Das sagen Besitzer, das sagt der Stadtrat
Grünes Kleinod in Mühldorf: Dürfen Gärten in der Lohmühl-Siedlung zugebaut werden?
Günstige Baugrundstücke sind auch in der Stadt Mühldorf ein knappes Gut. Da liegt der Gedanke nah, in einen großen Garten ein weiteres Haus hineinzubauen. Über einen Antrag, der das möglich machen soll, hatten jetzt die Stadträte abzustimmen.
Mühldorf - Wer die Lohmühlsiedlung im Mühldorfer Süden nicht kennt, kann sie sich so vorstellen: 15 meist weitläufige Grundstücke, die zusammen ein Rechteck bilden, zur umlaufenden Straße hin überwiegend mit Doppelhäusern bebaut und in den aneinandergrenzenden Innenbereichen mit großen Gärten und ebensolchen Bäumen - eine gewachsene, sehr grüne Nachbarschaft.
Häuser in zweiter Reihe bauen
Eine Immobiliengesellschaft will diesen freien Raum nutzen, um zusätzliche Häuser in die großen Gärten zu bauen. In einem Schreiben an die Stadt sprach der Investor von vier Grundstücken, deren Eigentümer besonderes Interesse an einem erweiterten Baurecht hätten. Es sei angedacht, „Doppelhäuser und Einfamilienhäuser in der zweiten Baureihe zu errichten.“ Zwei Anträge für den Neubau eines Einfamilienhauses hatte die Stadt in den Jahren 2020 und 2022 befürwortet, das Landratsamt hatte die Anträge mit Verweis auf die fehlende Bauleitplanung abgelehnt. Es muss also ein Bebauungsplan her, der diese sogenannte Nachverdichtung durch den Bau neuer Häuser in den großen Gärten ermöglicht.
Die Mitglieder im Bauausschuss hatten dem Stadtrat genau das empfohlen und meist wird der Vorberatung aus dem Ausschuss gefolgt. Aber dieses Mal ging die Diskussion in der Stadtratssitzung erst richtig los - interessiert verfolgt von einigen Bewohnern der Siedlung.
„Es geht um Nachverdichtung in der Stadt, aber es besteht kein Handlungsbedarf, keiner muss sein Haus abreißen oder ein zweites Haus errichten“, erläuterte Bürgermeister Michael Hetzl (UM). „Ein eventuelles Baurecht kann man nutzen oder nicht. Die Grundstücke würden deutlich im Wert steigen, das wäre von Vorteil für alle Eigentümer.“
Eigentümer sind sich uneins
Wie sehen die Grundstückseigentümer diese Pläne? Einige von ihnen haben laut Hetzl bereits im Stadtbauamt angerufen und erklärt, dass sie „überhaupt kein Interesse an der Überplanung ihrer Grundstücke haben und auch dagegen sind“. Dagegen hätten einige am äußeren Bereich bereits nachverdichtet, also neue Häuser in ihre Gärten gebaut, weil sie von der Straße aus leichter zu erreichen und zu erschließen seien, so Hetzl.
Stadtbaumeisterin Birgit Weichselgartner fügte hinzu: „Der Antrag muss vom Stadtrat auch behandelt werden, wenn nicht alle Eigentümer zustimmen.“ Die Stadt besitze die Planungshoheit und könne eine Bauleitplanung auch ohne Einverständnis der Grundstückseigentümer durchführen, die auch nach einer Planänderung nicht gezwungen wären, zu bauen. Weichselgartner betonte aber, dass man keinen Streit innerhalb der Nachbarschaft provozieren wolle.
Neubau dem Altbau anpassen
„Bauvorhaben sind hier nur möglich, wenn eine Bauleitplanung Baurecht schafft“, stieg Markus Saller für die UM-Fraktion in die Beratung ein. „Wir bezweifeln, ob ausgerechnet dieses Gebiet für die städtische Nachverdichtung prädestiniert ist.“ Dr. Reinhard Wanka (UM) machte sich Sorgen um die Optik, wenn nur einer seine Doppelhaushälfte abreiße und neu baue. Dies entkräftete die Stadtbaumeisterin mit dem Hinweis, dass sich der Neubau an den Altbau anpassen müsse und dass kein Spitzdach Seite an Seite mit einem Flachdach genehmigt werde.
