Zu faul zum Lernen
Betrugsversuch in Mühldorf: So oft tricksen Führerscheinanwärter - und diese Strafen drohen
Die Polizei hat Ende November einen Betrüger und seine Gehilfen bei der Führerscheinprüfung in Mühldorf festgenommen. Kein Einzelfall. Denn deutschlandweit nahmen Betrugsversuche 2023 zu. Wie der Täuschungsversuch aufflog und welche Strafe Betrügern droht.
Mühldorf – Ein wenig spektakulär war es schon, als die Polizei mit Unterstützungskräften der Zivilen Einsatzgruppe und des Einsatzzuges Traunstein anrückte. Einen Einsatz dieser Art hatte man in der Führerscheinprüfungsstelle an der Nordtangente in Mühldorf noch nicht erlebt.
Ein Serbe aus Thüringen hatte einen Afghanen aus Burghausen mit technischem Gerät so ausgestattet, dass er diesem die richtigen Lösungen der Prüfungsfragen vorsagen konnte. Drei weitere Männer waren an der Tat beteiligt. Nachdem der Prüfling bestanden hatte, flog der Schwindel auf, der Mann wurde festgenommen.
Täuschungsversuche deutschlandweit auf Rekordhoch
„Das war der einzige bekannte systematische Betrugsversuch im Landkreis Mühldorf im ganzen Jahr”, sagt Philipp Schönstein. Er ist als Leiter Fahrerlaubnis beim TÜV Süd für das Marktgebiet Oberbayern Nord zuständig. Deutschlandweit erreichte die Zahl der Täuschungsversuche 2023 dagegen ein Rekordhoch.
In Mühldorf bisher eher „dilettantische“ Betrugsversuche
Auch in Mühldorf kommt es immer mal wieder vor, dass ein Handy vibriert, klingelt oder vom Prüfling in die Hand genommen wird. „Die Prüfung ist dann sofort vorbei”, sagt Schönstein. Schließlich werde vorab mündlich und schriftlich darauf hingewiesen, Handys vor der Prüfung auszuschalten. „Aber das sind alles relativ dilettantische Täuschungsversuche.”
Die Polizei steht dann nicht vor der Tür. Stattdessen entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde, wie es weitergeht. Bis zu neun Monate kann sie den Führerscheinanwärter von der Theorieprüfung ausschließen. Bei einem klingelnden Handy seien es in der Regel nur ein paar Wochen.
Auf diese Mittel greifen Betrüger zurück
Neben Betrug mittels Technik gebe es auch die sogenannte Stellvertreterprüfung, bei der sich jemand anderes als der angemeldete Prüfling ausgibt. „Das hatten wir in Mühldorf allerdings noch gar nicht.” Auch Betrugsversuche durch Spickzettel sind Schönstein nicht bekannt. „Da habe ich ehrlich gesagt auch meine Zweifel – mit Stift und Papier, das macht doch heute kein Mensch mehr.” Die Prüfung selbst findet an Tablets statt.
„Was Betrugsversuche angeht, gibt es ein großes Gefälle zwischen Stadt und Land”, betont Schönstein. Die meisten Täuschungsversuche fänden in größeren Städten statt. Auch die Polizei Mühldorf teilt auf Anfrage mit, dass es beispielsweise in Ingolstadt oder Landshut schon mehrere Ermittlungsverfahren gab. Für sie ist es dagegen der erste Betrugsfall, bei dem sie ermitteln.
Sprachkenntnisse keine Ausrede
Betrugsversuche ziehen sich laut Schönstein durch alle gesellschaftlichen Schichten: egal ob männlich oder weiblich, jung oder alt, Muttersprachler oder mit Sprachbarriere. „Ein Kollege hat mir einmal von einer 17-Jährigen erzählt, die perfekt Deutsch spricht – sie war einfach zu faul zum Lernen.”
Sprachkenntnisse lasse er aber so oder so nicht als Ausrede gelten. „Schon seit Jahren kann man die Prüfung in mehr als zehn verschiedenen Sprachen ablegen”, erklärt Schönstein. Und es sollen weitere hinzukommen.
Wer durchfällt, kann Theorieprüfung unbegrenzt wiederholen
Doch nichtsdestotrotz sei die Nichtbestehensquote bei der Führerscheinprüfung in den letzten 10 bis 15 Jahren gestiegen, das würden der Bayerische und der Deutsche Fahrlehrerverband kommunizieren, so Schönstein. Eine Anfrage des OVB an die Verbände blieb unbeantwortet.
In Oberbayern Nord fielen im vergangenen Jahr 38 Prozent durch die Theorieprüfung und 30 Prozent durch die praktische. „Das ist keine hohe Quote”, sagt Schönstein. Wer durchfällt, kann die Theorieprüfung innerhalb eines Jahres unbegrenzt wiederholen. Nur die Prüfungsgebühr in Höhe von jeweils 22,49 Euro wird dann erneut fällig. Da die Fahrschulen häufig zusätzliche Gebühren für die Anmeldung verlangen, liege der tatsächliche Preis in vielen Fällen zwischen 50 und 60 Euro.
Sollte ein Prüfling auch nach einem Jahr nicht bestanden haben – was immer wieder vorkomme – müsse er einen neuen Antrag stellen und die Unterrichtsstunden in der Fahrschule erneut besuchen.
Prüfungsteilnahme deutschlandweit möglich – aber unüblich
Im Falle des aufgeflogenen Afghanen und seiner Komplizen war auffällig, dass er darauf bestand, die Theorieprüfung in Mühldorf abzulegen – obwohl er genauso gut nach Altötting oder Burghausen hätte gehen können.
Grundsätzlich kann jeder Prüfling deutschlandweit an der Theorieprüfung teilnehmen. Da dies allerdings nicht üblich ist, ruft es die Prüfer dazu auf, genau hinzuschauen. Denn die Fragen sind überall gleich.
Dies führte dazu, dass die Polizei eingeschaltet und dem Afghanen die Bescheinigung über die erfolgreiche Prüfungsteilnahme direkt wieder entzogen wurde. Gegen ihn und seine Gehilfen wird wegen Verdachts der Mittelbaren Falschbeurkundung sowie wegen Beihilfe zur Mittelbaren Falschbeurkundung ermittelt.