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Prozess am Amtsgericht Mühldorf geht weiter

„Da hört’s einfach auf“: Hitlergruß gezeigt und Migranten mit Waffe bedroht - Knast oder nicht?

Mit einer Softair-Pistole soll ein 45-Jähriger Migranten bedroht haben. Deshalb steht er jetzt in Mühldorf vor Gericht.
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Mit einer Softair-Pistole soll ein 45-Jähriger Migranten bedroht haben. Deshalb steht er jetzt in Mühldorf vor Gericht.

Am Mühldorfer Amtsgericht fand ein zweiter Prozesstag gegen einen Mann (45) aus Mühldorf statt, der den Hitlergruß gezeigt und Migranten mit einer Pistole bedroht hatte.

Von Gustav Schwalb

Mühldorf – Es war eine üble Geschichte, die im vergangenen Mai durch lokale Medien ging: Auf offener Straße reckte am helllichten Tag ein Mann mit Glatze einem dunkelhäutigen Radfahrer in Töging seine Hand zum Hitlergruß entgegen und bedrohte ihn und seine Begleiterin mit einer Pistole. Vor dem Amtsgericht Mühldorf hat sich dieser Fall nun geklärt: Täter war ein 45-jähriger Spezialelektriker aus Mühldorf. Er ist jetzt vorbestraft.

Am ersten von zwei Prozesstagen bestritt der Angeklagte drei von sechs nahezu gleichen Taten, die ihm die Staatsanwaltschaft zur Last gelegt hatte – unter anderem den Töginger Vorfall. Deswegen lud Richter Florian Greifenstein zum zweiten Termin Zeugen. Erst berichtete eine 18 Jahre alte Auszubildende von ihrem Erlebnis am Nachmittag des letzten Freitags im Mai, als sie mit ihrem kolumbianischen Kumpel zu einem Töginger Supermarkt radelte.

Ein Mann mit Glatze sei in seinem Golf im Schritttempo an ihnen vorbeigefahren und habe ihrem dunkelhäutigen Freund den Hitlergruß gezeigt. Die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist eine Straftat. Ebenso das Führen einer Luftdruckwaffe, mit der seinerzeit der Angeklagte der jungen Frau und ihrem Gefährten Furcht einflößen wollte. Das gelang ihm. „Wir hatten komplett Angst und waren schockiert“, sagte die Zeugin.

Aus Geld- kann Freiheitsstrafe werden

Nach dieser Zeugenaussage bot der Richter dem Angeklagten an, seinen Einspruch gegen den Strafbefehl über eine Geldstrafe von 230 Tagessätzen zurückzunehmen. Denn aus einer Geld- könne auch eine Freiheitsstrafe werden, gab er zu bedenken. Da schoss dem Mann mit der polierten Glatze reichlich Blut in den Kopf, seine Wangen röteten sich. Doch nach einer fünfminütigen Beratung mit seinem Verteidiger Axel Reiter blieb er dabei: Drei Taten gab er zu, drei andere nicht.

„Immer wieder“ sei das passiert

Die zweite Zeugenaussage machte es für ihn nicht besser: Ein junger Eritreer aus Mühldorf, als Maurer in Schwindegg in Lohn und Brot stehend, erkannte den Angeklagten sofort wieder. Er habe ihm schon mehrere Male den Hitlergruß gezeigt. „Immer wieder“ sei das passiert: „Gehupt, langsamer gefahren, Hand ausgestreckt, manchmal auch ,Ausländer raus´ gerufen.“

Am 15. Juni sei es ihm erstmals gelungen, das Auto des Angeklagten zu fotografieren. Eine Woche später lichtete ein Bekannter des Zeugen den Täter ab. Da kam dann auch wieder die Pistole ins Spiel, die der Angeklagte bisweilen auf seine Opfer richtete. Und fast das gleiche Spiel dann Ende August – nur eben ohne Waffe, die nach den Juni-Vorfällen polizeilich konfisziert war.

Staatsanwältin und Richter sehen Angeklagten als Gesinnungstäter

Während der Verteidiger die Zeugenaussagen für zu vage hielt, um seinem Mandanten alle Taten anzulasten, und 120 Tagessätze als Geldstrafe für ausreichend gehalten hätte, gab es für Staatsanwältin Lisa Böhm und Richter Greifenstein keine Zweifel: Beim Angeklagten handelt es sich um einen Gesinnungstäter. Von spontanem Frust, wie er selbst es dargestellt hatte, könne als Motiv keine Rede sein.

Der Richter verwies auf Lichtbilder im Ermittlungsakt: „Ihre Wohnung ist mit nationalsozialistischen Devotionalien tapeziert, das ist übel.“ Der Angeklagte habe sich eine „Ungeheuerlichkeit“ geleistet, für die weder das Gericht noch die Öffentlichkeit Verständnis aufbringen könne, „da hört´s einfach auf“.

Beim Strafmaß überbot Greifenstein „zur Verteidigung der Rechtsordnung“ die Staatsanwältin, die eine Geldstrafe über 300 Tagessätze beantragt hatte. Er verurteilte den Hitlergruß-Pistolero zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe mit zweijähriger Bewährung. Ob die Strafe dem Täter eine Lehre ist, sei angesichts der Fotos aus der Wohnung zu bezweifeln. Der Richter wirkte angeekelt.

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