Mehrere Fahrzeuge geborgen
Normale Bergung war nicht möglich: So holten THW-Taucher ein Auto aus dem Innkanal bei Pürten
Das THW zog am Montag, 21. August, ein Auto bei Pürten aus dem Innkanal. Kein leichter Einsatz für die THW-Bergungstaucher. Warum die Bergung eine Herausforderung war und was mit dem Fahrzeug nun passiert.
Pürten – Gleich zwei Fahrzeuge wurden am Montag (21. August) aus dem Innkanal geborgen. Ein Auto, das am 16. August in den Innkanal bei Mühldorf geraten war, konnte von Spezialkräften der Polizei geborgen werden. Ein weiterer Pkw, der am 23. Juni bei Pürten im Innkanal versank, wurde von Spezialkräften des Technischen Hilfswerk (THW) herausgezogen.
THW-Bergungstaucher ziehen bei Pürten ein Auto aus dem Innkanal




Florian Seemann, Ortsbeauftragter des THW Mühldorf, leitete den Einsatz in Pürten. Die Bergung von Fahrzeugen in Gewässern ist eine enorm große Herausforderung für die Einsatzkräfte und äußerst gefährlich. Deshalb wurden die Fachgruppen Bergungstauchen der THW-Ortsverbände Rosenheim und Landshut, sowie Einsatzkräfte des THW Mühldorf mit dem Herausziehen des versunkenen Fahrzeuges bei Pürten beauftragt. Die Fachgruppe Bergungstauchen ist eine Spezialeinheit des THW, die eigens für Ausführungen von Unterwasserarbeiten ausgebildet ist. Bereits am Sonntagabend (20. August) wurde für das Vorhaben die Fließgeschwindigkeit im Innkanal auf etwa ein Viertel gedrosselt, der Wasserpegel gesenkt.
Taucher tasten sich durch Schlamm
In den frühen Morgenstunden am Montag überprüfte das THW mit Booten, ob sich das versunkene Auto noch im Bereich der zuletzt bekannten Fundstelle befand. „Der Pkw lag etwa 400 Meter von der Stelle entfernt, wo er in den Innkanal geraten war“, erklärt der Einsatzleiter des THW Florian Seemann. „Die Rettungstaucher konnten vom Ufer aus direkt an dieser Stelle ins Wasser gehen, wo wir das Fahrzeug vermuteten.“ Da die Sicht in solchen Gewässern aufgrund des vielen Schlamms extrem schlecht ist, mussten die Taucher alles ertasten. „Nachdem sie das Fahrzeug geortet hatten, befestigten sie daran Stahlseile. Mit einer Seilwinde wurde das Fahrzeug dann an die Wasseroberfläche und mit einem Langarmbagger an Land gezogen“, so Seemann. Der Einsatz verlief ohne größere Schwierigkeiten.
Wie groß ist eigentlich die Gefahr für die Umwelt, wenn Fahrzeuge in einem Gewässer landen? Schließlich befinden sich eine Menge Flüssigkeiten wie Benzin, Motoröl, Bremsflüssigkeit und einiges mehr darin. Im Falle des Autos im Pürtener Innkanal kann das THW grünes Licht geben. „Bei dem Fahrzeug handelte es sich um ein mit Erdgas betriebenes Fahrzeug. Davon gibt es nicht viele. Das Gute war, dass dadurch kein Kraftstoff austreten konnte. Und somit auch keine Gefahr für die Umwelt“, sagt Seemann.
Die Bergungstaucher des THW kommen in der Regel bei den ganz schwierigen Fällen zum Einsatz. Zu ihren Besonderheiten zählt deren Ausrüstung. Sie sind mit Hightech-Helmen ausgestattet, an denen eine Kamera, Licht, Sprachkommunikation und eine Umbilical, eine sogenannte „Nabelschnur“, angebracht sind. Während die herkömmlichen Leichttauchgeräte mit einem Gemisch aus Stickstoff, Sauerstoff und zu einem Prozent anderer Gase befüllt werden, erfolgt bei einer „Taucher-Nabelschnur“ die Versorgung mit Atemluft von Land aus. Dadurch entfällt bei längeren Einsätzen das Wechseln der Druckluftflaschen. Der Taucher kann länger unter Wasser bleiben und sich voll und ganz auf seine Arbeit konzentrieren. Die Reserveflaschen am Rücken der Taucher dienen lediglich zur Notversorgung.
