Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Verwaltungsdirektorin gibt Bürgermeistern Tipps

Klimaschutz ist Wasserschutz: Das fängt beim Duschen an und hört beim Schutz des Tiefenwassers auf

Kanne ergießt sich über Blumen
+
Pflanzen brauchen keine Dusche. Es ist besser für sie, wenn das Gießwasser direkt an die Erde über ihre Wurzeln gegeben wird.

„Das, was wir erleben, ist der Klimawandel – und es ist erst Wandel!“ Warnende Worte richtete Dr. Juliane Thimet, Verwaltungsdirektorin vom Bayerischen Gemeindetag, bei der Bürgermeisterversammlung an die Vertreter der Kommunen im Landkreis Mühldorf. Ihr Hauptaugenmerk: das Trinkwasser.

Mühldorf/Neumarkt-St. Veit – „Klimaschutz ist Wasserschutz!“ Diese Feststellung traf die Verwaltungsdirektorin vom Bayerischen Gemeindetag gleich zu Beginn ihrer Ausführungen im Kulturbahnhof von Neumarkt-St. Veit, auch im Hinblick auf aktuelle Diskussion um die kommerzielle Nutzung von Tiefenwasser und die zunehmende Trockenheit. „Das Tiefengrundwasser gehört nicht nur in eine Schatztruhe, sondern in einen Tresor!“, fand sie. Der Freistatt Bayern hätte sich laut Thimet zum Ziel gesetzt, die Entnahmen aus dem Tiefbrunnen zurückzuführen. Denn: 20 Prozent des in Bayern von den Wasserversorgern zur Verfügung gestellten Wassers wird bereits aus dem Tiefengrundwasser entnommen.

Wenn es um Grundwasserschutz geht, hat Thimet eine klare Meinung. Schon bei Einzugsgebieten zu Wasserschutzgebieten sollte die Landwirtschaft ausgeklammert werden. „Die Landwirtschaft hat in Vorranggebieten zur Wasserversorgung nichts zu suchen!“ Sie brachte in diesem Zusammenhang auch Zahlen: 88 Prozent des Nitrateintrags im Wasser kommt von der Landwirtschaft. 400 Schutzgebietsverfahren würden seit Jahren feststecken. Die Folge sei, dass die Wasserschutzgebiete weiterhin zu klein sind. Eine konkrete Zahl: Nur 5,07 Prozent der Landesfläche in Bayern ist als Wasserschutzgebiet ausgewiesen.

„Es gibt keinen kontinuierlichen Regen und uns geht der Schnee aus“, kam Thimet auf die ausbleibenden Niederschläge zu sprechen, die jetzt schon vielerorts eine signifikante Absenkung des Grundwasserpegels zur Folge haben. Seit 2003 seien die Grundwasserstände circa zwischen 20 und 25 Prozent gesunken, verwies Thimet auf einen ihrer Fachbeiträge, den sie beim Bayerischen Gemeindetag veröffentlicht hat.

Wie aber Wasser speichern? Hier erwähnte Thimet den Begriff Schwammstadt (englisch Sponge City). Dabei handelt es sich um ein Konzept der Stadtplanung, möglichst viel anfallendes Regen- beziehungsweise Oberflächenwasser vor Ort aufzunehmen und zu speichern, anstatt es zu kanalisieren und abzuleiten. Auf diese Weise können Überflutungen bei Starkregen-Ereignissen vermieden beziehungsweise verringert werden. In Fachkreisen heißt es dazu, dass damit das Stadtklima verbessert und die Gesundheit von Stadtbäumen sowie die Resilienz von gesamten Stadtökosystemen gefördert würde.

