführung von Tempo 30 entscheiden dürfen. Allerdings ist das nach der aktuellen Rechtslage nicht möglich.“
Bundesrat verhindert Erleichterung von Tempo 30 für Kommunen
Das Bundesverkehrsministerium hatte 2023 einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Einführung von Tempo 30 für Kommunen erleichtern sollte. Der Gesetzentwurf wurde aber im Bundesrat abgelehnt, sodass die Straßenverkehrsordnung nicht geändert werden konnte. Laut einer Pressemitteilung des ADAC kam das Scheitern für Bundesverkehrsminister Volker Wissing überraschend, weil „die Pläne im Vorfeld unter den Verkehrsministern von Bund und Ländern final abgestimmt gewesen seien“. Wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet, ging die Ablehnung anscheinend von unionsgeführten Ländern wie Bayern aus.