Sicherheit für Mensch und Insekt
Wenn Wespen lästig werden – Wespenberaterin Leah Reiter hat gute Tipps parat
Wenn Wespen auftauchen, kann eine Gartenparty schnell vorbei sein. Wie man sie fernhalten kann und wie man am besten mit ihnen umgeht, weiß Leah Reiter. Sie ist Wespenberaterin im Landkreis Mühldorf.
Mühldorf – Sich gemütlich ein Stück Obstkuchen auf der heimischen Terrasse oder im Straßencafé schmecken lassen, das ist eine der schönsten Seiten des Sommers. Wenn nur nicht die Wespen wären, die sich momentan in Heerscharen auf Kuchen und alles Süße stürzen, das im Freien genossen wird. Nicht jeder kann da ruhig bleiben, die meisten Menschen versuchen, mit hektischem Gewedel das Insekt zu vertreiben. Aus Angst, gestochen zu werden.
Was passiert, wenn man Wespen in die Quere kommt und sie sich bedroht fühlen, hat wohl jeder schon mal am eigenen Leib verspürt. Auch die Schreiberin dieses Artikels kassierte heuer sechs Erdwespen-Stiche auf einen Streich. Sie war ihnen beim Einsammeln von Äpfeln wohl zu nahe gekommen, oder gar aufs Nest getreten? Auf jeden Fall haben sie sich und ihr Revier im Rudel verteidigt. Die geschwollenen, juckenden Stichstellen wirkten noch einige Tage schmerzhaft nach.
Wespenberater sind im Landkreis aktiv
Wer im Landkreis Mühldorf ein Wespen- oder Hornissennest in Haus oder Garten hat und sich von den Insekten bedroht fühlt, kann sich Hilfe holen. In der Mühldorfer Kreisgruppe des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz (LBV) bietet die stellvertretende Vorsitzende Leah Reiter eine Wespen- und Hornissenberatung an. Sie ist auch Wespen- und Hornissenberaterin des Landkreises Mühldorf. Insgesamt sieben dieser Berater können über das Landratsamt angefordert werden.
„Heuer ist ein gutes Wespenjahr“
Bis Anfang August hatte Reiter schon 40 Einsätze, andere Berater schon an die 100: „Heuer ist ein gutes Wespenjahr, weil es so trocken ist. Optimale Bedingungen für Wespen.“ Na toll. Erst jede Menge Mücken, weil es so feucht war und jetzt viele Wespen, weil es trocken ist. Die Insekten fühlen sich wohl, es leidet der Mensch. „Dafür haben wir heuer weniger Hornissen“, schiebt Reiter als kleinen Trost hinterher.
Nicht rumfuchteln, nicht anpusten
„Ruhe bewahren“ ist der grundlegende Tipp, den Leah Reiter allen gibt, die von Wespen umschwirrt werden. „Nicht rumfuchteln, nicht danach schlagen und nicht anatmen oder wegpusten.“ Das CO2 im menschlichen Atem lässt die Tiere auf Angriff schalten. Wer den heimischen Kaffeetisch wespenfrei halten will, sollte es mit Nelkenöl aus der Apotheke in einer Duftlampe versuchen. „Diesen Geruch mögen sie gar nicht“, die Beraterin nutzt das Öl selbst. Ebenso hilfreich sei es, den Ort, wo man sich aufhalten will, mit einem Gemisch aus Wasser und Nelkenöl per Sprühflasche zu beduften. Auch wer den Wespen an abgelegener Stelle eine Ersatzfütterung mit süßen Sachen anbietet, dürfte ungestört bleiben.
Acht Wespenarten sind in Bayern heimisch. „Nur zwei davon werden lästig“, so Reiter. „Die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe. Und nur die Weibchen stechen.“ Aufdringlich werden die Hautflügler meist ab August. Dann haben sie ihre Brut aufgezogen und sind auf der Suche nach Zucker und Kohlenhydraten für sich selbst.
Friedliches Nebeneinander ist möglich
Sie hat festgestellt, dass viele Menschen unnötig große Angst vor Wespen haben. Deshalb meinen viele auch, die Beraterin würde das Nest bei ihrem Besuch sofort entfernen und mitnehmen. „Das ist aber meistens gar nicht nötig“, erklärt sie. Denn viele Nester seien weit genug von menschlichen Aufenthaltsorten entfernt, stellen keine Gefahr dar. „Friedliche Koexistenz ist möglich“, weiß sie. „Oft reicht es schon, die Flugbahn zum Nest mit einem Stück Karton umzuleiten, damit sich Mensch und Wespe nicht in die Quere kommen.“
So werden Sie Wespenberater
Wer ehrenamtlicher Wespenberater werden will, kann sich an Benedikt Schwarzfischer, Telefon 08631/699378, benedikt.schwarzfischer@lra-mue.de oder Barbara Bauer, Telefon 08631/699324, barbara.bauer@lra-mue.de wenden. Es gibt keine Altersgrenze und es braucht keine speziellen Vorkenntnisse. Ein zweitägiger Lehrgang an der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) vermittelt theoretisches Grundwissen zu Biologie und Lebensweise der Insekten sowie artenschutzrechtlichen Bestimmungen. Zusätzlich stellen erfahrene Berater die Praxis vor.
„Nur, weil eine Stichstelle anschwillt, ist man längst nicht allergisch“, gibt Leah Reiter zu bedenken. Auch wer eine Bienengiftallergie hat, reagiere nicht automatisch allergisch auf Wespenstiche.
Schwellung ist keine Allergie
Besteht aber tatsächlich eine Wespenallergie oder ist ein Nest allzu nah am Menschen gebaut, dann kann dieses Nest auch umgesiedelt werden. „Dazu wird das Nest abgeschnitten und in eine Kiste gepackt, die Wespen werden sanft mit in die Kiste gesaugt und mit dieser an einem anderen Ort aufgehängt, wo sie niemanden stören“, Reiter hat schon bei solchen Umsiedlungen assistiert, wird sie in Zukunft auch selbst durchführen.
Beraterin wurde im Einsatz noch nie gestochen
Sie selbst wurde bei einem Beratungseinsatz noch nie gestochen. Stellt sich zum Beweis, dass Wespen kein Interesse an Menschen haben, wenn man sie in Ruhe lässt, gerne einen Meter neben dem Nest auf.
Das Töten von Wespen ist strafbar
Wer ein Wespen- oder Hornissennest zerstört oder beseitigt, macht sich strafbar. Denn die Insekten sind streng geschützt. Chemische Vernichtungssprays gibt es zwar in jedem Baumarkt, aber ihr Einsatz ist mehr als fragwürdig. „Erstens ist das Töten der Wespen verboten, zweitens weiß man auch nicht, wie dieses Gift auf den Menschen wirkt“, betont Reiter. „Eine Atemschutzmaske wird wohl kaum einer beim Sprühen aufsetzen.“
Und welchen Nutzen haben Wespen?
Wozu sind Wespen eigentlich gut? „Sie fressen Stechmücken und andere Insekten, Raupen, aber auch Aas“, zählt Leah Reiter auf. Deshalb würden sie auch Waldpolizei genannt. „Und, was die meisten nicht wissen, Wespen leisten jede Menge Bestäubungsarbeit. Sie sind also sehr wichtig für unser Ökosystem.“


