Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Immer mehr junge Leute im Landkreis Mühldorf haben Probleme

Schule oder Ausbildung abgebrochen? So klappt es im zweiten Anlauf

Waldkraiburg - Lernt behütet bei der AWO - Azubi Jessica Henke (Mitte) wird im Jagus-Projektehaus von Ausbilder Gerald Altrock (links) und Sozialpädagogin Sandra Eigner (rechts) unterstützt.
+
Lernt behütet bei der AWO - Azubi Jessica Henke (Mitte) wird im Jagus-Projektehaus von Ausbilder Gerald Altrock (links) und Sozialpädagogin Sandra Eigner (rechts) unterstützt.

Ausbildung oder Schule abgebrochen und keine Ahnung, wie es weitergehen soll? Die Zahl der Abbrecher steigt deutlich. Damit auf diese jungen Leute kein Leben „mit Stütze“ wartet, gibt es Möglichkeiten, auf Umwegen zum Job zu kommen.

Mühldorf am Inn - Laut Agentur für Arbeit Traunstein landen immer mehr junge Ausbildungsabbrecher in der Grundsicherung. Bis zu einem Viertel brechen auch im Landkreis Mühldorf ihre Ausbildung ab. Das Ende der Fahnenstange für den Lebens- und Berufsweg dieser jungen Leute ist damit jedoch nicht erreicht. Um sie wieder auf Spur in Richtung Job zu bekommen, sponsert beispielsweise das Jobcenter unterschiedliche Maßnahmen in Kooperation mit Berufsschulen und privaten Trägern. Geklappt hat es bei unter anderem bei Jessica Henke und Hugo Wenzl.

Nach Schwangerschaft in Teilzeit-Lehre

Jessica Henke hat bereits zweimal ihre Lehrstelle gewechselt, bevor sie im AWO-Projektehaus Jagus in Waldkraiburg eine neue Ausbildungsmöglichkeit gefunden hat. Die 24-jährige Waldkraiburgerin kam zunächst nicht mit ihrem Chef bei einem großen Discounter klar, beim zweiten Anlauf als Verkäuferin hat eine Schwangerschaft ihren Abschluss verhindert. Eigentlich wollte sie keine erneute Ausbildung versuchen, jedoch hat sie unter anderem das Teilzeit-Modell und die familiäre Atmosphäre im Gebrauchtmöbelladen vor Ort überzeugt.

„Früher war es eine Katastrophe. Nie hat ein Ausbilder geschaut, was ich mache.“ Jessica Henke ist froh, bei der AWO gelandet zu sein - weil sie auch Unterstützung bei Schriftverkehr oder Anträgen bekommt. Ansprechpartnerin dafür - wie auch bei persönlichen Problemen - ist Sozialpädagogin Sandra Eigner, die sich zusammen mit Ausbilder Gerald Altrock und einem zusätzlichen Förderlehrer um ihre Azubis kümmert. Der theoretische Unterricht findet am Beruflichen Schulzentrum Mühldorf statt.

„Bei uns landen die Jugendlichen, die auf dem normalen Weg keine Chance haben“, erklärt Sandra Eigner. „Neben junger Mutterschaft sind auch Drogen und Alkohol, häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, aber eben auch Ausbildungsabbruch mit im Spiel“, ergänzt Gerald Altrock. Bei solchen Lebensläufen gehe es nicht nur um die Vermittlung von Fachwissen, sondern auch von Lebensführung.

Diese Form der intensiven, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen „hausinternen“ Begleitung der Ausbildung kostet natürlich Geld. Finanziert wird diese Maßnahme zur Hälfte vom Jobcenter sowie von der Berufsberatung der Arbeitsagentur. Derzeit lernen auf diese Weise fünf Lehrlinge im Verkauf und vier im Friseurbereich. Mit Erfolg: In seinen 13 Jahren als AWO-Ausbilder hat Gerald Altrock von seinen 50 Azubis vier durch Abbruch verloren; nur einer ist durchgefallen.

Arbeitsstelle schlecht geredet

Eigentlich hat sich Hugo Wenzl schon in seiner Schulzeit für die Arbeit im Baumarkt interessiert. Dass er sich nicht nach seinem „Quali“ an der Mittelschule Mühldorf gleich dort beworben hat, liege daran, dass man diesen Beruf in seinem Umfeld schlecht geredet habe, erinnert sich der 16-jährige Mühldorfer. „Dann wusste ich lange nicht, was ich machen soll. Faulheit und Unentschlossenheit kamen auch hinzu“, gibt Wenzl zu. Schließlich landete er an der BVJ Berufsvorbereitungsjahr-Klasse am Beruflichen Schulzentrum Mühldorf.

Azubi Hugo Wenzl (rechts) neben seinem Ausbilder und Marktleiter Christian Dorner beim Globus Baumarkt. Immer mit dabei das MDE-Gerät (Mobile Datenerfassung) für schnelle Kommunikation, Produktsuche oder Kundenbestellung).

Damit verknüpft ist eine vom Jobcenter geförderte Maßnahme mit dem Träger Berufliche Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (BFZ) Passau, der die Schüler an zwei Tagen in der Woche etwa mit Bewerbungstraining auf Praktika und Ausbildungsstellen vorbereiten soll. „Der BFZ-Koordinator hat viele Kontakte zu Firmen, was bei der Vermittlung wichtig ist“, ist sich Wenzl sicher. Bei ihm hat‘s funktioniert: Nach einem Praktikum beim Globus Baumarkt Mühldorf bekam er vom Marktleiter und Ausbilder Christian Dorner das Angebot auf eine Lehrstelle zum Einzelhandelskaufmann.

Auch Christian Dorner blickt auf 30 Jahre Ausbildung zurück. „Die Erfahrungen mit den Fördermaßnahmen sind gut. Wenn ein Azubi über diesen Weg mal bei uns gelandet ist, wird er wie jeder andere bestmöglich ausgebildet. Abbrecher gibt es kaum“, sagt Dorner, der allerdings zugeben muss, dass früher die Lehrlinge handwerklich begabter waren. Dafür seien sie heutzutage fitter im Umgang mit modernen Medien. „Man muss die jungen Leute eben anderswo abholen als noch vor Jahrzehnten“, sagt Dorner. Bei Lernschwierigkeiten biete das Unternehmen zusätzlich Hauslehrer sowie gleichaltrige Azubi-Ansprechpartner im Haus an.

Susanne Gaigl hat bei Edeka Lechertshuber und Wimmer nicht nur bei den vier Märkten im Landkreis Mühldorf ein Auge auf die Praktikanten und Azubis. Solchen, die Schwierigkeiten haben, hilft sie selbst mit Nachhilfe etwa beim Kalkulieren auf die Sprünge. Ansonsten investiert das Unternehmen regelmäßig in Schulungen und stellt pro Markt drei Ausbilder zur Verfügung. Rund 15 Prozent aller Azubis beenden die Ausbildung nicht.

„Heutzutage müssen sich die Arbeitgeber um Lehrlinge bewerben“, sagt Gaigl, die sowohl in die Akquise als auch in die Betreuung viel Aufwand steckt. Auch um mögliche „Problemfälle“, die über Jobcenter-Maßnahmen im Unternehmen aufschlagen, ist sie dankbar. Nicht mit allen Maßnahmenträgern laufe es gleich gut. „Über das BFZ geht die Vermittlung nur verhalten. Im Gegensatz zum Träger, der für den Landkreis Altötting zuständig ist.“

Kommentare