Im Selbsttest am Puls der Zeit
Die App fürs E-Rezept – wer sie braucht und wie man sie aufs Handy bekommt
Die App zum E-Rezept macht alles leichter? Kann schon sein. Aber vor das erste Rezept haben die Götter das Einrichten der App gesetzt. Ein Selbstversuch.
Mühldorf – Unser Gesundheit wird digital, deshalb ist seit 1. Januar das E-Rezept der neue deutsche Standard. Um ein solches elektronisches Rezept aufs Handy zu bekommen und auch via Handy in der Apotheke einzulösen, muss man ein Smartphone besitzen und darauf die App „Gematik“ installieren.
Doch keine Angst. Um ein E-Rezept einzulösen, braucht es nicht zwingend ein Smartphone – es reicht auch die Versichertenkarte oder ein in der Arztpraxis ausgedruckter Code. Allerdings können in der App Nutzer-Profile für die ganze Familie angelegt werden. Egal ob für die Kinder oder ältere Angehörige, die selbst kein Smartphone haben, oder den Weg zur Apotheke nicht mehr schaffen.
Die App installieren sollte schnell gehen
Aber, wie die Journalistin so ist, muss sie erstens alles selbst ausprobieren und zweitens alles haben, was neu ist. Also musste auch die Rezept-App „Gematik“ her. Und, weil frau ja keine digitale Anfängerin ist, sollte das ratzfatz erledigt sein – eines Dienstagabends in der Halb-Horizontalen auf dem Sofa, mit einem Auge auf dem Smartphone und dem anderen auf dem flimmernden TV-Gerät.
Egal ob iOS oder Android, erst mal muss „Gematik“ in App- oder Play-Store gesucht und gefunden werden. Dann laden und warten, bis der Button „Öffnen“ erscheint. Jetzt muss die App mit den persönlichen Daten des Nutzers eingerichtet werden.
Wo ist nur die PIN zur Gesundheitskarte?
Dafür fordert die App von jedem Nutzer eine „NFC-fähige Versichertenkarte der Krankenkasse“. Zu erkennen an einem kleinen Punkt mit links und rechts jeweils drei geschwungenen Klammern links neben dem Schriftzug „Gesundheitskarte“. Die App „Gematik“ fordert aber auch noch eine PIN. Kann gut sein, dass mir die Kassen neben einem ihrer vielen Werbeschreiben auch mal ein Briefchen mit einer Karten-PIN zugeschickt hat. Nur wo könnte dieser Brief sein? Möglicherweise ist er in der großen, blauen Ablagetonne gelandet.
Das Passwort muss ellenlang sein
Also ohne PIN. Stattdessen die Versichertennummer eingetippt und prompt gibts eine rote Fehlermeldung. Was? Bei genauerer Betrachtung könnte die Null am Anfang wohl doch der Buchstabe O sein. Wer sich das wohl ausgedacht hat? Dann halt mit dem Buchstaben beginnen. Passt. Jetzt noch ein einzigartiges Passwort für die App kreieren.
Nachdem die nötigen zwölf Stellen für das Passwort noch einigermaßen motiviert, mit sinnlosem Aneinanderreihen von Buchstaben in groß und klein, Ziffern und Sonderzeichen ausgefüllt sind, sollte die Registrierung abzuschließen sein. Mensch gegen Maschine.
Vor der App ist nach der App
Es folgt die Weiterleitung zum Herunterladen der benötigten App der jeweiligen Krankenkasse und Freischaltung derselben. Identifizierung des Nutzers mit Online-Personalausweis und dazugehöriger PIN oder mit Versichertenkarte und PIN. Echt jetzt? Der Perso wäre prinzipiell online-fähig. Nur, ob diese Funktion freigeschaltet ist und wo die dazugehörige PIN ruht – keine Ahnung.
Vom Sofa aus funktioniert es nicht
Dann halt die Alternative „Identifizierung mit Postident“ angeklickt. Und gleich darauf kommt die Erkenntnis, dass das nicht vom Sofa aus möglich ist. Also: Abbruch des Unternehmens „E-Rezept App“.
Ab zur nächsten Postfiliale
Weiter an Tag 2 – Mittwoch. Nach Zusendung des Postident-Coupons aufs Handy und dem Finden der nächsten Postfiliale geht die Registrierung in die zweite Runde. Für die Angestellten der Post ist diese Identifizierung ihr täglich Brot. Vor allem jetzt, da viele ihr E-Rezept aktivieren wollen. Also den Personalausweis über den Tresen gereicht, dann soll der Code vom Handydisplay abgescannt werden – funktioniert nur nicht. Also muss die freundliche Dame drei lange Zahlen- und Buchstabenreihen per Hand eintippen. Die Identifizierte muss die Angaben noch überprüfen, unterschreiben und mit grün bestätigen. Nach ein paar Minuten ist das alles vorbei.
„Ihr Benutzerkonto wird gerade eingerichtet“
Geschafft? Von wegen. Jetzt heißt es warten, bis das „Go“ von der Krankenkasse kommt. Eineinhalb Stunden nach dem Besuch bei der Post meldet die Kasse per E-Mail „Identität erfolgreich bestätigt“. Allerdings wird die neu aufgeflammte Euphorie von der Krankenkassen-App gleich wieder ausgelöscht. „Ihr Benutzerkonto wird gerade eingerichtet“, ist da zu lesen und dass das bis zum nächsten Werktag dauern kann. Dazu eine nett skizzierte Teetasse. Auf diese Nachricht brauche ich erst mal einen Kaffee.
Auch das noch: Technische Störung bei der Krankenkasse
Tag 3 bis 6, Donnerstag bis Sonntag – trotz immer wieder Aufrufen der Kassen-App – ist der Vorgang noch keinen Schritt weiter. Ein Anruf bei der Hotline der Krankenkasse bringt Licht in die Sache. Der nette Herr am Telefon prüft nach, warum es so lange dauert und wird fündig: „Wir haben eine Funktionsstörung in unserer App. Die Techniker sind dran.“
Und juhu! Am Sonntagabend läuft die App der Krankenkasse – Sie erinnern sich, am Dienstag habe ich mit der Freischaltung angefangen. Plötzlich geht alles ganz schnell. Es flutscht mit der Kassen-App. Ich bin drin! Wie gut, dass ich in diesen sechs Tagen nichts Dringendes aus der Apotheke gebraucht habe.
Mit der PIN geht alles leichter
Zwei Tage später flattert mir die PIN zur Gesundheitskarte ins Haus. Die wurde während der Registrierung automatisch angefordert. Ich schmeiße die bereits installierte App noch mal vom Handy und gehe den Weg mit der PIN. Das funktioniert sogar innerhalb weniger Minuten.
Eigentlich geht es Ruck-zuck
Fazit, nach dem Selbst-Test beider Wege: Die Einrichtung der App fürs E-Rezept geht Ruck-zuck – wenn man eine Gesundheitskarte mit PIN hat – die sollte man sich und seinen Nerven gönnen. Der Umweg zur App über die Postfiliale für Postident ist etwas umständlich, funktioniert aber am Ende auch.
Jedes Quartal in die Praxis
Das erste E-Rezept habe ich mittlerweile auch schon verordnet bekommen. Ein Tipp: Auch für das E-Rezept muss die Gesundheitskarte für das Quartal schon in der Praxis eingelesen sein. Per App können die Medikamente dann bequem online in der Wunschapotheke bestellt und irgendwann abgeholt werden – oder man lässt die Gesundheitskarte in der Apotheke auslesen.
Die E-Rezept-App finden Sie hier.
