Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Böse Entdeckung am Schlachthof Waldkraiburg

„Wer einmal lügt …“: Viehhändler landet wegen Tierquälerei erneut in Mühldorf vor Gericht

Kuh Amtsgericht
+
Schon wieder wegen Tierquälerei musste sich ein Viehhändler vor dem Amtsgericht verantworten.

Der Viehhändler ist dem Mühldorfer Amtsrichter Greifenstein seit Jahren bestens bekannt: Im aktuellen Fall geht es um Tierquälerei, einen lahmenden Bullen und absterbende Schwanzteile. So teuer kommt ihm jetzt ein Transport zum Schlachthof.

Mühldorf/Heldenstein/Waldkraiburg – Ein Vergehen gegen das Tierschutzgesetz wurde kürzlich vor dem Amtsgericht Mühldorf verhandelt. Auf der Anklagebank saß ein 60-jähriger Viehhändler aus dem Landkreis Mühldorf. Noch dazu einer, der bei Gericht wegen zahlreicher Vergehen schon bestens bekannt ist. Am 2. Mai hatte er einen Bullen von einem Bauernhof in Heldenstein zum Schlachthof nach Waldkraiburg transportiert.

Ungeeignet zum Transport von Tieren

Laut Anklage soll das Tier mit einer sichtbaren Schwellung am rechten hinteren Fuß gelahmt haben und auf nur drei Beinen laufend verladen worden sein. Zudem sei die Schwanzspitze des Rindes nekrotisch, das heißt: bereits abgestorben, gewesen.

„Das Tier hat gelitten“, stellte der Staatsanwalt fest. „Es musste die Fliehkräfte während des Transports auf drei Beinen ausgleichen. Der Angeklagte wusste das, es war ihm gleichgültig.“ Er habe den Transport aus wirtschaftlichen Gründen – er verdiente daran rund 50 Euro – trotzdem durchführen wollen. Das mache ihn ungeeignet zum Transport von Tieren.

„Mein Mandant ist sich bewusst, dass er kein unbeschriebenes Blatt ist“, Strafverteidiger Konstantin Kalaitzis sprach für den Viehhändler. „Der Weg zum Schlachthof war mit sieben Kilometern und zehn Minuten nicht weit. Er hat nicht gedacht, dass das Tier schwere Schmerzen hat.“ Es habe zwar leicht gelahmt, sei aber auf vier Beinen gelaufen.

Immer wieder Schwierigkeiten mit dem Gesetz

Vorsitzender Richter Florian Greifenstein hielt dem Angeklagten vor, dass ein Tierarzt am Vortag die Lahmheit des Bullen festgestellt hatte. Davon habe sein Mandant nichts gewusst, so der Verteidiger. „Wir kennen uns ja schon lange“, richtete Greifenstein das Wort an den Viehhändler. „Seit Jahren haben Sie immer wieder Schwierigkeiten mit dem Gesetz. Sie sollten doch besonders vorsichtig sein!“ Von 2003 bis 2014 hat der Angeklagte mehrere Vorstrafen wegen Tiermisshandlung gesammelt.

Video zeigt hinkenden Bullen

Der Staatsanwalt legte ein Video aus dem Schlachthof vor. Darauf ist zu sehen, dass der Bulle nach dem Abladen deutlich hinkt. „Nachdem ich es abgeladen habe, lief das Rind in den Schlachthof“, beharrte der Viehhändler. Mehr könne er dazu nicht sagen.

Pathologen untersuchen abgetrenntes Bein

Richter Greifenstein verlas daraufhin das Gutachten des Bayerischen Landesamts für Lebensmittelsicherheit. Dort wurden der nach der Schlachtung des Tieres abgetrennte Hinterlauf und der Schwanz untersucht. Laut Gutachten war der Fuß geschwollen, darin eine mindestens zehn Tage alte, eitrige Entzündung und absterbendes Gewebe; auch am Schwanz stellten die Pathologen diese Nekrose fest.

Amtstierärzte im Zeugenstand

Zwei Tierärzte vom Veterinäramt Mühldorf wurden als Zeugen gehört. Die Schlachthof-Tierärztin berichtete, dass sie sofort nach Abladen des Bullen von einem Kollegen mit der Info „Da stimmt was nicht“ hinzugezogen wurde. Das Rind habe nicht gefußt, es sei auf nur drei Beinen vom Transporter runter und hatte einen dicken Schwanz.

