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Urteil am Amtsgericht Mühldorf

Schnitzel, Bier und Schnaps nicht gezahlt: Zechpreller wegen 40 Euro vor Gericht

Weil er in Neumaerkt-St. Veit sein Schnitzel nicht gezahlt hatte, landete ein Pensionist vor dem Amtsgericht in Mühldorf. Es war nicht seine erste Zechprellerei.
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Weil er in Neumarkt-St. Veit sein Schnitzel nicht bezahlt hatte, landete ein Pensionist vor dem Amtsgericht in Mühldorf. Es war nicht seine erste Zechprellerei.

Am Ende ging es nur um 40 Euro. Weil ein Mühldorfer Pensionist in einem Lokal in Neumarkt-St. Veit die Zeche geprellt hatte, stand er nun in Mühldorf vor Gericht.

Neumarkt-St. Veit – Ein Schnitzel, dazu drei Bier, zwei Whiskey-Cola und ein Schnapserl. Mehr war es nicht, was ein Pensionist aus Mühldorf in einem Wirtshaus in Neumarkt-St. Veit verzehrt hatte. Als er die Rechnung begleichen wollte, verweigerte das Lesegerät die Zahlung mit der EC-Karte. Also wollte der Mann sein Glück an einem Geldautomaten versuchen. Er kam aber nicht zurück. Der Wirt zeigte ihn wegen Zechprellerei an. Jetzt musste sich der Mühldorfer vor dem Amtsgericht Mühldorf verantworten.

Rechtsanwalt Steffen Thoms stellte gleich zu Beginn klar, dass er für seinen Mandanten auch als Betreuer abgestellt wurde, um die wirtschaftlichen Verhältnisse von Hans M. (Name von der Redaktion geändert) zu ordnen. Er könne schlichtweg nicht mit Geld umgehen. Im Gerichtssaal war von Schulden in Höhe von 20.000 Euro die Rede.

Schulden und keine Vermögenswerte

Zwar erhalte der frühpensionierte Wachmann eine Pension in Höhe von 1850 Euro, besitzt ein Eigenheim und generiert Mieteinnahmen von monatlich 400 Euro. „Damit kann man eigentlich ein schönes Leben führen“, meinte Rechtsanwalt Thoms. „Aber er hat die Kontrolle über die Finanzen verloren. Am Ende ist die Immobilie dran, aber die ist ziemlich verwahrlost und vermüllt“, da sei nicht viel zu holen, erklärte der Rechtsanwalt die klamme Lage seines Mandanten.

Es war es nicht das erste Mal, dass der Mann aus Mühldorf strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Wegen Trunkenheitsfahrt und Betrug – ein nicht bezahlter Kasten Bier im Supermarkt, Weißwürste in Burghausen und Weißbier in einem Fitnessclub – musste er sich bereits verantworten. Weil er die Geldstrafen nicht bezahlen konnte, nahm er stattdessen eine Haftstrafe in Kauf, saß 21 Tage in der Justizvollzugsanstalt Erding ein. „Des war ned schee“, meinte Hans M.

Langjährige Alkoholabhängigkeit

Warum der Angeklagte Probleme im Umgang mit seinen Finanzen hat, liegt wohl auch an seiner langjährigen Alkoholabhängigkeit, die laut psychiatrischem Gutachten kognitive Beeinträchtigungen nach sich gezogen habe. Ein verfestigtes Korsakow-Syndrom wurde bei dem Pensionisten diagnostiziert.

Angedudelt ins Wirtshaus rein

„Angedudelt“, wie er selbst sagte, sei er auch Ende September 2024 gewesen, als er sich in dem Wirtshaus in Neumarkt-St. Veit ein Mahl genehmigt hatte. Das wollte er mit seiner EC-Karte zahlen, aber das Lesegerät wollte die Karte nicht anerkennen. Hans M. sei sich sicher gewesen, dass Geld auf dem Konto gewesen sei, verstehe deswegen nicht, warum die EC-Karte im Wirtshaus nicht funktioniert habe. Rechtsanwalt Thoms klärte aber auf, dass das Konto ständig überzogen gewesen sei, der Dispo-Rahmen deswegen bereits auf 500 Euro gesenkt wurde.

