„Hitzefrei gibt‘s nicht mehr“
Mehr Hitzeschutz? Was Stadt und Landkreis Mühldorf dafür tun wollen – Aber: Reicht das?
Es ist Sommer und es ist heiß – das ist normal. Doch die Tage mit Extrem-Hitze häufen sich zunehmend und da ist dringend Abkühlung gefragt. Was tun die Stadt und der Landkreis Mühldorf in dieser Hinsicht für ihre Bürger?
Mühldorf – Die Stadt Mühldorf hatte heuer schon sieben Hitzetage mit einer Lufttemperatur von 30 Grad Celsius oder darüber, der heißeste Tag war laut www.wetterkontor.de der 11. Juli mit 34,8 Grad Celsius. Wenn sich die Wetter- und Klimaprognosen bewahrheiten, wird es künftig immer heißer werden und das schafft Probleme. Das Bundeskabinett hat gerade ein „Klimaanpassungsgesetz“ verabschiedet, einige deutsche Städte erarbeiten Stadtpläne, auf denen etwa kühle Orte und Trinkwasserspender verzeichnet sind. Das OVB hat nachgefragt, was Stadt und Landkreis Mühldorf im Köcher haben, um den Bürgern bei großer Hitze Erleichterung zu verschaffen.
„Hitzeschutz ist generell ein wichtiges Thema, das seit eh und je in den heißen Phasen des Jahres die Bürgerinnen und Bürger umtreibt“, antwortet Pressesprecher Werner Kurzlechner für die Stadt. „In Mühldorf machen beispielsweise die Arkaden anschaulich sichtbar, dass der Schutz sowohl vor Regen als auch vor Hitze das Stadtbild schon vor Jahrhunderten geprägt hat.“
In Brunnen steigen ist verboten
Wer an extrem heißen Tagen trotzdem nach draußen muss, finde in Mühldorf in der Regel leicht einen Platz im Schatten, fährt er fort: „In der Altstadt spenden die Arkaden Schatten, außerdem gibt es das Kneipp-Becken am Stadtwall, der auch viele schattige Plätze bietet.“ Kühlende Zuflucht könnten geöffnete Kirchen und die vielen Geschäfte in Mühldorf bieten. „Auch an den städtischen Brunnen kann man sich abkühlen, sie zu betreten ist allerdings auf Basis unserer Grünflächensatzung untersagt.“ Das Erarbeiten eines Stadtplans mit kühlen Orten steht aktuell nicht auf der Agenda der Verwaltung.
Die Stadtverwaltung verfolge die Pläne der Bundesregierung und Bayerns zur Aufstellung von „Hitzeaktionsplänen“. „Das dient momentan nicht als Basis, auf der die Verwaltung einer 22.000 Einwohnerstadt weitreichende Schnellschüsse ziehen sollte“, betont Kurzlechner. „Zumal konkrete Anstöße ohnehin aus dem Stadtrat kommen müssten. „Sensibilisiert für das Thema sind wir dennoch – und gespannt, ob sich die Empfehlungen von Gesundheitsminister Lauterbach noch konkretisieren werden.“
„Aktuell gibt es in Mühldorf keine öffentlichen Trinkwasserbrunnen“, räumt der Stadtsprecher auf Nachfrage ein. Dazu gibt es derzeit auch keine entsprechenden Planungen, weil zentrale Aspekte wie Qualitätssicherung und Risikomanagement in all ihren haftungsrechtlichen Facetten final nicht umfassend und rechtssicher geklärt sind. Kurzlechner: „Wenn es so weit ist, wird sich sicherlich auch der Stadtrat mit der Umsetzung des Themas in Mühldorf befassen.“
Landkreis informiert über Social Media
„Der Landkreis Mühldorf informiert seine Bewohner im Fall von extremen Hitzeereignissen über seine Webseite und Social-Media-Kanäle des Landkreises wie Facebook und Instagram sowie über die Informationsplattform BayernFunk“, kann Landkreis-Pressesprecherin Karin Huber mitteilen. „Eine umfassende Übersicht über öffentlich zugängliche, klimatisierte Aufenthaltsorte im Landkreis gibt es nicht.“ In den Liegenschaften des Landkreises sind nur wenige Räume klimatisiert, etwa der Schalterraum der Zulassungsstelle. Dazu, diese Räumlichkeiten im Fall extremer Hitze und bei Bedarf öffentlich zugänglich zu machen, gibt es vonseiten des Landratsamtes „momentan keine Überlegungen“, so die Pressestelle.
Auf ausreichend Flüssigkeit achten
Das Robert-Koch-Institut zählte im Jahr 2022 rund 4.500 Hitzetote in Deutschland. „Eine Statistik zu Hitzetoten auf Landkreisebene gibt es nicht“, erklärt Dr. Cornelia Erat vom Gesundheitsamt Mühldorf. „Sie wäre auch sehr schwierig, da in den seltensten Fällen Hitze alleine die Ursache für einen Tod ist.“ Für alle Hitzegeplagten hat sie folgende Ratschläge: „Ein Verhalten, wie wir es aus südlichen Ländern schon lange kennen: Nachts und morgens lüften, dazu tagsüber die Fenster schließen und nach Möglichkeit beschatten. Darüber hinaus sollte der Aufenthalt im Freien und in der Sonne in der Mittagshitze möglichst vermieden und auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden.“
Hitzefrei gibt‘s schon lange nicht mehr
Ältere Semester erinnern sich sicher noch mit Freude an „Hitzefrei“ an den Schulen. Heutige Schüler kommen nicht mehr in diesen Genuss. „Hitzefrei gibt es an den Schulen seit vielen Jahren nicht mehr“, und dafür gibt es laut Gabriele Rottmüller, Schulamtsdirektorin und fachliche Leiterin des staatlichen Schulamts Mühldorf am Inn, einen guten Grund: „Im Zuge des zentralen bildungs- und familienpolitischen Reformprojekts ‚Verlässliche Grundschule‘ wurden die entsprechenden Regelungen aufgehoben, damit die Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder im Fall eines Unterrichtsausfalls keine Schwierigkeiten bekommen.“ Doch die Schulen würden darauf achten, dass die Schülerinnen und Schüler ausreichend trinken und nicht zu stark belastet werden, wenn es sehr heiß ist. Rottmüller: „Die Klassenzimmer werden in den Sommermonaten in den frühen Morgenstunden ausgiebig gelüftet. Wo es möglich ist, werden zudem die Gärten oder Freigelände für den Unterricht genutzt.“
Hitzeschutz in Pflegeheimen im Landkreis
Ein von der LMU München für Kommunen entwickeltes Internetportal listet unter der Rubrik „Hitzeservice“ Informationsmaterialien für Kommunen auf. Dazu gehört auch der Maßnahmenplan für Einrichtungen in der stationären Pflege, der im Landkreis Mühldorf seit 2021 angewandt wird. Da Hitze besonders für vulnerable Gruppen wie alte Menschen oder Personen mit Vorerkrankungen eine Gefahr darstellt, erhalten die stationären Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe wöchentliche Mitteilungen des Deutschen Wetterdienstes zur prognostizierten Wärme- und Hitzebelastung im Landkreis Mühldorf. Bei Begehungen durch die Heimaufsicht prüfen das Gesundheitsamt zudem die Einrichtungen auf die Umsetzung des erforderlichen Konzepts „Umgang mit Hitze“. Dazu zählen sowohl bauliche Maßnahmen wie Lüftungen oder Sonnenschutz sowie pflegerische Maßnahmen wie ausreichendes Trinkangebot für die Bewohner. (Dr. Cornelia Erat, Gesundheitsamt Mühldorf)