Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Interview mit Landrat Max Heimerl

Der Landkreis Mühldorf und das Geld: Es geht ans Eingemachte

Ab Montag (26. Februar) beraten und beschließen die Kreisräte den Haushalt im Landkreis für 2024. Landrat Max Heimerl (CSU) zu den Eckpunkten – und die sind nicht nur erfreulich.
+
Ab Montag (26. Februar) beraten und beschließen die Kreisräte den Haushalt im Landkreis für 2024. Landrat Max Heimerl (CSU) zu den Eckpunkten – und die sind nicht nur erfreulich.

Am Montag (26. Februar) beginnt im Landkreis Mühldorf die Woche der Wahrheit: Dann beraten und beschließen die Kreisräte den Haushalt für 2024. Sie müssen so manche Kröte schlucken, wie Landrat Max Heimerl im Interview ankündigt.

Mühldorf – Für den Landkreis und die Gemeinden beginnt am Montag, 26. Februar, die Woche der Wahrheit. Am Montag beraten Kreis- und Finanzausschuss den Landkreishaushalt 2024, am Freitag entscheidet der Kreistag. Landrat Max Heimerl (CSU) nennt im OVB-Interview jetzt schon die wichtigsten Punkte.

Steigt die Kreisumlage 2024 erneut?

Max Heimerl: Ja, wir werden dem Kreistag vorschlagen, die Kreisumlage um 1,3 Prozentpunkte auf 55,3 Prozent anzuheben.

Das ist viel.

Heimerl: Wir hatten in den Jahren 2011, 2012 schon mal über 57 Prozent. Das ist natürlich kein erstrebenswerter Zustand. Wir stehen aber auch nicht alleine. Es kommt heuer so gut wie kein Landkreis ohne eine Steigerung der Kreisumlage aus.

Wie war das Gespräch mit den Bürgermeistern?

Heimerl: Sehr konstruktiv. Natürlich kämpft jeder für seinen Haushalt und eine zusätzliche Kreisumlage ist eine zusätzliche Belastung. Aber wir haben die Lage ausführlich dargestellt und sehr viele haben gesagt, der Vorschlag zur Erhöhung sei absolut nachvollziehbar, wenngleich jeder knirscht und es nicht gerne macht. Wir machen es ja auch nicht gerne. Wir legen den Gremien jetzt einen Haushaltsentwurf vor, der an die Grenze unserer Belastbarkeit geht.

Das heißt?

Heimerl: Wir können wieder keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Der Haushalt 2023 hat schon mit einem Verlust abgeschlossen, der jetzige wird mit einem Verlust von ungefähr drei Millionen Euro abschließen. Nach der derzeitigen Planung werden wir auch 2025 keinen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen.

Also weitere Schulden?

Heimerl: Ohne funktioniert es nicht. Das gehört zur Wahrheit dazu. Wir haben in den vergangenen 15 Jahren die Verschuldung des Landkreises gut senken können. Aktuell können wir aber für Investitionen keine Eigenmittel erwirtschaften. Daher müssen sie 2024 und 2025 komplett über neue Schulden finanziert werden. Deswegen sind jetzt 14 Millionen Euro neue Schulden eingeplant.

Landrat Max Heimerl

Viel Geld …

Heimerl: Gleichzeitig tilgen wir aber auch, sodass unsere Neuverschuldung heuer unterm Strich um neun Millionen Euro steigt.

Wo wird diese Reise über 2024 hinaus hingehen?

Heimerl: Wir werden, wenn man jetzt den Finanzplanungszeitraum bis 2027 betrachtet, die 70-Millionen-Marke an Gesamtverschuldung voraussichtlich wieder überschreiten. Das darf aber nicht zum Dauerzustand werden. Wir können nicht unsere Probleme dauerhaft auf Kosten unserer Kinder und Enkel lösen.

Warum ist ein ausgeglichener Haushalt nicht möglich?

Heimerl: Wie die Städte und Gemeinden ist auch der Landkreis mit steigenden Energiepreisen und Bewirtschaftungskosten konfrontiert. Wir haben ebenfalls erhebliche Kostensteigerungen beim Personal, da die Tarifabschlüsse sehr hoch waren. Darüber hinaus haben wir deutlich steigende Sozialkosten, insbesondere in der Kinder- und Jugendhilfe. Und wir haben die Klinikdefizite, die wir im Landkreishaushalt mit aufzufangen haben.

Schuld ist also nicht alleine das Krankenhaus.

Heimerl: Das wäre in der Tat zu kurz gedacht. Es kommt einfach alles zusammen, auch wenn das Klinik-Defizit natürlich ein wesentlicher Faktor ist. Beim Krankenhaus sind wir zudem wirklich gut unterwegs. Wir werden 2024 aller Voraussicht nach einer der ganz, ganz wenigen Landkreise sein, die es schaffen, ihr Krankenhausdefizit zu senken.

Wie schaffen Sie das?

Heimerl: Wir leben die Fusion, bauen Doppelvorhaltungen ab und haben dadurch Kosteneffekte, die Steigerungen in anderen Bereichen kompensieren können. Wir konnten zuletzt auch vielversprechende neue Chefärzte gewinnen, für die unser Konzept stimmt. Wir haben frühzeitig die richtigen Weichen gestellt.

Neue Schulden sind aber nur die eine Stellschraube …

Heimerl: Dieser Haushalt ist möglich, weil wir auf der einen Seite stark eingespart haben und auf der anderen sechs Grundstücke in der Eichkapellenstraße in Mühldorf verkaufen werden. Trotzdem brauchen wir unterm Strich noch die gestiegene Kreisumlage.

