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Erste Mühldorfer Firmen tanken bereits damit

Ein sauberer Wunder-Diesel? Was der neue synthetische Treibstoff HVO kann – Hier wird er genutzt

Hier fließt nur noch HVO: Betriebsleiter Christian Großen hat die gesamte Flotte des Zimmermann-Werks in Ampfing auf den umweltfreundlichen Diesel-Ersatz umgestellt.
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Hier fließt nur noch HVO: Vertriebsleiter Christian Großen hat die gesamte Flotte des Zimmermann-Werks in Ampfing auf den umweltfreundlichen Diesel-Ersatz umgestellt.

Diesel aus 100 Prozent erneuerbaren Rohstoffen und mit 90 Prozent weniger CO₂-Ausstoß: HVO 100 heißt der Kraftstoff, der die saubere Alternative zum Diesel sein soll. Diese Firmen aus dem Landkreis Mühldorf schwören auf den neuen Wunder-Diesel.

Mühldorf – Thomas Größlinger hält ein kleines Fläschchen mit einer durchsichtigen Flüssigkeit in der Hand. Der Inhalt riecht nach Kraftstoff. In diesem Fall HVO 100, eine Flüssigkeit, die bisher lediglich als Beimischung zu fossilem Diesel auf den Markt gebracht werden durfte. Seit dem 29. Mai 2024 dürfen ihn Tankstellen aber auch in seiner Reinform verkaufen. „Wir tanken mittlerweile unsere ganze Flotte mit HVO“, erzählt Größlinger, Inhaber des Baufirma Palitza in Mühldorf. Sein Hauptargument: Einsparung von bis zu 90 Prozent Kohlendioxid.

Immer offen für neue Technologien

Größlinger ist nicht der einzige. „Die Baubranche hat in Sachen CO₂-Ausstoß nicht das beste Image. Besonders die Zementherstellung ist sehr aufwendig. Die Frage war also, wie man Kohlendioxid-Ausstoß verringern kann“, sagt Christian Großen. Der Vertriebsleiter von Zimmermann Beton in Ampfing ist auf HVO 100 gestoßen, um die Klimabilanz des Fuhrparks an den Standorten in Ampfing und Forstern zu verbessern.

40 Fahrzeuge – 30 Lastwagen, fünf Sattelschlepper und fünf Lader – verbrauchen bis zu 400.000 Liter Diesel pro Jahr. Wenn HVO 100 das hält, was es verspricht, wäre das eine CO₂-Reduzierung von fast 1.200 Tonnen. „Eine solche Einsparung ist in unserer Branche alternativlos.“

Die Investitionskosten liegen bei Null

Seit Jahreswechsel fährt der Schwerlastverkehr mit dem regenerativen Diesel. „Bisher alles einwandfrei“, berichtet Großen, der zugibt, dass er anfangs skeptisch gewesen sei. Doch er hat recherchiert, Erkundungen eingeholt bei Gewerbetreibenden, die schon länger auf HVO vertrauen, und ersetzte dann den herkömmlich Diesel durch den neuen Kraftstoff.

Die Schwerlastfahrzeuge von Zimmermann Beton: E-Mobilität scheidet aus wirtschaftlichen und infrastrukturellen Gründen komplett aus. In der Firma setzt man stattdessen auf HVO.

Investitionskosten? „Gleich null!“, sagt Großen. Der Kraftstoff ist mit den bestehenden Dieselmotoren vollständig kompatibel, ohne dass eine Umrüstung nötig wäre. Der Preis pro Liter liegt laut ADAC etwa 20 Cent über dem für Diesel.

„Eine funktionierende Alternative“, findet Großen, auch zur Elektro-Mobilität, die er in der Branche nicht für umsetzbar hält. Schon die Anschaffung solcher Fahrzeuge würde in die Millionen gehen, dazu die fehlende Infrastruktur und lange Ladezyklen.

Elektromotoren im Schwerverkehr keine Alternative

Vorteil des neuen Diesels sei, dass er sauberer und geruchsärmer verbrennt. Auch das Bundesverkehrsministerium wirbt deshalb für den regenerativen Kraftstoff, weil „die lokale Umweltbelastung in Städten und Kommunen reduziert wird“. Großen kann das nur bestätigen, verweist auf den Bau einer geschlossenen Lagerhalle: „Es ist ein angenehmeres Arbeiten ohne die Abgase, wie man sie früher gewohnt war!“

Bauunternehmer Thomas Größlinger hat den fossilen Diesel gegen HVO eingetauscht und es bislang nicht bereut.