Hans M. machte sich auf dem Neumarkter Stadtplatz auf den Weg, um Geld aus einem Geldautomaten zu ziehen. „Aber in meinem Sure habe ich keine Bank gefunden“, verteidigte der Pensionist. Er wisse nicht einmal, wie er heimgekommen sei. Dass er beim Wirt in Neumarkt noch eine Rechnung offen hatte, insgesamt 40 Euro, kümmerte ihn nicht weiterhin.

Wohl aber den Wirt, der es nicht schwer hatte, den Zechpreller ausfindig zu machen. Schließlich habe Hans M. Jacke und Geldbörse bei ihm im Lokal gelassen. Nachdem sich der Mann nicht mehr gemeldet habe, habe er Anzeige erstattet. „Warum haben Sie denn nicht im Nachhinein gezahlt?“, wollte Richter Florian Greifenstein nun wissen. „Er hod mi ozoagt, dann hab i nimma meng“, erklärte er.

Immerhin beglich der Angeklagte die Rechnung im Gerichtssaal. Selbst hatte er zwar kein Geld dabei, aber Rechtsanwalt Thoms zog einen 50-Euro-Schein aus der Tasche und legte diesen auf den Tisch. „Können Sie herausgeben?“, fragte Richter Greifenstein den geprellten Wirt. Der schüttelte den Kopf, steckte das Geld dann aber ein, nachdem ihm der Rechtsanwalt das vermeintliche Wechselgeld als „Zinsen“ zugestanden hatte.

Wenn die EC-Karte nicht funktioniert, ist das kein Betrug

Richter Greifenstein beurteilte die Situation als schwierig. Denn die Tat von Hans M. werde durch ein Krankheitsbild überlagert. Es gebe Gutachten, es gehe um Betreuungsbedürftigkeit, Amnesie, letztlich um verminderte Intelligenz als Folge von Alkohol. Wenn die EC-Karte nicht funktioniert, dann sei es kein Betrug, meinte Greifenstein, der sogar ein Gutachten ins Spiel brachte, um Klarheit über die Schuldfähigkeit von Hans M. zu erlangen.

Rechtsanwalt Thoms nahm Bezug zur Korsakow-Erkrankung. Wahrscheinlich seien bereits vorherige Taten im krankhaften Zustand erfolgt. Ein Gutachten für 2.000 Euro, um darauf Antworten zu erhalten, stehe aber nicht im Verhältnis zu den geprellten 40 Euro.

Heftige Forderung der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft erkannte eine sehr geringe kriminelle Energie an. Alkoholbedingt habe eine Enthemmung stattgefunden, der Schaden sei nicht hoch und auch eine Wiedergutmachung sei inzwischen erfolgt. Einschlägige Vorstrafen, drei Stück, von Betrug und Diebstahl würden allerdings gegen ihn sprechen. Schließlich forderte die Staatsanwältin eine Strafe von 50 Tagessätzen zu jeweils 60 Euro. Außerdem habe er die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Rechtsanwalt Thoms hingegen plädierte auf Freispruch, berief sich auf zahlreiche psychiatrische Diagnosen. Sein Klient habe nicht unerheblich Alkohol konsumiert.

Betrugsabsicht nur schwer zu beweisen

Greifenstein sprach Hans M. frei. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Für Greifenstein hatte sich nur die Frage gestellt: Hat er vorsätzlich gehandelt? „Das würde heißen, dass er in ein Lokal geht, isst, trinkt und Zahlungswilligkeit vorgaukelt. Doch diese Absicht kann man dem Angeklagten schwer nachweisen.“ Auch aufgrund der Korsakow-Erkrankung sei eine Betrugsabsicht nur schwer zu beweisen.

Zum Schluss noch ein Tipp vom Richter

Greifenstein gab dem Angeklagten noch etwas mit auf den Weg: „Wenn Sie das nächste Mal in ein Wirtshaus gehen, dann bitte vorher dreimal in den Geldbeutel hineinschauen.“ Dieser zeigte sich reumütig. Ab jetzt werde zu Hause gekocht. „Ins Wirtshaus geh ich nur noch, wenn ich Bargeld habe. Wenn ich keins habe, dann kann ich auch nicht hingehen. Das ist doch logisch!“

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