Wenig Spenderorgane im Kreis Mühldorf
„Und wenn ich gar nicht tot bin?“ – So sorgt das „InnKlinikum“ für Sicherheit bei Organspenden
Ende 2022 warteten in Bayern 1.222 Menschen auf ein Spenderorgan. Von Januar bis Oktober 2022 gab es aber nur rund 100 Organspenden. Warum das Thema so schwierig ist. Und was nötig wäre, um die Lage zu entschärfen.
Mühldorf/Altötting – Derya Eliacik (31) aus Mühldorf hatte Glück. Nach elf langen Jahren als Dialysepatientin bekam sie im Sommer 2023 eine Spenderniere eingesetzt. Die Mühldorferin hat gegenüber dem OVB bedauert, dass sich zu wenige Menschen zur Organspende bereit erklären, sich zu wenig mit dem Thema auseinandersetzen.
Organspende ist ein Tabuthema
Auch Dr. Martin Kahl, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin am „InnKlinikum“ Mühldorf stellt in seinem Alltag in der Klinik fest, dass Organspende für viele noch immer ein Tabuthema ist. „Grundsätzlich wäre es für die außerordentlich wichtige Entscheidung für oder gegen eine Organspende sehr wichtig, wenn sich jeder mit der Thematik intensiv beschäftigen und den nächsten Angehörigen die getroffene Entscheidung mitteilen würde“, betont er gegenüber dem OVB.
Keine Transplantationen im „InnKlinikum“
Im „InnKlinikum“ werden keine Transplantationen durchgeführt. „Transplantationen werden aufgrund der erforderlichen Vor- und Nachbehandlung nur von Kliniken der Maximalversorgungsstufe durchgeführt, dazu gehört das InnKlinikum nicht“, erklärt Dr. Kahl den Grund. „Im ‚InnKlinikum‘ werden aber Explantationen, also Organentnahmen durchgeführt.“
Pro Jahr nur etwa zweimal Organentnahmen
Dies geschieht durch externe „Explant-Teams” der „Deutschen Stiftung Organtransplantation” (DSO) im Zusammenwirken mit den Ärzten des Klinikums. In den zurückliegenden fünf Jahren wurde das pro Jahr nur etwa zweimal gemacht. Das liegt an der geringen Bereitschaft zur Organspende, hat aber auch medizinische Gründe.
Angehörige können Spende zustimmen
„Zunächst einmal muss die Patientin oder der Patient entweder einen Organspendeausweis besitzen oder die Angehörigen geben ihr Einverständnis“, erläutert der Mediziner. „Eine Voraussetzung ist auch, dass die Organe voll funktionsfähig sind und keine Infektion oder Tumore festgestellt werden.“
Der Spender muss hirntot sein
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, müssen mindestens zwei besonders qualifizierte Fachärzte unabhängig voneinander den Hirntod des Patienten bestätigen. Hierzu wird von den Ärzten auf einer Intensivstation eine eingehende Hirntoddiagnostik durchgeführt, die mehrere Stunden in Anspruch nimmt.
Hinterbliebene haben oft Zweifel
Wenn es um Organspende geht, haben die Ärzte oft mit Bedenken und Sorgen der Angehörigen zu tun. „Wir erleben, dass der Hirntod von manchen Hinterbliebenen angezweifelt wird“, so Kahl. „Es erfordert einfühlsame Gespräche, teilweise auch mit mehreren Ärzten, um die Menschen, die sich natürlich in einer Ausnahmesituation befinden, zu überzeugen. Oft ziehen wir auch das Explant-Team der DSO mit hinzu.“
Weniger Spender wegen Zustimmungslösung
Einfacher könnte das werden, wenn sich der Gesetzgeber zu einer anderen Regelung hinsichtlich der Organspende entschließen würde. Kahl: „Anders als in vielen anderen EU-Staaten haben wir in Deutschland keine Widerspruchslösung, sondern eine Zustimmungslösung.“ Befürworter der Widerspruchslösung gehen davon aus, dass sich mit ihr die Zahl der verfügbaren Spenderorgane erhöhen würde. Denn dann würde gelten: Nur, wer zu Lebzeiten einer Organspende widerspricht und dies bei einer Behörde hinterlegt, ist kein Organspender. Jeder andere wäre durch sein Stillschweigen bereit, nach seinem Tod Organe zu spenden.
Bundesrat will das Gesetz ändern
Im Deutschen Bundesrat wird aktuell eine Gesetzesinitiative vorbereitet, die genau diese Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz zum Ziel hat.
Einfacher Weg zum Organspendeausweis
Jeder ab 16 Jahren, der sich dazu entscheidet, nach seinem Tod Organe zu spenden, kann sich ganz einfach einen Organspendeausweis besorgen. Entweder online im Internet oder in Arztpraxen und Apotheken. Dazu wird immer ausführliche Information angeboten. Nur wenige Erkrankungen schließen eine Organspende nach dem Tod aus und es gibt kein Höchstalter, bis zu dem eine Spende möglich ist.
Übrigens kann auf der Rückseite des Ausweises die Organspende mit dem Ankreuzen von „Nein“ auch abgelehnt werden. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) rät: „Egal, wie Sie sich entscheiden: Schaffen Sie Klarheit auch für Ihre Angehörigen und dokumentieren Sie Ihre Entscheidung – zum Beispiel auf einem Organspendeausweis. So stellen Sie sicher, dass Ihr Wunsch bekannt ist und berücksichtigt wird.“