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Nach den Überschwemmungen in Bayern

Hochwasser im Landkreis Mühldorf: Mehr Schutz – es bleiben aber Lücken

Die Gefahr ist allgegenwärtig: Hochwasser bedroht auch Städte und Dörfer im Landkreis Mühldorf. 2005 blieb das Wasser nur wenig unterhalb der Innbrücke in Mühldorf stehen.
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Die Gefahr ist allgegenwärtig: Hochwasser bedroht auch Städte und Dörfer im Landkreis Mühldorf. 2005 blieb das Wasser nur wenig unterhalb der Innbrücke in Mühldorf stehen.

Um Menschen im Landkreis Mühldorf bei Hochwasser zu schützen, sind viele Maßnahmen notwendig. Große durch den Freistaat, kleine durch die Gemeinden. So weit sind die Sicherungsmaßnahmen

Von Josef Enzinger, Jörg Eschenfelder, Helena Gennutt, Markus Honervogt, Christa Latta, Raphaela Lohmann und Harald Schwarz

Bei starkem Regen fließt Wasser in vielen Gemeinden von Feldern direkt in die Keller von Häusern

Baumaßnahmen am Inn schützen viele, aber nicht alle Anwohner und Firmen

Hochwasserschutz bereitet kleinen Gemeinden finanzielle Sorgen

Mühldorf – Am Feiertag floss das Wasser in Strömen durch Weidenbach. Straßen waren überflutet, Keller drohten vollzulaufen. Extremer Regen sorgte dafür, dass der Ortsteil von Heldenstein an Mariä Himmelfahrt 2023 mit Hochwasser zu kämpfen hatte. Das Wasser floss zum Großteil von Feldern auf die Straße. 

Kleine Gemeinden haben viel getan

„Dieses Mal sind wir verschont geblieben“, sagt Bürgermeisterin Antonia Hansmeier. Und das sei nicht nur Glück gewesen. „Die Gemeinde konnte Landwirte gewinnen, ihren Feldbau zu ändern“, erklärt sie. Die Bauern haben auf den Feldern auch im Winter Pflanzen angebaut, sogenannte Winterungen. „Die sorgen dafür, dass die Erosion weniger wird und Niederschläge besser versickern können.“ Außerdem habe die Gemeinde ein Regenrückhaltebecken geschaffen, könne zwei landwirtschaftliche Weiher nutzen und habe Gräben gezogen. „Wir machen, was geht!“, sagt die Bürgermeisterin

Mehr Wasser im Inn, aber noch keine akute Gefahr: Am 4. Juni 2024 überschritt der Pegel in Mühldorf nur knapp die Meldestufe eins.

Auch Buchbach hatte das Problem bei starkem Regen. Vor zwei Jahren traf es vor allem den Ortsteil Oberbonbruck, durch den das Wasser floss, das von höherliegenden Feldern kam. Es traf einen Supermarkt und eine Firma. Nach Angaben von Bürgermeister Thomas Einwang gibt es seitdem private Schutzmaßnahmen durch Mauern. Außerdem würden die Felder oberhalb des Ortsteils nicht mehr als Äcker genutzt, sondern als Grünflächen.

Hochwasserschutz ist in Polling seit langem ein Thema

Hochwasserschutz ist in Polling seit langem ein Thema. Markus Frey wohnt im Ortsteil Flossing. Um sich vor Hochwasser zu schützen, hat er bei Regen immer die Wiesen zwischen Mühldorf und Oberneukirchen im Blick. Wenn die voll laufen, dann weiß er, „dass wir was machen müssen. Dann füllen wir selber Sandsäcke.“

Diesmal war es nicht nötig, erklärt Pollings Bürgermeister Lorenz Kronberger. „In Oberflossing wurde mit einem Hochwasserdamm und dem Rückhaltebecken ein wirkungsvoller Hochwasserschutz getroffen.“ Seit dessen Bau habe es im Dorf keine Überflutungen mehr gegeben.

Anwohner Frey wünscht sich dennoch ein Gesamtkonzept, das auch Obertaufkirchen und Oberneukirchen in den Blick nimmt. Der Grünbach durchziehe 30 Quadratkilometer. Der Hochwasserschutz müsse „oben anfangen“. Bürgermeister Kronberger erklärt, dass mit Mühldorf weitere Maßnahmen für den Grünbach geplant seien. „Leider sind die Planungen mangels zur Verfügung stehender Grundstücke ins Stocken geraten.“

Viel getan in Neumarkt-St. Veit

Viel verändert hat sich in Neumarkt-St. Veit. Es ist selten geworden, dass die Rott zum reißendem Strom wird und Wasser in Keller entlang der Rott läuft. Schon in den 80er Jahren wurden laut Bürgermeister Erwin Baumgartner Maßnahmen zum Hochwasserschutz durchgeführt, jüngere Baugebiete wurden mit Rückstaubecken versehen. In der Alten Teisinger Straße habe sich das ausgezahlt, sagt Baumgartner, „die Becken haben sich nach den niederschlagsreichen Tagen gut gefüllt“.

