In den Landkreisen Mühldorf und Altötting
Schlag gegen Kinderpornografie: Staatsanwalt und Polizei verraten Details der Razzia
13 Verdächtige in sieben Gemeinden der Landkreise Mühldorf und Altötting bekamen am Dienstag (12. März) Besuch von der Kriminalpolizei: Es geht um Kinderpornografie. Wie ihnen Justiz und Polizei auf die Spur kamen und was die USA damit zu tun haben.
Mühldorf/Altötting – 13 Wohnungen in den beiden Landkreisen Mühldorf und Altötting wurden am frühen Dienstagmorgen (12. März) in einer großangelegten Aktion von über 20 Beamten der Kripo Mühldorf und Traunstein unter die Lupe genommen. Die Staatsanwaltschaft Traunstein hatte beim Ermittlungsrichter gegen 13 Personen Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt. Sie alle stehen unter dem Verdacht des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte. Bei dieser Razzia wurden Beweismittel sichergestellt, Festnahmen gab es keine.
Es geht nicht um einen Kinderpornoring
„Wir ermitteln hier nicht gegen einen Kinderpornoring“, erläutert Traunsteins Oberstaatsanwalt und Pressesprecher Dr. Rainer Vietze gegenüber den OVB Heimatzeitungen. „Es handelt sich um 13 einzelne Fälle, die nichts miteinander zu tun haben.“ Darin unterscheide sich die aktuelle konzertierte Aktion nicht von früheren Razzien, wie etwa der von Januar 2024. Auch im Januar wurden Beschuldigte in den Landkreisen Mühldorf und Altötting unter die Lupe genommen, Ermittlungsergebnisse dazu liegen noch nicht vor.
Der jüngste Verdächtige ist erst 16 Jahre alt
Der im aktuellen Fall jüngste Beschuldigte gerade mal 16 Jahre alt, der älteste 70 Jahre. „Aber nicht jeder Beschuldigte ist auch der Täter“, schränkt Vietze ein. „Der Anfangsverdacht richtet sich immer gegen den von uns festgestellten Anschlussinhaber der Internetverbindung. Das kann auch die Mutter sein, die den Anschluss an ihren Sohn weitergibt. Und im schlimmsten Fall eine böse Überraschung erlebt.“ Erst weitere Ermittlungen führen zum wahren Täter.
Durchsuchungen in sieben Gemeinden
„Die Durchsuchungen fanden in den Gemeindebereichen von Mühldorf, Waldkraiburg, Kraiburg und Mettenheim sowie Altötting, Burghausen und Garching statt“, gibt Pressesprecher Alexander Huber vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd Auskunft.
IT-Forensiker werten Beweismaterial aus
In den Wohnungen der Beschuldigten stellten die Ermittler Beweismaterial wie Mobiltelefone, Laptops und Speichermedien sicher, die nun von IT-Forensikern ausgelesen und ausgewertet werden müssen. Bei einem Tatverdächtigen stellte die Polizei zusätzlich eine geringe Menge an Betäubungsmitteln sicher. Die weitergehenden Ermittlungen werden von der Kriminalpolizei Mühldorf unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft Traunstein geführt.
Fast jede Woche ein „Action Day“
Fast jede Woche finden im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Traunstein Durchsuchungen wegen Kinderpornografie statt. „Meist können wir mehrere Fälle sammeln und die Durchsuchungen an nur einem Tag ansetzen“, so Vietze. Diese Tage werden von Staatsanwalt und Polizei als „Action Days“ bezeichnet. „Wir berichten längst nicht über jede Durchsuchung, nur noch über außergewöhnliche und größere Aktionen“, stellt der Polizeisprecher fest. Die Zahl der Fälle von Kinderpornografie, kennt seinen Worten nach nur eine Richtung: Sie geht steil nach oben.
Heiße Tipps kommen aus den USA
„Nach Rücksprache mit den zuständigen Staatsanwältinnen handelt es sich bei der überwiegenden Anzahl der aktuellen Ermittlungsverfahren von Dienstag, um sogenannte ‚NCMEC‘-Verfahren“, erklärt Oberstaatsanwalt Vietze. „Dabei wurden die Beschuldigten über eine Mitteilung von Internetanbietern aus den USA an die Organisation ‚National Center for Missing & Exploited Children‘, Abkürzung: NCMEC, bekannt.“
Die NCMEC-Organisation – ausgeprochen: Neckmeck – leitet einen sogenannten „CyberTipline“-Report an die zuständigen Ermittlungsbehörden in den USA. „CyberTipline“-Reports mit Bezug zu Deutschland werden an das Bundeskriminalamt weitergeleitet. Nach Prüfung der strafrechtlichen Relevanz und Feststellung der örtlichen Zuständigkeit in Deutschland leitet das BKA die Vorgänge an die Landeskriminalämter weiter. Von dort gehen sie an die zuständigen Kriminalpolizeiinspektionen.
„Wir kommen vielen auf die Schliche“
Die Kripo Mühldorf hat die Fälle an die Staatsanwaltschaft Traunstein weitergeleitet. „Wir haben nach Überprüfung und rechtlicher Bewertung die Durchsuchungsbeschlüsse beim Ermittlungsrichter am Amtsgericht Traunstein erwirkt“, resümiert Vietze. „Wir bekommen sehr viele solcher Meldungen aus den USA, dort scheinen andere Datenschutzregeln zu gelten als bei uns.“ Mithilfe von NCMEC kämen die deutschen Staatsanwälte „vielen auf die Schliche“.
Keiner darf sich sicher fühlen
Das vorläufige Ergebnis der Aktion von Dienstag werten Staatsanwaltschaft und Polizei als Erfolg im Kampf gegen Kinder- und Jugendpornografie. „Den Tatverdächtigen wurde deutlich aufgezeigt, dass sie sich in der vermeintlichen Anonymität des Internets nicht sicher fühlen dürfen“, warnt Polizeisprecher Huber.
Polizei und Justiz im Kampf gegen Kinderpornografie
Um die Verbreitung von Kinderpornografie zu bekämpfen, unternehmen Polizei und Justiz erhebliche Anstrengungen. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd hat eigene „Arbeitsgruppen Kinderpornografie“ bei den drei Kriminalpolizeiinspektionen und der Kriminalpolizeistation Mühldorf eingerichtet. Diese Arbeitsgruppen beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit allen Delikten im Zusammenhang mit dem Besitz und der Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie und arbeiten hierbei eng mit den Staatsanwaltschaften zusammen. Bei der Staatsanwaltschaft Traunstein sind mittlerweile ein Staatsanwalt als Gruppenleiter und drei Staatsanwältinnen speziell für die Verfolgung kinder- und jugendpornografischer Straftaten zuständig. Bis Ende 2021 waren in diesem Deliktsbereich nur zwei Staatsanwältinnen tätig.