Für die SPD stellte Angelika Kölbl fest: „Man sollte die Bestandsgrundstücke effektiv nutzen, aber auch die dort gewachsene Struktur erhalten.“ Mehr Häuser bedeute auch mehr Verkehr, diese Entwicklung sei nicht abzusehen. „Wir legen uns damit ein Ei“, resümierte Kölbl. „Die SPD-Fraktion sieht bei diesem Thema keine Einigkeit in der Siedlung und wird mehrheitlich dagegen stimmen.“
Ein Außenbereich im Innenbereich
„Wir wollen eine grünere Stadt, wir wollen frische Luft“, merkte Dr. Matthias Kraft für die Grünen an. „Nachverdichtung ist nicht alles und so hat es ja auch das Landratsamt in seiner Ablehnung gesehen.“ Die Flächen in der Mitte der Siedlung seien demnach für den Naturschutz ausgewiesen, ab 3000 Quadratmeter entsprächen sie einem Außenbereich im Innenbereich. „Wir sollten dieses grüne Kleinod erhalten und nur in der ersten Reihe eine Nachverdichtung ermöglichen.“ Außerdem bestehe kein städtebaulicher Bedarf, im Norden der Stadt sei genügend Bauland ausgewiesen.
„Ich werde nicht zustimmen. Ich bin für eine sinnvolle Nachverdichtung, aber nicht hier. Wenn nicht alle Anlieger dafür sind, sollte es keinen Bebauungsplan geben“, stellte Rupert Rigam (CSU) für sich persönlich und „nach reiflicher Überlegung“ fest. „Ich bin positiv gestimmt, dass die Stimmung gegen das Bauvorhaben kippt“, meinte Karin Zieglsgänsberger (UM). „Die Bestandsgebäude können erweitert werden, aber es sollte keine zweite Reihe ins Grüne gebaut werden.“
„Innenleben nicht zerpflücken“
„Das Eingewachsene, das Innenleben dieser Siedlung sollte nicht zerpflückt werden“, CSU-Fraktionssprecher Stefan Lasner hatte sich vor der Sitzung die Siedlung extra noch einmal angesehen. „Im Bauausschuss war die CSU noch geschlossen für den Antrag, heute werden wir nicht einheitlich abstimmen. Ich selbst bin auch dagegen.“ Und auch Oliver Multusch von der AfD kündigte Ablehnung an, angesichts des Baumbestands, der an dieser Stelle durch Nachverdichtung vernichtet würde.
Allen Kritikern widersprach Adolf Spirkl (UM): „Ich bin nicht dieser Meinung. Man darf es den Menschen nicht verwehren, in den Garten ihrer Eltern zu bauen. Ansonsten werden viele Hausträume wegen zu hoher Kosten zerplatzen.“ Ebenso sprach sich Ulrich Niederschweiberer (CSU) für den Antrag aus; in Mößling, wo er wohne, sei man auch so verfahren: „Ich bin dafür. Warum sollten sich alle einig sein, es muss ja keiner bauen. Das kann sich in Zukunft ändern, wir sollten uns dem nicht versperren. Es ist besser große Grundstücke in der Stadt enger zu bebauen, als draußen vor der Stadt Flächen zu versiegeln.“
Hausträume könnten zerplatzen
„Die Grundstücke mit großem Baumbestand sind die, deren Eigentümer kein Baurecht wollen“, Bürgermeister Hetzl hatte sich im Vorfeld der Sitzung Luftbilder der Siedlung angeschaut. „Wer nicht will, der bleibt unberührt. Aber wir können hier eine Lösung für junge Familien erzielen und kleine Grundstücke für einen erschwinglichen Preis auf den Markt bringen. Selbst wenn es nur drei Grundstücke wären, sollte es gemacht werden.“
Wie von den Fraktionssprechern schon angekündigt, fiel schließlich auch die Abstimmung aus: Von 26 anwesenden Stadträten stimmten 18 gegen den Antrag,
