Streit um Hebesätze für die Grundsteuer
„Ich schmeiß dich raus“: Pollings Bürgermeister Kronberger wettert gegen Antrag von Grit Berdel
Schon bei der Tagesordnung eskaliert die jüngste Ratssitzung in Polling: Es kommt zu heftigen Wortgefechten zwischen Bürgermeister Lorenz Kronberger und Gemeinderäten. Der Grund: Ein Antrag zu den Hebesätzen für die Grundsteuer.
Polling - Pollings Eigentümer, Mieter, Unternehmer und Landwirte müssen weiter auf die Hebesätze für die Grundsteuer warten. Statt einer Entscheidung gab es deswegen gleich zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung teils heftige und sehr lautstarke Wortgefechte zwischen Bürgermeister Lorenz Kronberger (UWG) und den Gemeinderäten.
Als Punkte 10 und 11 der Tagesordnung hatte Kronberger eigentlich „Neue Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer“ sowie den Erlass einer entsprechenden Satzung vorgesehen. Zu Sitzungsbeginn beantragte aber Grit Berdel (FW), diese Punkte von der Tagesordnung zu nehmen und sie zuerst im Finanzausschuss vorzubereiten. Berdel: „Wir hatten das so besprochen.“
„Jetzt wird es schon sehr, sehr komisch“
„Jetzt wird es schon sehr, sehr komisch“, kommentierte Kronberger diesen Antrag. Im Januar habe Berdel noch gefragt, warum es noch keine Hebesätze gebe, jetzt wolle sie es verschieben.
Die Hebesätze sollten jetzt „dringend“ beschlossen werden, meinte Kronberger. Der Finanzausschuss sei bislang zu keinem Ergebnis gekommen und Berdel hätte seit der letzten Gemeinderatssitzung „mehr als Zeit gehabt“, ihre Berechnungen anzustellen, doch die würden noch nicht vorliegen.
Zum Hintergrund: Bereits am 20. Oktober wollte Thomas Jobst (CSU) von Pollings Gemeindeverwaltung, die Kronberger leitet, wissen, wie die Hebesätze nach der Reform der Grundsteuer zu gestalten seien.
Im Dezember hatte Kronberger auf Nachfrage im Gemeinderat gesagt: Die Daten seien erst „in den letzten Tagen“ fertig geworden. „Nach unserer Empfehlung wird sich nichts ändern.“
Seit Januar Verwirrung mit den Zahlen der Verwaltung
Im Januar sorgten die vorgelegten Zahlen und Berechnungen der Verwaltung dann aber nur für Verwirrung. Also beschlossen die Gemeinderäte, der Finanzausschuss solle das Thema vorbereiten.
Erst am 18. März gab es eine Sitzung des Ausschusses. Die endete ohne Ergebnis, allerdings bot Berdel an, mit den Daten der Gemeinde für eine erneute Beratung im Ausschuss eine eigene Berechnung vorzubereiten; schließlich ist Berdel im Hauptberuf Kämmerin. Doch dazu kam es nicht.
Stattdessen stand das Thema jetzt auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung. „In mehr als fünf Wochen ist nichts entstanden“, warf Kronberger Berdel vor. „Es ist nichts gekommen.“ Später nannte er das „schon komisch“; er hätte ja auch eigene Berechnungen anstellen können.
Er brauche aber jetzt eine Entscheidung, um den Haushalt für 2025 aufstellen zu können, erklärte Kronberger. Es stünden wichtige Vergaben an, ohne Haushalt müsse er sonst „Notvergaben“ machen.
Grit Berdel widerspricht Bürgermeister Kronberger
Berdel widersprach Kronberger in beidem. Sie habe Berechnungen, aber die sollten – wie beschlossen – zuerst im Ausschuss besprochen werden.
Und der Haushalt könne schon jetzt aufgestellt werden, erläuterte Berdel. Es sei Wille des Gemeinderates, die Einnahmen aus der Grundsteuer aufkommensneutral zu gestalten. Daher könnten für den Haushalt 2025 die Zahlen von 2024 angenommen werden. Sollten sie sich anders entwickeln, könne ein Nachtragshaushalt gemacht werden.
Das Auswerten der Pollinger Daten sei „sehr problematisch“ gewesen, erklärte Berdel, unter anderem weil Polling ein anderes Kassenprogramm nutze als Tüßling. Drei Termine habe es gebraucht, um 1.600 Datensätze ausgedruckt auf 60 Seiten zu bekommen. Sie sei dann alles einzeln durchgegangen. „Diese Arbeit habe ich mir gemacht. Ich habe mich bemüht, ich habe meine Freizeit geopfert.“
„Eine absolute, riesengroße Frechheit“
„Ich finde, es ist eine absolute, riesengroße Frechheit“, kritisierte Lena Koch (Grüne) die Vorwürfe Kronbergers an Berdel. Applaus. Kronberger versuche einer ehrenamtlichen Gemeinderätin, die dafür nicht zuständig sei, die Schuld „in die Schuhe“ zu schieben. Die Vorbereitung der neuen Hebesätze sei im Rathaus nicht erledigt worden. Koch: „Das überschreitet Grenzen, wie Du mit uns umgehst.“ So gehe er wohl auch mit seinen Mitarbeiterinnen um. „Kein Wunder, dass Du niemanden findest“, der die Aufgaben erledigt.“
Fachleute wie Berdel im Gremium zu haben, sei „ein Geschenk“, sagte Thomas Jobst (CSU). Erneuter Applaus. Berdel habe ihre Freizeit geopfert, ein Beschluss „macht keinen Sinn“, ohne vorher im Finanzausschuss gesprochen zu haben.
Beschlüsse sollten umgesetzt werden
„Wir haben einen Beschluss gefasst. Den sollten wir umsetzen“, forderte auch Reinhard Oberstarr (CSU).
Geschäftsleiterin Gabriele Springer wehrte sich dagegen, Daten seien falsch eingetragen worden. Es gebe „keine Fehler“ und die Mitarbeiterin, die Berdel unterstützte, habe sich „sehr bemüht“. Die Berechnung sei „vielleicht komplexer, als Du es Dir vorgestellt hast“, hielt sie der Kämmerin entgegen.
Am Ende stimmten fast alle Gemeinderäte dafür, die neuen Hebesätze zuerst im Finanzausschuss zu beraten. Nur zwei waren dagegen: Kronberger und Johann Steinberger (UWG).
Kronberger droht Rausschmiß an
Damit endete eine emotionale, teilweise äußerst hitzige und weitgehend chaotische Debatte. Bürgermeister und Gemeinderäte fielen sich immer wieder ins Wort; Kronberger rang teilweise um die Sitzungsleitung, rief sogar in Richtung Berdel: „Ich verwarne Dich! Wenn Du noch einmal störst, dann schmeiße ich Dich raus!“
Die Antwort aus den Reihen der Gemeinderäte: „Das möchte ich sehen.“