Bulle war nicht transportfähig

„Der Bulle wurde direkt an das Schlachtband umgeleitet, und sofort geschlachtet, damit er nicht länger leiden musste“, so die Zeugin. Das Video wurde wenige Minuten nach dem Abladen gedreht. „Das Rind war schlacht- und gebrauchs-, aber nicht transporttauglich“, stellte sie fest. Das Tier hatte sichtbar Schmerzen und sei maximal alle paar Schritte vierfüßig gelaufen. Es habe das lahme Bein beim Laufen nur kurz aufgetippt, um das Gleichgewicht zu halten.

„Rinder schreien nicht vor Schmerzen“

„Dem Bullen wurden erhebliche Schmerzen zugefügt, er war hochgradig lahm“, erklärte ein weiterer Amtstierarzt. „Die Untersuchungen und das Video belegen das eindeutig.“ Ein Rind empfinde Schmerzen wie ein Mensch. Aber: „Rinder schreien nicht vor Schmerzen.“ Der Transport sei für den 600-Kilo Bullen eine „Blindfahrt“ gewesen, er musste die Kurven und das Bremsen mit dem lahmen Fuß ausbalancieren.

Landwirt akzeptiert Strafbefehl

Gegen den Besitzer des Rindes, ein Landwirt aus Heldenstein, hatte es einen Strafbefehl in gleicher Sache gegeben. Im Dezember 2023 wurde dieses Verfahren eingestellt, der Landwirt hatte die auferlegten 2000 Euro bezahlt. Er wurde als dritter Zeuge vernommen. Weil der Bulle wegen seines Fußes auffällig war, habe er am 1. Mai den Tierarzt gerufen, da war das Tier bereits „für den Schlachthof geplant“. Der Arzt habe Lahmheit festgestellt, aber kein Fieber. Dem Schlachten stand nichts im Wege, folgerte der Bauer.

Am Tag des Transports habe er keine Verschlechterung festgestellt: „Der Bulle hat das Bein belastet.“ Er wisse nicht, wann das Video im Schlachthof gedreht wurde und was mit dem Rind im Schlachthof passiert sei. Auf die Frage des Richters, warum er die 2000 Euro aus dem Strafbefehl bezahlt habe, antwortete der Landwirt: „Weil ich nicht wieder vor Gericht will, nicht weil ich mich schuldig fühle.“

Leiden billigend in Kauf genommen

In seinem Plädoyer stellte der Staatsanwalt fest, dass der „erfahrene Tiertransporteur“ die Schwellung am Fuß des Bullen hätte feststellen müssen: „Der Angeklagte hat die Schmerzen und das Leiden des Tieres billigend in Kauf genommen.“ Ihm sei aber nur bedingter Vorsatz nachzuweisen und die Fahrt sei recht kurz gewesen. Zu seinen Ungunsten seien seine mehrfach einschlägigen Vorstrafen zu bewerten. Er forderte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 Euro und ein einjähriges Verbot von Tiertransporten.

Ganzer Sack an Tierschutzmissachtungen

„Wer einmal lügt …“, begann der Verteidiger. Weil sein Mandant einen „ganzen Sack an Tierschutzmissachtungen“ auf dem Kerbholz habe, werde der aktuelle Fall an dessen Person, aber nicht an dem konkreten Vorfall festgemacht. Dem Vorwurf des bedingten Vorsatzes müsse er sich aber stellen. Er habe nicht weiter erforscht, ob sich die Schmerzen des Tieres verstärkt hätten. Der Anwalt hielt eine Strafe von unter 100 Tagessätzen für ausreichend. Dem schloss sich auch der Angeklagte an.

„Nimmt es seit Jahren nicht so genau“

Wegen Tiermisshandlung verhängte Richter Greifenstein eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 40 Euro. Das Tier habe gelahmt, doch der Angeklagte „nimmt es seit Jahren nicht so genau“. Weil der Viehhändler momentan keinen Führerschein habe – gegen ihn läuft ein weiteres Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer –, verzichtete der Richter auf ein Transportverbot: „Das hat sich zurzeit erledigt.“

Kommentare