Zu viel Eisen
Trübes Trinkwasser in Polling: Wird Silikat zugemischt?
Zu viel Eisen, zu viel Mangan: Immer wieder kommt es zu Verfärbungen beim Pollinger Trinkwasser. Dem wollte die Verwaltung jetzt ein Ende setzen, brachte zur Stabilisierung den Einsatz von sogenannten Inkrustations-Härtern ins Spiel. So ist die Diskussion ausgegangen.
Polling – Wasser aus dem Tiefbrunnen schöpfen. Schon bei der Bürgerversammlung im November 2023 hatte Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger (UWG) erklärt, dass die Gemeinde die Nutzung des Tiefbrunnens beantragt habe, um damit auch weiterhin vermeintlich belastetes Wasser zu mischen, wenn es nötig sein sollte. „Es ist gesetzlich nicht nötig, aber für uns so eine Art Versicherung. Wir sind damit nicht schlecht gefahren!“, sagte er damals im Grünbacher Hof.
Gemeinde wartet auf Genehmigung zur Entnahme
Die Genehmigung zur Entnahme liegt zur Entscheidung beim Wasserwirtschaftsamt in Rosenheim. „Mittlerweile seit zehn Monaten“, wie das Gemeindeoberhaupt bei der jüngsten Pollinger Gemeinderatssitzung betonte. Solange dieser Zustand anhält, könne man nichts bauen. „Wir stehen mit der Planung auf der Bremse, wir können keine Ausschreibung tätigen“, machte er in der Sitzung deutlich.
Enteisenungsanlagen ohnehin geplant
Er meinte damit den Bau von Enteisenungsanlagen, die in erster Linie aufgrund einer weiteren Nutzung des sehr eisenhaltigen Tiefenwasser nötig wären. Solche Überlegungen waren bereits in den Haushaltsplanungen berücksichtigt worden. Diese Eisenfilter sollen bewirken, dass zukünftig keine braune Brühe mehr aus dem Wasserhahn kommt.
Ablagerungen lösen sich
Das war einige Male schon passiert, weil sich Ablagerungen im Wasserleistungssystem gelöst hatten und beim Endverbraucher als trübes Wasser angekommen waren. Nichts Gesundheitsgefährdendes, aber eben auch nicht schön anzuschauen. „Tendenziell trifft es dabei immer die Endpunkte, die weiter draußen ließen. Und vermehrt findet das im Frühjahr statt, wenn viel gegossen wird, ein Feuerwehreinsatz ist oder die Pools gefüllt werden“, antwortete Kronberger auf die Frage von Willi Skudlik (FW).
Was also tun? Kronberger und seine Verwaltung brachte eine Alternative ins Spiel. Der Bürgermeister hat Kontakt mit einer Fachfirma aufgenommen, die Firma Mösslein Wassertechnik in Lohr am Main, die ein Verfahren entwickelt hat, um Eisen und Mangan zu binden (siehe Kasten).
Bestätigung vom Gesundheitsamt
Kronberger sprach von einer Übergangslösung. Das Gesundheitsamt in Mühldorf habe bestätigt, dass es sich um eine bewährte Technologie handele. Er habe auch einen Vertreter des Gesundheitsamtes zur Sitzung eingeladen, „aber die wollten nicht kommen“.
Nur weil man das Eisen nicht mehr sieht, heißt es nicht, dass es nicht mehr drin ist!