So was spricht sich rum, in der Branche. Und so ist Großen mit seinen Berichten auch bei Thomas Größlinger auf offene Ohren gestoßen. „Auch ich hatte ordentliche Zweifel, ob das alles so stimmt, wie es angepriesen wird!“

Die Verbraucherzentrale wird ähnlich konkret zum neuen Ökodiesel, der das Potenzial habe, einen bedeutenden Beitrag zur Reduktion von CO₂-Emissionen im Verkehr zu leisten. „Wenn es aus nachhaltigen Quellen stammt und umweltfreundlich produziert wird“, gibt es eine Absage an Diesel aus Palmöl. Um Greenwashing zu vermeiden, sollten die Nachhaltigkeitskriterien transparent sein. 

Kein Ruß und auch kein Rauch mehr

„Kein Ruß, kein Rauch“, das bescheinigt auch Größlinger. 35 Fahrzeuge beziehungsweise dieselbetriebene Aggregate laufen seit Ende März mit dem neuen Kraftstoff. „Ich kann keine Nachteile feststellen. Im Gegenteil: der Kraftstoff ist kältestabiler, die Motoren springen besser an!“ Er gibt zu: HVO ist „minimal teurer“ , seine Autos brauchen etwa 85.000 Liter pro Jahr. „Aber das ist es mir wert. Das ist Einstellungssache!“.

40 Fahrzeuge verbrauchen bei Beton Zimmermann bis zu 400.000 Liter Diesel pro Jahr. Wenn HVO 100 das hält, was es verspricht, wäre das eine CO₂-Reduzierung von fast 1.200 Tonnen. „Eine solche Einsparung ist in unserer Branche alternativlos“, sagt der Betriebsleiter von Zimmermann.

Solarstrom zur Deckung des Energiebedarfs

Er sieht HVO als Lösung des Mobilitätsproblems, besonders beim Schwerverkehr. Wenn Kritiker darüber sprächen, dass die Herstellung energieintensiv sei, dann verweist Größlinger darauf, dass davon genügend vorhanden sei, etwa in Form von Solarenergie. „Ich sehe das sogar als Lösung für das Speicherproblem!“

Der erhöhte Preis gegenüber Diesel ist laut Bundesverkehrsministerium vor allem auf die Herstellungskosten zurückzuführen. Wegen der besseren Klimabilanz wird auf HVO-Diesel dagegen keine CO₂-Steuer fällig.

Kein HVO an Tankstellen im Landkreis Mühldorf

Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) hat in Abstimmung mit den Fahrzeugherstellern eine offizielle Freigabenliste erstellt. Doch die Infrastruktur von Tankstellen, an denen HVO100 verkauft wird, ist aktuell für Privatfahrer noch ausbaufähig. Im Landkreis Mühldorf zum Beispiel wird dieser synthetische Diesel bislang an keiner Tankstelle angeboten. Die nächste Zapfsäule steht in Emertsham, Landkreis Traunstein. Auch Altenmarkt bietet den Kraftstoff an, in München sind es lediglich acht Zapfstellen, die auf der Übersichtskarte von eFuelsNow zu finden sind.

Transparente Flüssigkeit, die aus Abfallprodukten hergestellt ist. HVO-Kraftstoff.

„Das machen andere Länder besser“, findet Max Kendlinger mit Blick auf Österreich und Italien, wo es nicht nur ein flächendeckendes Netz an Tankstellen gibt. „Dort wird sogar für den neuen Kraftstoff groß geworben. Das kann ich bei uns nicht feststellen.“ Kendlinger ist Geschäftsführer der Schnürer Energie in Mühldorf. Sein Unternehmen vertreibt HVO an gewerbliche Kunden, füllt deren Tanks auf. Und das Geschäft boomt, bestätigt er. 120.000 Liter liefert er pro Monat an reinem HVO aus. Sein Einzugsgebiet hat einen Radius von 150 Kilometern.

Sorge wegen Verwendung von Palmöl

Kendlinger weiß um die Kritik, dass Importe aus China oder die Nutzung von Palmöl die CO₂-Bilanz trüben könnte. „Aber das ließe sich sicher regulieren, auch auf Grundlage eines nachvollziehbaren und transparenten Herstellungsprozesses!“

Viel mehr ins Gewicht fallen für ihn die Steuern fallen: Die CO₂-Besteuerung fällt bei HVO weg. „Warum die Regierung allerdings Mineralölsteuer erhebt, das ist mir ein Rätsel, es ist schließlich kein Mineralöl!“

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