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„Ich betrachte jeden Tag als Geschenk“

Mit Hexenhaus und Traktor: So reist Gustl Hänsch von Neumarkt-Sankt Veit bis zum Nordkap

IFA-Oldtimer-Fachmann Reinfried aus Braunsdorf (rechts) half Gustl Hänsch bei der Reparatur der Kopfdichtung. Sonst wäre in Sachsen Schluss mit dem Ausflug zum Nordkap gewesen.
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IFA-Oldtimer-Fachmann Reinfried aus Braunsdorf (rechts) half Gustl Hänsch bei der Reparatur der Kopfdichtung. Sonst wäre in Sachsen Schluss mit dem Ausflug zum Nordkap gewesen.

Gustl Hänsch ist Kunstschmied und hat einen Traum: „Ich will unbedingt einmal die Nordlichter sehen“, erklärt der 53-Jährige aus Kriegstätt (zwischen Lohkirchen und Neumarkt). Jetzt hat er seinen Plan in die Tat umgesetzt: Aber er hat sich noch ein paar Handicaps eingebaut.

Neumarkt-St. Veit – Mit 20 Stundenkilometern tuckert er auf einem 70 Jahre alten Traktor zum nördlichsten Punkt des europäischen Festlandes. Mit dabei hat er ein sechs Quadratmeter großes Hexenhaus aus Holz, in dem er lebt. Denn schließlich ist auch der Weg ein bisschen das Ziel: „Ich betrachte jeden Tag als Geschenk“, sagt der Mann, der seinen Glomustumor nicht operieren lassen will.

Dieser Tumor ist ein seltener Tumor, der im Bereich der Halsschlagader entsteht und meist gutartig ist. Er müsste in einer mehrstündigen OP mit örtlicher Betäubung entfernt werden; und das möchte Gustl Hänsch nicht. Er ist sich aber auch bewusst, dass ihm der Tumor irgendwann die Luft abdrücken kann.

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Der in rund einem Jahr selbst gebaute Aufbau des Anhängers wiegt knapp zwei Tonnen, verfügt über Dämmung und Schwedenofen sowie eine 1500-Watt-Solaranlage, von der Mikrowelle, Kühlschrank, Kochplatte und eine Kaffeemaschine ihren Saft bekommen. „Zur Sicherheit habe ich auch einen Zapfwellengenerator und zusätzlich einen Dieselgenerator“, erklärt der Lohkirchener Bastler über die von ihm erwartete Energieausbeute nördlich des Polarkreises.

Mit dem Gespann aus 70 Jahre altem IFA-Traktor und Zwei-Tonnen-Hexenhaus räumt Gustl Hänsch bei allen auf seinem Weg befindlichen Oldtimertreffen Preise ab.

Auch ist er inzwischen realistisch genug, dass er sein Ziel in diesem Jahr wohl nicht mehr erreichen wird, immerhin sind es rund 3500 Kilometer.

Die Reise ist in diesem Jahr nicht mehr zuende

Denn trotz eines erfolgreichen Probelaufs im vergangenen Jahr, bei dem Gustl Hänsch sein damals noch kleineres Gespann auf der deutschen Alpenstraße testweise übers 1400 Meter hoch gelegene Sudelfeld brachte, ist die Reise von Beginn an von Verzögerungen geprägt.

Gustl Hänschs Bekannte Isabella Panzer ist nicht nur Chirurgin am Klinikum Fichtelgebirge, sondern liebt auch Pferde. Sie begleitet das Gespann bei Oldtimertreffen.

So musste er beispielsweise die Reisepläne mit einem Kamerateam koordinieren, und nicht zuletzt muss das außergewöhnliche Gespann zahlreiche Veranstaltungen besuchen: Oldtimertreffen, eine Einladung zum IFA-Museum Nordhausen und es soll sogar ein Treffen mit Otto Waalkes am Pilsumer Leuchtturm stattfinden.

Harald Schmidt aus Baden-Württemberg zieht derzeit mit einem Deutz-Traktor einen fremdgebauten Hänger entlang der deutschen Grenze. Zum Zusammentreffen der ungleichen Konkurrenten kam es bei Hof.

„Ich treffe hier überall freundliche Leute“, erklärt Gustl Hänsch die Verzögerungen.

Viele helfenden Engel sind auf der Strecke

Noch wichtiger ist für ihn, dass alle nicht nur hilfsbereit, sondern viele auch versiert sind. Wie zum Beispiel Reinfried aus Braunsdorf, der ihm bei der Reparatur der Kopfdichtung half. Überhaupt war der IFA Club Vogtland recht hilfreich: „Christoph und Sven haben auch gleich noch den Auspuff repariert“, erinnert sich der Reisende.

Christoph und Sven vom IFA-Fanclub in Plauen halfen dem Abenteurer aus Neumarkt-St.Veit bei einem schwerwiegenden Motorproblem.

Schon zuvor hatte Gustl Hänsch bei Kemnath in der Oberpfalz einmal keinen gelben, sondern vielmehr einen goldenen Engel: Der Wirt der gleichnamigen Wirtschaft in Schönreuth, Franz-Josef Bauer, den er beim Oldtimertreffen in Oberwappenöst kennengelernt hatte, ließ alles liegen und stehen, um ihm eine Speiche am Lenkrad zu schweißen.

Verkehrsrowdies zwingen Hänsch auf die Radwege

Leiten lässt sich der Abenteurer aus Neumarkt-St. Veit von der Navigation seines Smartphones. Inzwischen vornehmlich über Straßen, die als Fahrradwege gekennzeichnet sind. Schließlich hat der Oldtimerfahrer auf normalen Straßen schon unliebsame Begegnungen gehabt: Bereits zweimal wurde das Gespann von überholenden Kastenwägen touchiert, die es offenbar sehr eilig hatten: „Ich hab da richtig die Schläge am Lenkrad gespürt“, erinnert sich Gustl Hänsch an die beiden Verkehrsrowdys, die nicht einmal angehalten haben.

Nach Netzausfall stundenlang im Kreis gefahren

Doch auch die Lösung mit den Radwegen hat so ihre Tücken: „Am Weißenstätter See im Fichtelgebirge ist mir das Netz ausgefallen, und dann bin ich stundenlang im Kreis gefahren“, erinnert sich Gustl Hänsch, als er schon fürchtete, dass dem 50-Liter-Tank der Treibstoff ausgeht. Doch aus der Bredouille half ihm ein aufmerksamer Revierförster, der ihn wieder auf den rechten Weg brachte.

Davon, dass sein Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird, auch wenn es erst im nächsten Jahr wäre, ist der Kunstschmied dennoch überzeugt. Auch seine Frau Kathrin, die zuhause in Lohkirchen derweil Nandus, Gänse, Hühner, Katzen, Enten und Hunde hütet, hat zwar vor allem vor der Zeit, in der ihr Mann dann in Norwegen unterwegs sein wird, „schon a bissl Düse“. Dennoch plant sie bereits, ihrem Gustl zum Nordkap hinterher zu reisen und mit ihm im Hexenhaus die Nordlichter zu bewundern.

hsc

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