THW übernimmt schwierige Fälle
Heißt es beispielsweise Säge-, Schneide-, Bohr- oder Stemmarbeiten unter Wasser durchzuführen, sind die Taucher des THW die Profis. Sie kommen zum Einsatz, wenn eine normale Bergung von Fahrzeugen oder sonstigen Gegenständen nicht mehr möglich ist. „Für die schnelle Rettung sind die DLRG und die Wasserwacht zuständig“, erläutert Seemann die Zuständigkeiten. „Sie sind zügig am Einsatzort und können sofort helfen, wenn sich Menschen oder Tiere im Wasser befinden. Dauern Arbeiten jedoch länger an, wie es bei diesem Auto im Innkanal der Fall war, werden wir alarmiert.“
Er ist stolz auf sein Team und auch auf die tolle Zusammenarbeit mit allen Rettungskräften, die an Land, im Wasser wie auch in der Luft stets erstklassige Arbeit leisten. „Man muss bedenken, dass viele Rettungskräfte das ja ehrenamtlich machen, in ihrer Freizeit. Auch wir vom THW.“ Er ist den Arbeitgebern sehr dankbar, dass sie das Engagement der Rettungskräfte so toll unterstützen: „Sie stellen uns ja extra für solche Einsätze frei. Auch die Familien, die hinter uns allen stehen, sind ein starker Halt. Egal ob im Beruf oder privat, da stehen großartige Menschen hinter uns, die uns den Rücken freihalten. Sie helfen uns, damit wir anderen helfen können.“
Es ist nicht das erste Mal, dass ein versunkenes Fahrzeug aus dem Innkanal geborgen werden muss: Ende 2018 versenkten Autodiebe fast an gleicher Stelle ein Fahrzeug im Innkanal und lösten damit einen Großalarm aus. Ende 2016 stürzte bei einem Unfall ein Lastwagen bei Mühldorf über die Böschung in den Innkanal.
Auto geht zurück an Eigentümer
Was mit Fahrzeugen passiert, die wie in Mühldorf und Pürten von Polizei oder THW aus dem Wasser gefischt werden, hat das OVB bei der Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim erfragt. „In Absprache mit der Staatsanwaltschaft wird ein solches Auto nach Abschluss der Ermittlungen und Spurensicherung wieder für die Eigentümer oder Erben freigegeben“, weiß Pressesprecherin Lisa Maier. Eine Einziehung des Fahrzeugs käme nur zustande, wenn es Gegenstand einer Straftat gewesen wäre.
Wer die Kosten einer solchen Bergung aus dem Wasser trägt, ist nicht so einfach zu beantworten. „Das entscheidet sich je nach Einzelfall und den jeweils besonderen Umständen“, sagt Maier. „Wurde das Auto mutwillig ins Wasser gelenkt, wird in der Regel der Gefahren- oder Schadensverursacher zur Zahlung herangezogen.“ Das Gleiche gilt für mögliche Gewässerschäden durch auslaufende Betriebsstoffe.
Eingezogene Fahrzeuge werden versteigert
Würde ein solches Fahrzeug von der Staatsanwaltschaft eingezogen oder ist kein Eigentümer mehr zu ermitteln, dann könnte es auch verwertet werden. „Das hängt aber immer vom Zustand des eingezogenen Fahrzeugs ab“, schränkt die Pressesprecherin ein. „Ein solches Auto könnte dann versteigert werden oder es wird vernichtet.“ Beides zugunsten oder zulasten der Staatskasse.
Versteigerungen eingezogener Wertsachen wie Autos, Fahrräder oder Schmuck und finden regelmäßig auf der Auktionsseite zoll-auktion.de statt. Auf diese Weise kam Anfang Juli ein BMW520i unter den Hammer, der 35 Jahre im Speicher Vilstalsee lag. Der total verschlammte BMW wurde als Fundstück versteigert und ging für 520 Euro an einen neuen Besitzer.