Volksfest Mühldorf
„Menschenunwürdig“, „versifft“ – Heftige Kritik an mobilem Behinderten-Klo auf dem Volksfest
Vor dem Nachmittag für Menschen mit Behinderung hagelt es Vorwürfe: Eine Rollstuhlfahrerin kritisiert heftig die Behinderten-Toiletten auf dem Mühldorfer Volksfest.
Mühldorf - Martina Reichenberger-Stöckl besucht gerne das Mühldorfer Volksfest. Immer zusammen mit ihrem Mann Gerald Stöckl, denn sie ist auf Hilfe angewiesen: Reichenberger-Stöckl sitzt im Rollstuhl. Deshalb trifft sie das schlechte Wetter und der viele Regen natürlich noch stärker als die anderen Besucher. Doch damit nicht genug: Sie hat heuer keine Chance, bei Regen ohne nass zu werden zur Toilette zu kommen.
Früher gab es eine Behindertentoilette zwischen den Zelten
Früher, erzählt ihr Mann, gab es zwischen Weißbierzelt und Alm eine Behindertentoilette, in diesem Jahr nicht mehr. Nur das Spatenzelt bietet diesen Service noch an. Für die Besucher aller anderen Zelte hat die Stadt einen Container ganz am Rande des Festes in Richtung Stadtsaal aufgestellt und ein mobiles Behinderten Klo hinter dem Steckerlfischbrater. Wenn Stöckl über diese Toilette spricht, gebraucht er starke Worte: „Meine Frau fühlt sich total diskriminiert.“
Er nennt die Toilette „menschenunwürdig“ und „versifft“. Der Grund: Im Gegensatz zu anderen Behindertentoiletten ist sie nicht abgesperrt. Da ihr Besuch nichts kostet und sie mitten im Geschehen liegt, wird sie offensichtlich von zahlreichen anderen Wiesngästen genutzt. Entsprechend dreckig ist sie nach Angaben mehrerer Besucher.
Platz im WC zu knapp bemessen
Hinzu kommt, dass sie für Rollstuhlfahrer laut Stöckl nicht groß genug ist und gehbehinderte Menschen nur schwer aus ihrem Rollstuhl auf den Toilettensitz wechseln oder Hilfe dabei bekommen können.
Birgit Wendl ist eine Freundin der Familie Stöckl, sie hat die Probleme am Samstagabend miterlebt. Sie kritisert: „Was beschämend ist, dass dieses Häuschen am Fußweg steht. Alle Besucher des Volksfestes sehen, wenn meine Freundin sich in die Toilette fahren lässt. Glauben Sie, dass der beeinträchtige Rollstuhlfahrer sich gerne hierbei beobachten lässt?“
Die Stadt bestätigt zwar die Angaben zur Verteilung der Behinderten-Toiletten auf dem Festplatz, teilt die Kritik daran aber nicht. „Im Vergleich zum Vorjahr sind die Toiletten an Behindertenparkplatz und neben der Steckerlfischbraterei neu hinzugekommen“, erklärt Stadtsprecher Werner Kurzlechner. „Insofern hat sich die Situation im zentralen Festplatzbereich aus Sicht der Stadtverwaltung gegenüber der Vergangenheit verbessert.“
Behindertenbeauftragter wurde nicht gefragt
Der Behindertenbeauftragte der Stadt, Erich Brunnhuber nennt die Situation „eigentlich nicht tragbar“. Er sagt: „Ich war entsetzt, als ich das gesehen habe.“ Oft lässt sich die Stadt von ihm beraten, wenn Planungen Behinderte betreffen könnten. Im Fall der Toiletten auf dem Festplatz nicht. „Ich wurde leider nicht eingebunden.“
Weite Wege für Gehbehinderte
Das sei in früheren Jahren anders gewesen, seit Corona verzichte man auf seine Expertise. Und mit der fordert er Toiletten, die für Behinderte direkt vom Zelt aus erreichbar sind, ohne dass sie weite Wege über den Platz in Kauf nehmen müssten. Das Engagement der Spatenbrauerei mit einer eigenen Toilette für gehbehinderte Menschen nennt er vorbildlich, für behinderte Besucher anderer Zelte aber keine Lösung. Der Weg durchs ganze Spatenzelt sei einfach zu weit.
Brunnhuber kritisiert auch das zweite Behinderten-WC, das in einem Container am Rand des Festplatzes in Richtung Behindertenparkplätzen am Stadtsaal aufgestellt ist. „Es ist nur schwer zu finden“, sagt er, Hinweise auf das versteckte Örtchen gibt es keine. Erst die Toilettenfrau des normalen WCs in unmittelbarer Nähe weist den Weg. Innen entspricht es den Vorgaben - mit einer Ausnahme: Es ist wegen einer Treppenstufe am Eingang für Rollstuhlfahrer oder schwer Gehbehinderte unerreichbar. Die notwendige Rampe liegt im Inneren.
Neue Toiletten im nächsten Jahr
Für die Stadt war eine Beratung mit Brunnhuber heuer dagegen nicht notwendig. „In diesem Jahr gab es aus unserer Sicht keinen Bedarf, weil im Vergleich zum Vorjahr sogar zusätzliche Behindertentoiletten geschaffen wurden“, erklärt Stadtsprecher Kurzlechner. Es habe sich jetzt im Gespräch mit Brunnhuber aber gezeigt, dass zusätzliche Behindertentoiletten im westlichen Bereich sinnvoll seien. „Wir gehen davon aus, hier für das kommende Jahr in Zusammenarbeit mit den Festwirten von Innbräu und Erhartinger eine sehr gute Lösung analog zum Spatenfestzelt zu finden.“ Kurzlechner verspricht: „Das heißt nicht, dass alles perfekt ist. Wir versuchen uns auch in diesem Bereich beständig zu verbessern.“
Nachmittag für Behinderte
Der Donnerstag ist als „Nachmittag für Menschen mit Behinderung“ ausgeschrieben, traditionell finden dann viele Gruppen aus der Behinderteneinrichtung Stiftung Ecksberg den Weg aufs Volksfest, manche davon in Rollstühlen. Die Karussells bieten verbilligte Fahrten für Behinderte und deren Begleitpersonen an.
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