Von Neumarkt-St. Veit auf die Alm
„Der perfekte Ort, um Kraft zu tanken“: Stefanie Krahmers Leben als Teilzeit-Sennerin
Sennerin auf einer Alm; da haben viele das romantische Bild vor Augen, dass dort die Welt noch in Ordnung ist. Doch es bedeutet vor allem viel Arbeit, weiß Stefanie Krahmer. Die 46-Jährige aus Neumarkt-St.Veit hat sich einen langgehegten Traum verwirklicht.
Neumarkt-St.Veit – Eigentlich ist sie von Beruf Büroangestellte, doch ihr Arbeitgeber und ihre Familie gönnten ihr einen Tapetenwechsel. „Ich liebe die Tiere, die Berge, die Bewirtung und die Natur. Als ich das Angebot von einem guten Bekannten bekam, hierher zu gehen, war ich sofort begeistert. Heuer wird die Alm zum ersten Mal bewirtet und das von mir“, erzählt Stefanie Krahmer sichtlich stolz.
Sie arbeitet in den Sommermonaten als Sennerin auf der Baumgartner-Alm in Hinterwössen.
Die Baumgartner-Alm ist ein perfekter Ort, um seine „leeren Batterien wieder neu aufzuladen“. Hier ist die Welt tatsächlich noch heil. Natur pur, Berge, glückliche Rinder auf der Weide, herrliche Luft und ein gemütlicher Ort, der zum Rasten einlädt. Zu dieser Almidylle trägt seit August auch Stefanie Krahmer bei. Sie bewirtschaftet die Alm, versorgt aber auch Wanderer, die bei ihr vorbeikommen.
Almübliche Brotzeit von Herzen zubereitet
Deftige Festbraten und Fünf-Sterne Menüs darf man hier aber nicht erwarten, denn bei der Bewirtung gibt es strenge Vorschriften. „Ich darf den Wanderern nur etwas zu trinken, eine almübliche Brotzeit sowie Kaffee und Kuchen anbieten.
Für alles andere bräuchte man eine Schankgenehmigung“, erklärt sie. Sicher ist jedoch, dass ihre deftige Brotzeit und die süßen Kuchen von Herzen zubereitet werden.
Die Baumgartner-Alm ist urig und gemütlich. Direkt nebenan stehen das Jungvieh und die Färsen auf der Weide. Die Hobby-Sennerin kümmert sich neben der Bewirtung auch um 29 Rinder, die von drei verschiedenen Höfen stammen und von Anfang Juni bis etwa Ende September auf der Alm sind. „Es ist sehr wichtig, dass man jeden Tag die Anzahl der Tiere überprüft. Auch die Zäune müssen kontrolliert werden.
Man muss schauen, dass keine Tiere verletzt sind und sie immer genug frisches Wasser haben. Das Territorium muss abgelaufen und die Salzlecksteine müssen immer aufgefüllt werden. Den Tieren soll es ja gut gehen“, erklärt die Teilzeit-Sennerin.
Das Almleben ist einfach und ursprünglich
Das Leben auf der Alm ist sehr ursprünglich. Das Wasser kommt aus der Quelle, Strom gibt es nicht. Das Notstromaggregat wird tatsächlich nur zur Not eingeschaltet. Tagsüber hat man Licht und abends Kerzen.
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„Der Tag beginnt früh am Morgen und endet spät in der Nacht. In meiner Hütte steht ein Holzofen. Den heize ich als Erstes ein, wenn ich aufstehe. Das Wasser mache ich in einem Topf auf dem Herd warm“, erzählt Krahmer mit ihrer fröhlichen Art. „Natürlich muss ich noch einkaufen. Wenn ich zurück bin, pflücke ich ein paar Blumen, decke die Tische schön ein und bereite die Brotzeit für die Wanderer vor“, setzt sie fort.
Spezialität von Stefanie Krahmer ist ihr selbstgemachter Heumilchkäse
Die Produkte für ihre Brotzeit kauft sie täglich frisch im Dorf ein. Eine ihrer Spezialitäten ist ihr selbstgemachter Heumilchkäse. „Eine Sennerin hat mir mal gezeigt, wie man den herstellt. Es muss Heumilch sein, wegen des guten Geschmackes. Ich bin auch ein echter Molkefan. Molke mit einem Schuss Hollersirup oder frisch gepresstem Orangensaft schmeckt einfach köstlich und macht schöne Haut“, erklärt sie.
Die lange Hitzeperiode ist besorgniserregend
Aktuell sorgt die extrem lange Hitzeperiode für Wasserknappheit und Futtermangel. „Auf manchen Almen holen sie sogar schon die Kühe wieder runter“, erzählt Krahmer besorgt.
„Wir haben hier im Ort sehr viele Freunde. Ein Bekannter von der Nachbaralm füllt unsere Tanks immer mit seinem frischen Quellwasser auf“, setzt sie fort. Quellen sind überlebenswichtig, auch für die Tiere. Deshalb hoffen alle auf Regen.
Die Familie ist auch eingebunden
Unterstützung bekommt die fröhliche Sennerin von ihrem Mann Ralph (56) und Tochter Franziska (14). Gemeinsam verbringen sie so viel Zeit wie möglich in der Gemeinde Unterwössen. „Natürlich habe ich auf der Alm eine Menge zu tun, aber das Schöne überwiegt. Ich bin total glücklich hier. Die Natur ist der perfekte Ort, um Kraft zu tanken. Wie man sieht, braucht man nicht viel, um glücklich zu sein“, sagt die Neumarkterin strahlend.
Wie geht es zur Baumgartner-Alm
Start zur Baumgartner-Alm ist der Wanderparkplatz Hinterwössen, Taubenseestraße in 83246 Unterwössen. Das erste Schild ist bereits beim Parkplatz. Darauf abgebildet sind eine Kuh und die Aufschrift „Baumgartner Alm“. Diesen Schildern folgen. Zu Fuß dauert es etwa eineinhalb Stunden, bis man dort ankommt. Die Alm ist auch gut mit dem Fahrrad zu erreichen. Aufgrund der starken Steigungen haben es E-Bike-Radler jedoch einfacher. Ist man am Ziel, wird man mit einer traumhaft schönen Kulisse, einer herzlichen Begrüßung und leckeren Schmankerl belohnt.