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Amtsgericht Mühldorf

Er wurde immer kranker: So bringt ein angebliches Unfallopfer den Mühldorfer Richter in Rage

Es begann am Schnellrestaurant und endete vor Gericht: Hat ein Autofahrer dort einen Mann angefahren oder hat das angebliche Opfer glatt gelogen?
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Es begann am Schnellrestaurant und endete vor Gericht: Hat ein Autofahrer dort einen Mann angefahren oder hat das angebliche Opfer glatt gelogen?

Weil es ihm körperlich angeblich zusehends schlechter ging, brachte ein Angeklagter den sonst so geduldsamen Richter in Rage. Denn plausibel erklären konnte der 52-Jährige nichts.

Von Gustav Schwalb

Waldkraiburg/Mühldorf – Wunder ereignen sich normalerweise bei Heilungen. Doch diesmal ging es genau in die andere Richtung. Erst tat ein Ellbogen weh, dann wie aus heiterem Himmel der Rücken, auf einmal das Hinterteil und plötzlich auch ein Bein – am Ende humpelte der Leidensmann. Nur glauben Polizisten und Staatsanwältinnen allzu selten an Wunder. In diesem Fall sorgten sie dafür, dass ein Richter nachforscht.

Vor Schnellimbiss angefahren

Auf der Anklagebank des Amtsgerichts Mühldorf nahm ein Mann Platz, der – würde er von der Schauspielkunst leben – eine Begabung für Opferrollen aufwiese. Er ist 52 Jahre alt, arbeitet als Krankenpfleger in München, ist in Bad Füssing gemeldet und verbringt nach eigenem Bekunden jede freie Minute in seiner mazedonischen Heimat.

An einem Donnerstag im März 2024 will er auf dem Parkplatz eines Schnellimbisses in Waldkraiburg von einem Auto erfasst worden sein. Damit wiederum hätte der Fahrer, ein 33-jähriger Immobilienmakler aus Aschau, ein Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung am Hals gehabt.

In Erwartung eines in Tüte und Schachteln gepackten Mahles rollte der Immobilienmakler in die Fahrspur zur Essensausgabe, als von einem Moment auf den anderen ein Mann vorn neben seinem Auto stand und sich auf die Motorhaube stützte. „Er hat über Schmerzen am Ellbogen geklagt, das ist mir komisch vorgekommen“, sagte der Fahrer vor Gericht.

Nach einem kurzen Wortwechsel rief er die Polizei. In kurzen Zeitabständen klagte das vermeintliche Unfallopfer über zunehmend wunderliche Gebrechen – bis hin zum Steißbein, obwohl er definitiv nicht zu Boden gegangen war.

Höhe des Autos passt nicht zu den Verletzungen

Die skeptischen Polizisten zückten ihr Maßband. Höhe der Motorhaube: 85 Zentimeter. Höhe des Ellbogens beim 52-Jährigen: 115 Zentimeter. Sie schöpften Verdacht: Haben sie es mit einem Simulanten zu tun, der eine Krankschreibung oder gar Schmerzensgeld ergaunern will? Delikte wie Vortäuschen einer Straftat und Falsche Verdächtigung standen im Raum.

Kein kapitaler Fall für ein Strafgericht, aber ein kniffliger. Zumal der Angeklagte auch noch eine ärztliche Bescheinigung über Arbeitsunfähigkeit vorlegte.

Nun kannte Amtsrichter Florian Greifenstein den Angeklagten aber aus einem Prozess, der seine, Greifensteins, Langmut über mehrere Jahre strapaziert hatte. Wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt steht der Krankenpfleger seither unter Bewährung.

Und jetzt unternahm er wieder alles, um sich als Unschuldslamm darzustellen. Zu Beginn der Verhandlung benötigte er einen Dolmetscher. Am Ende bezichtigte er einen als Zeugen aussagenden Polizisten in einwandfreiem Deutsch, unfair ermittelt zu haben.

„Herrgott nochmal“, herrschte ihn Richter Greifenstein an, „hören Sie auf! Was glauben Sie, wo wir sind?“ Er setzte den Prozess aus. Nun soll der Arzt die wunderlichen Verletzungen erklären, der die Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Von der Schweigepflicht hat ihn der Angeklagte entbunden.

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