Entnahmemengen kontrollieren

Die Grundwasserneubildung sei das eine, eine Kontrolle beziehungsweise Reduzierung der Entnahmemengen, zum Beispiel für die kommerzielle Nutzung von Wasser das andere. Hier setzte eine Zwischenfrage von Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger (UWG) an, der damit die zuletzt viel diskutierte Nutzung von Tiefenwasser in den Fokus rückte. „Welcher Anteil wird tatsächlich als Trinkwasser verwendet? Was für ein Instrument spielt die Ernährung? Das sollte doch zukünftig der Maßstab sein, wie unser Tiefenwasser, vor allem unser wertvolles Wasser verwendet wird.“

Kronberger warf den Medien vor, dass Unternehmertum gegen die öffentliche Wasserversorgung ausgespielt werde. Dabei wäre ihm „daran gelegen, dass Sie klar und deutlich sagen, wie entscheidend es ist, wofür wir unser Wasser verwenden, wenn es für die Ernährung genau so viel wert ist wie für Toilettenspülung, zum Autowaschen oder für sonst was.“

Thimet erwiderte: „Das Allerwichtigste ist, dass die Bevölkerung versteht: Wir bieten Wasser in Trinkwasserqualität. Aus keiner Leitung kommt etwas anderes raus als Trinkwasser!“ Die gewerbliche Nutzung sei in Ordnung. „Aber wenn es knirscht, muss die öffentliche Versorgung beziehungsweise die Bevölkerung Vorrang haben!“ Ganz klar sagte sie, dass die Entnahmemengen in der derzeitigen Form nicht fortzusetzen seien, man müsse reduzieren. Ihre Gegenfrage: „Wo kann man anstatt Tiefengrundwasser Brauchwasser nutzen? Wo Nitratwerte überschritten sind, könne immer noch das Vieh getränkt werden.“ Das Schlagen neuer, privater Brunnen – davon hält Thimet nicht viel. „Jeder neue Brunnen durchlöchert den Untergrund, öffnet die Tür für Dinge, die da nicht hingehören.“ Beim Thema Wasserkonsum müsse die Bevölkerung sensibilisiert werden: „Man muss sich nicht sieben Tage die Woche duschen!“

„Man muss sich nicht sieben Tage die Woche duschen!“

Dr. Juliane Thimet

Eine dezentrale Wasserversorgung, Fernwasserleitungen könnten Defizite ausgleichen. Doch eine solche Infrastruktur sei teuer. „Wir bräuchten zweistellige Milliardensummen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten!“ Die Fernversorgung schränke möglicherweise den Handlungsspielraum ein. Sie konkretisierte dies am Beispiel der Stadt Miesbach, die ein Gewerbegebiet ausweisen möchte, dies aber nicht könne, weil die Landeshauptstadt München das Wasser benötige.

Denn eines sei klar: Wasser wird weniger, es ist kostbar. „Und mit etwas Kostbarem muss ich wertschätzend umgehen. Wir haben genug um zu trinken, aber nicht genug, um alles damit zu tun!“

Der „Bruder der Trockenheit“: Starkregen

Bei ihrem Vortrag kam Dr. Thimet auf den „Bruder der Trockenheit“ zu sprechen: Starkregen. „Es regnet nicht mehr schön langsam, man muss mit Sturzfluten rechnen und vollgelaufenen Kellern.“ Man müsse daher einen Blick auf die Versiegelung werfen und nach Lösungen suchen, das Wasser auf dem Grundstück zu halten, etwa durch Zisternen. Gemeinden seien zuständig für die Rückhaltung von Niederschlagswasser in Siedlungsgebieten, möglicherweise seien Nachbesserungen nötig, um das Wasser in Rückhaltebecken zu konzentrieren. Hier könne man mit einer Förderung vom Freistaat rechnen.

Die Regenrückhaltung sollte bei künftigen Projekten idealerweise im Bebauungsplan festgehalten werden, die Erschließung mit den Bauwerbern entsprechend abgerechnet werden. Man müsse Investoren auf die Finger schauen, dass eine vernünftige Rückhaltung gewährleistet ist. „Wenn ein Problem nicht lösbar ist, dann gibt es keine Planung. Ende!“ Diese Zügel hielten die Gemeinden in der Hand. Bei Nachbesserungen sei es nötig, dass Gemeinden die rechtlichen Instrumente in die Hand gereicht bekommen, um an Grundstücke außerhalb der Baugebiete zu kommen und durch Rückhaltungsmaßnahmen Privateigentum vor den Wassermassen zu schützen.

Kommentare