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Auch Mühldorfs Kandidaten von Schmierereien betroffen

„Das geht eindeutig zu weit“ – Warum das Beschmieren von Wahlplakaten kein Kavaliersdelikt ist

Plakatwand Lauterbach
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An dieser Plakatwand im Landkreis Mühldorf wurden die Wahlplakate sämtlicher Parteien bis auf eine heruntergerissen.

Beschmierte, zerrissene, und verschwundene Wahlplakate - auch Mühldorfs Kandidaten für die Landtagswahl sind davon betroffen. Doch wer sich dazu hinreißen lässt, ein Kandidatenlächeln mit einer Zahnlücke zu verschmieren, kann richtig Ärger bekommen. Aber es geht noch schlimmer.

Mühldorf – Wer das nicht aushält, darf sich nicht politisch engagieren – so oder so ähnlich haben sich alle befragten Kandidaten geäußert, wenn es um Schmierereien auf ihren Plakaten zur Landtagswahl geht: mit schwarzem Stift zugefügte Zahnlücken im Kandidatenlächeln, aufgemalte Brillen, Sommersprossen. Keinen Spaß verstehen sie aber, wenn es um Hitlerbärtchen oder Beleidigungen geht. Bei verfassungsfeindlichen Symbolen wie Hakenkreuzen hört die Meinungsfreiheit der Schmierer vollends auf und wird ein Fall für Polizei und Staatsanwalt.

Grüne zeigen derbe Drohungen an

„Wir haben ganz viele zerstörte Plakate, gerade bei den Großplakaten“, stellt Bianca Hegmann von den Grünen fest. Viele seien verschmiert oder zertreten worden, einige mit extremen Aufklebern versehen: „Grüne an die Ostfront“ und, erst vergangenen Freitag im Mühldorfer Norden entdeckt „Grüne sollten nur an Bäumen hängen“. Hegmann ist betroffen: „Das geht eindeutig zu weit, gegen diese Drohungen haben wir Anzeige erstattet.“ Auch an Infoständen bekomme sie immer wieder Worte wie „Pack“ und „Gesindel“ von Vorbeigehenden zu hören: „Aber die meisten Leute suchen das Gespräch mit uns und wollen Antworten auf Fragen, die sie bewegen.“

„Anfangs war es noch ruhig, aber seit unserer Kundgebung am Stadtplatz erleben wir das ganze Programm massiver Beschädigungen an unseren Plakaten, sehen immer wieder Hakenkreuze und Nazi-Kommentare“, berichtet Oliver Multusch von der AfD. Noch würden die Vorfälle nur gesammelt, aber wahrscheinlich wird es auch hier Anzeigen geben. Auch an Multuschs mit Wahlwerbung beklebtem Auto haben sich Gegner zu schaffen gemacht und die Aufkleber heruntergerissen.

AfD wird Plakate nicht niedriger hängen

Der Aufforderung der Stadt Mühldorf an alle Parteien, die an Laternen zu hoch angebrachten Plakate niedriger zu hängen, werde die AfD angesichts der Zerstörungswut nicht nachkommen. „Ich habe das dem Ordnungsamt bereits signalisiert, ansonsten werden wir einen 100-prozentigen Plakatausfall haben und können mit dem Plakatieren noch einmal vor vorne anfangen.“ Bei öffentlichen Auftritten bekämen er und seine Parteikollegen regelmäßig ausgestreckte Mittelfinger und andere obszöne Gesten zu sehen oder würden „Nazis“ genannt.

„Hitlerbärtchen würde weh tun“

Nicht ganz so derb gehen die „Kritiker“ mit den Plakaten der CSU um. „Wenn ich mal eine Zahnlücke oder lange Ohren gemalt bekomme, kann man das vielleicht sogar als Verschönerung abhaken“, scherzt Sascha Schnürer. Anständige Kritik auszuhalten, unterschreibe man quasi mit dem „Arbeitsvertrag“ zur Kandidatur. „Was mir aber schon weh tun würde, wäre ein Hitlerbärtchen in meinem Plakatgesicht.“ Dass manche Zeitgenossen ihre politische Gesinnung an Wahlplakaten ausließen, gehöre dazu. Ein gewisser Schwund sei auch von vorneherein eingeplant.

Ruppigen Ton wegstecken

Massive Sachbeschädigungen haben die Freien Wähler noch nicht erlebt, sagt deren Kandidat Markus Saller. Auch einen ruppigen Ton in der persönlichen Auseinandersetzung mit Bürgern könne er gut wegstecken. „Damit muss man als Politiker umgehen, wir werden sicher nicht in Watte gepackt.“ Es laufe alles recht anständig, obwohl der Wahlkampf heuer sehr aufgeheizt sei.

Hetze in sozialen Medien

„Da passiert schon bissl was und manches ist nicht ohne“, meint Sea Altmann von der SPD. Auf einem Plakat in Mühldorf-Nord wurde eine schwulenfeindlich, beleidigende Äußerung entdeckt. „Da war die Grenze überschritten, das haben wir angezeigt.“ Auch in den sozialen Netzwerken stelle die Kreis-SPD immer wieder Hetze und an den Infoständen von Passanten gezischte Verunglimpfungen fest.

Aufsteller werden zu Brennholz

Bernhard Suttner von der ÖDP vermisst einen seiner Aufsteller. „Der ist wohl im Innkanal gelandet oder die Leute machen Brennholz daraus“, vermutet er. Manche Schmierer seien aber durchaus kreativ, so wurde er im vergangenen Bundestagswahlkampf auf einem Plakat zu Harry Potter umgestaltet. Ansonsten, das übliche: „Wenn ich am Infostand bin, kommen manche auf einen zu und sagen, man solle doch alle Politiker in einen Sack stecken und draufhauen. Man würde dabei nie einen Falschen erwischen.“

„In erster Linie zeigen politische Parteien bei uns Sachbeschädigungen an ihren Plakaten an“, sagt Josef Bernhart, Leiter der Polizei Mühldorf. „Das ist der Fall, wenn sie beschmiert oder etwa durch teilweises Herunterreißen beschädigt wurden.“ Zu solchen Anzeigen – fast immer gegen Unbekannt – kommt es aber meist erst dann, wenn diese Sachbeschädigungen Überhand nehmen. Jede Anzeige gehe an die Staatsanwaltschaft weiter.

Anzeigen gegen Unbekannt

Hinterlässt jemand verfassungsfeindliche Botschaften, wie ein Hakenkreuz, schreitet die Polizei bei Entdeckung auch ohne Anzeige ein. „Wir versuchen dann den Verursacher ausfindig zu machen, veröffentlichen Zeugenaufrufe“, sagt Bernhart. Denn in der Regel werden solche Delikte unbeobachtet ausgeführt, die Ermittlungen gegen die unbekannten Täter sind selten von Erfolg gekrönt.

Es drohen bis zu drei Jahre Haft

Ein Kavaliersdelikt ist das Herumwerkeln an den Plakaten der Parteien nicht. Wer Wahlplakate beschädigt, macht sich der Sachbeschädigung strafbar – darauf weist die Polizei hin. Laut Strafgesetzbuch droht den Tätern eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Werden verfassungsfeindliche Symbole auf die Wahlplakate gemalt, kann sich die Freiheitsstrafe sogar auf bis zu drei Jahre belaufen.

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