Baumgartner bleibt vorsichtig. „Das hat heute niemand mehr im Blick, was da kommt und ob da was kommt.“ Er verweist auf die Orte, mit deren Überschwemmung niemand gerechnet habe. „Es kann unglaublich schnell gehen.“

Einige Maßnahmen an Inn und Isen

Für den Inn und die Isen ist das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim zuständig. In den letzten Jahren hat die Behörde nach Angaben von Abteilungsleiter Michael Holzmann in Ampfing (2016/2017), Kraiburg und Waldkraiburg (2018/2019) und Mühldorf (2021/2022) Hochwasserschutzmaßnahmen errichtet.

Die Isentalstraße im Jahr 2021.

So können im Waldkraiburger Ortsteil Niederndorf mobile Spundwände eingesetzt werden, teilt eine Stadtsprecherin mit. Alle Menschen können dort bei einem Hochwasser aber nicht geschützt werden. Entlang des Inns seien einige Häuser nicht mehr bewohnt. Diese Häuser stünden zu dicht am Fluss. 

Wie die Balken am Dammabschluss bei Niederndorf eingesetzt werden, demonstriert Franz Sachs von den Waldkraiburger Stadtwerken. Die Balken sind hohl, laufen bei einem starken Hochwasser mit Wasser voll und werden deshalb mit speziellen Klammern (Bild rechts) fixiert.

In Kraiburg bieten Damm und Mauer Schutz, sie trennen die untere Siedlung vom Inn. Erst unter Petra Jackls Vorgänger Heiml wurden sie ertüchtigt. Wenn der Inn so hoch steigt wie am Wochenende, setzt sich ein Pumpwerk in Gang. Es pumpt das Wasser aus dem dahinter liegenden Maximiliansbach in den Inn, weil es nicht mehr von selbst abfließt. „Das ist ein neuralgischer Punkt, wenn sich das Wasser hier staut, würde die ganze Siedlung schwimmen“, erklärt Bürgermeisterin Jackl. Sie möchte demnächst noch ein ausreichendes Notstromaggregat anschaffen. Auch Wanklbach und der private Triebwerkskanal können überlaufen. Der Kanal wurde am Freitag sicherheitshalber geschlossen.

Kraiburgs Bürgermeisterin Petra Jackl ist froh, dass die orange Bohle verhindert hat, dass zu viel Wasser vom Wanklbach (links) in den Triebwerkskanal (rechts) geflossen ist. Sicherheitshalber soll die Bohle nun erneuert werden.

Wichtigste Maßnahme in Mühldorf ist die neue Spundwand im Bereich der Firma ODU in Mühldorf Süd. ODU stand 2005 kurz vor einer Katastrophe, als nur wenige Zentimeter fehlten, bevor das Hochwasser in die Werkshallen geströmt wäre. Diese Spundwand schützt auch die Kläranlage. Der Innauenweg Richtung Innenstadt hat allerdings noch immer keinen Schutz.

Laut Landwirt Ulrich Niederschweiberer ist die Hochwasserfreilegung von Mößling seit Frühjahr 2023 abgeschlossen. Die Durchlässe unter der Autobahn seien ganz oder teilweise verschlossen. „Wir brauchen nichts mehr zu befürchten“, sagt der CSU-Stadtrat. Welche konkreten Maßnahmen in Mühldorf weiter notwendig sind, dazu will sich die Stadt auf Anfrage nicht äußern. Sie verweist auf das Wasserwirtschaftsamt.

Gelassenheit in Ampfing

Wegen der Schutzmaßnahmen an der Isen gibt sich Ampfings Geschäftsstellen-Leiter Hans Wimmer betont gelassen: Dieser Hochwasserschutz sei für ein Hochwasser ausgelegt, das sich statistisch einmal in einhundert Jahren ereignet. „Der Ort ist geschützt“, sagt auch der Leiter des Ampfinger Bauamtes, Alois Wilhelm.

Gegen häufigere Hochwasser, „die alle zwei Jahre vorkommen“, könne die Renaturierung von Flüssen einen Beitrag leisten, erklärt Wilhelm. Ampfing möchte in Salmanskirchen dem Aidenbach wieder mehr Raum und seinen natürlichen Zustand geben. Dann könne er sich ausbreiten, fließe langsamer und gebe Wassermassen langsamer ab. Das Planungsverfahren laufe.

Freistaat unterstützt Schutzmaßnahmen mit Geld

Nach Angaben des Wasserwirtschaftsamts fördert der Freistaat Schutzmaßmaßnahmen durch Gemeinden an kleineren Bächen – für die Gemeinden wird es dadurch aber nicht leichter, wie Heldensteins Bürgermeisterin Hansmeier betont. „Hochwasserschutz ist eine freiwillige Aufgabe der Kommunen“, sagt sie. Bei klammen Gemeindekassen stehen die Pflichtaufgaben aber an erster Stelle, dann muss der Hochwasserschutz warten.

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