Wie würden Sie den Haushalt beschreiben?

Heimerl: Er ist ein Dreiklang aus Sparen, Stabilisieren und strategischem Investieren.

Wo sparen Sie?

Heimerl: Wir sanieren nur noch die Kreisstraßen, bei denen das sicherheitstechnisch relevant ist. Ansonsten fahren wir den Unterhalt der Kreisstraßen auf ein Minimum zurück.

Ist das nicht gefährlich?

Heimerl: Für ein bis zwei Jahre ist das noch vertretbar, aber es darf halt nicht fünf Jahre oder noch länger dauern. Dann hätten wir einen Substanzverzehr, den wir nur mit deutlich höheren Kosten wieder auffangen könnten.

Kreistag Mühldorf

Wo sparen Sie noch?

Heimerl: Wir sparen im Landratsamt, wo es geht. Wir verzichten auf technische Aufrüstungen, halten Personalstellen konstant, obwohl wir zusätzliche Arbeit erwarten, und besetzen frei werdende Stellen zum Teil nicht sofort wieder neu.

Und sonst?

Heimerl: Wir sparen auch bei den freiwilligen Leistungen. Dazu haben wir mit allen Partnern individuelle Regelungen gefunden, zum Beispiel mit der Caritas und dem Kreisjugendring. Wir sind dankbar, dass auch da die Bereitschaft da ist, den Weg durch diese Krise gemeinsam zu gehen.

Was meinen Sie mit Stabilisieren?

Heimerl: Wir wollen bei allem Sparen erfolgreiche Strukturen erhalten. Diese später wieder aufzubauen, wäre wahnsinnig schwierig. Wir haben in den letzten Jahren zum Beispiel die Jugendsozialarbeit an Schulen ausgebaut, die für die Kinder und für die Schulen wichtig ist, un­d die auch gesellschaftspolitisch stabilisierend wirkt.

Die dritte Säule ist Investieren.

Heimerl: Die Hauptaufgabe sind Investitionen in die Bildung. Wir halten an den beschlossenen Investitionen bei den Gymnasien in Waldkraiburg und Mühldorf fest und bekennen uns klar zum Bau des Förderzentrums in Waldwinkel. Unsere Investitionsquote wird nicht so weit sinken, dass wir keine Impulse mehr für die heimische Bauwirtschaft setzen, da müssen wir antizyklisch agieren.

Worauf kommt es in den nächsten Jahren an?

Heimerl: Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Region erhalten. Deswegen treiben wir gemeinsam mit den Gemeinden das Landkreiswerk und die „Innovationsachse und Wirtschaftsraum A94 2.0“ voran. Sichere und bezahlbare Energie ist zu einem ganz wesentlichen Standortfaktor geworden.

Wie lange wird diese Durststrecke dauern?

Heimerl: Wir haben kein Einnahmen-Problem, sondern ein Ausgaben-Problem. Unsere Einnahmen steigen, wir haben mehr Geld als in den letzten Jahren und kommen nicht mehr damit aus. Nicht, weil wir nicht rechnen können, sondern weil verpflichtende zusätzliche Ausgaben entstehen, die wir nicht beeinflussen können. Der Bund muss die Rahmenbedingungen ändern, damit wir wieder in ein finanzwirtschaftlich gesundes Fahrwasser kommen.

Wenn das nicht geschieht …

Heimerl: Würden wir dauerhaft über unsere Verhältnisse leben. Wir müssten dann auch in den nächsten Jahren dauerhaft unsere Verschuldung massiv nach oben treiben.

Wie lange kann der Landkreis das aushalten?

Heimerl: Wir können das 2024 und 2025 kompensieren. Dann muss es aber wieder anders werden. Wir brauchen dann wieder vernünftige Landkreishaushalte. Es geht ja nicht nur uns so, es geht momentan allen so.

Sie können aber immer noch gestalten.

Heimerl: Ja. Wir müssen uns das unbedingt erhalten und die begrenzten Mittel dort einsetzen, wo wir uns den größten Mehrwert erhoffen. Wir bekommen es im Schulterschluss mit den Gemeinden hin, dass wir nach der Krise sagen können, jetzt können wir wieder gestärkt durchstarten.

Der Kreishaushalt 2024: Zahlung und Fakten

Der Haushalt des Landkreises Mühldorf hat im Entwurf ein Volumen von 205 Millionen Euro. Der Ergebnishaushalt umfasst 189 Millionen Euro; 18 Millionen Euro mehr als 2023. Größter Posten sind die Transferaufwendungen mit 88 Millionen Euro; darin ist der Defizitausgleich für das „InnKlinikum“ (14 Millionen Euro) enthalten. Im Finanzhaushalt sind 24 Millionen Euro (zwei Millionen Euro mehr als 2023) für Investitionen vorgesehen; davon sind fünf Millionen Zuschuss für den Pflegeneubau am Klinikstandort Mühldorf. Mit bestehenden Kreditermächtigungen, die noch nicht abgerufen wurden, und 14 Millionen Euro neuen Kreditermächtigungen könnte der gesamte Schuldenstand Ende 2024 bei 66 Millionen Euro liegen. Die Kreisumlage soll auf 55,3 Prozent steigen. Das sind Einnahmen von 93,9 Millionen Euro, von denen 37,4 Millionen Euro an den Bezirk gehen. Für einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt wäre eine Kreisumlage von 57,1 Prozent erforderlich.

Kommentare