Gemeinderat Wolfgang Schweiger (parteilos) äußerte Bedenken: „Ja, wir haben Eisen im Wasser. Aber was macht das Ding?“ Der Technologie steht er skeptisch gegenüber, er sprach von einer Augenwischerei. „Nur weil man das Eisen nicht mehr sieht, heißt es nicht, dass es nicht mehr drin ist. Es ist keine Verbesserung – außer, dass ich Chemie einbringe.“
Punktuelles Einbringen nicht möglich
Auf die Frage von Lena Koch (Grüne) antwortete Kronberger, dass es nicht möglich sei, den bindenden Stoff nur punktuell einzubringen oder lokale Filter einzusetzen. Der Zusatz werde dem Wasser des Tiefbrunnens beigefügt. Das reichte Koch nicht: „Mir sind die Infos zu wenig!“ Sie bat darum, einen Beschluss zurückzustellen. „Vorher will ich auch die Meinung des Wasserwirtschaftsamtes hören.“
Schweiger befürchtet zusätliche Kosten
Schweiger appellierte an seine Gemeinderatskollegen, dem Einsatz von Inkrustations-Härtern nicht zuzustimmen. Er befürchtete, dass der Biofilm am Wasserleitungssystem irreparablen Schaden erleiden könnte, wenn man „das Mittel“ beimengt. „Wenn wir das machen, dann haben wir das Problem im ganzen Dorf. Ich kann da niemals zustimmen, ohne komplett informiert zu sein.“ Er befürchtete auch: „Wenn wir was ins Wasser einmischen, dann müssen wir auch öfter messen.“ Er verwies auch auf die Kosten für Chemie und Analyse.
Alfred Wagner (CSU) hielt sich an den Grundsatz, dass man nichts ins Trinkwasser einbringen sollte. „Das ist wirklich die letzte Möglichkeit!“ Als Alternative schlug er häufigere Spülungen vor.
Kein gutes Gefühl: Maierhofer will warten
Auch Stefan Mooshuber hatte „kein gutes Gefühl!“. Es handle sich doch um ein zeitlich begrenztes Problem, weil der Bau einer Enteisenungsanlage ja bereits geplant sei. „Wir kriegen ein Problem mit den 2.000 anderen Bürgern, die bisher keine Probleme haben, wenn wir jetzt was daruntermischen!“
Zweiter Bürgermeister Andreas Maierhofer (CSU) verwies darauf, dass sich der Gemeinderat schon einmal mit dieser Thematik befasst habe. „Wir haben uns geeinigt damals, dass wir es lassen. Und deshalb würde ich jetzt auch noch warten.“
Zustimmung beim Schlussakkord
Oswald Brandstetter (CSU) setzte den Schlussakkord: „Die Akzeptanz gegenüber braunem Wasser ist besser als gegenüber einem Zusatz!“ Das brachte ihm hörbare Zustimmung der knapp anwesenden Zuschauer im vollen Sitzungssaal ein.
Man entschied sich mit 14:2 Stimmen, dass man die Entscheidung vertagen sollte.
Das sagt die Fachfirma zum Korrosionsschutz in Trinkwassersystemen
Folmar G-3200 heißt das Produkt, worüber im Pollinger Gemeinderat gesprochen worden ist. Das Mittel soll nach Angaben des Herstellers Korrosion und Rostwasserbildung vermindern. Wie die Firma Mösslein auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen mitteilt, handelt es sich um eine Silikat- beziehungsweise Mineralstoff-Lösung, die regelmäßig dem Trinkwasser beigemengt werde und eine Barriere in Form eines Schutzfilms bildet. Dieser Schutzfilm wirke wie eine Trennschicht zwischen Ablagerung und Wasser. Die Korrosion werde gestoppt, das Wasser bliebe klar und sauber, weil es keinen direkten Kontakt zu den rostigen Ablagerungen im Wasserleitungssystem gebe. Voraussetzung sei aber, dass das Produkt dauerhaft gegeben wird, wie Günter Mösslein, Geschäftsführer von Mösslein Products, erklärt.
Bedenken, dass das Verfahren die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigen könnte, zerstreut Mösslein. Es handle sich bei dem Silikat um „flüssigen Sand“. Und überhaupt: „Das schärfste Wasserrecht gibt es in Deutschland!“ Die Trinkwasserverordnung regle ganz klar, was man beimengen darf. Das Verfahren mit der Lösung der Firma Mösslein werde seit 40 Jahren in Städten und Kommunen eingesetzt, wo Korrosion, Rostwasser beziehungsweise Ablagerungen Leitungsnetz und Wasserfarbe beeinflussen. Mösslein verweist in diesem Zusammenhang auf das durchschnittliche Alter von Wasserleitungsnetzen in Deutschland, das er mit etwa 70 Jahren angibt.
Mösslein betont, dass man sich vielmehr bei getrübtem Wasser Gedanken machen sollte. „Trübstoffe im Wasser können Nährboden für Bakterien und Keime sein!“