Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Waldkontrollen im Landkreis Mühldorf

Lebensgefahr durch morsche Bäume: Wer haftet für herabstürzende Äste?

Förster Wolfgang Mayer Juli 2023
+
Revierförster Wolfgang Mayer an den Resten einer mächtigen Esche. Der Baum ist im Sommer 2022 quer über den Spazierweg gefallen, der am Innzipfel in Richtung Innfähre führt. Zum Glück waren dort gerade keine Menschen unterwegs.

In der Bayerischen Verfassung steht: „Das Betreten von Wald (…) ist jedermann gestattet“. Aus diesem Jedermanns-Grundrecht ergeben sich Pflichten für jeden Waldbesitzer. Wie es um die Sicherheit in Mühldorfs Wäldern steht.

Mühldorf – Am 8. Juni wurde im Landkreis Forchheim ein achtjähriger Bub von einem Baum erschlagen, starke Windböen haben den morschen Baum zu Fall gebracht. Am 15. Juni wurde im Landkreis Freising ein 61-jähriger Spaziergänger von einem umstürzenden Baum getroffen und dabei verletzt. Bevor ihn die Baumkrone unter sich begrub, hatte er ein plötzliches Knirschen gehört. Bereits am Karfreitag wurde eine deutsche Spaziergängerin (64) in Tirol von einem umstürzenden Baum am Kopf verletzt, sie erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma.

Ein Fall von höherer Gewalt

Wer im Wald unterwegs ist, hört oft ein Knacken im Geäst. Doch auch wer durch die Stadt geht, ist nicht vor herunterfallenden Ästen gefeit, die Menschen und Autos treffen können. Vor allem nach schweren Unwettern mit starken Stürmen wie in der vergangenen Woche. Da stellt sich die Frage, ist das alles höhere Gewalt? Oder muss im Falle einer Verletzung oder eines Schadens jemand für die Folgen haften?

Regelmäßig werden zur Verkehrssicherung am Innufer und im Auwald der Stadt Mühldorf Gehölzarbeiten durchgeführt. Zuletzt wurden im März 2023 im Bereich Starkheim Bäume aus- und umgeschnitten. „Das Wasserwirtschaftsamt führt regelmäßig Baumkontrollen durch, sowohl im belaubten, als auch im unbelaubten Zustand“, teilt dazu Michael Holzmann vom Wasserwirtschaftsamt Rosenheim mit. „Diese Kontrollen werden durch einen ausgebildeten Baumkontrolleur vorgenommen und dokumentiert. Der Baum wird gesamtheitlich angeschaut, auch hinsichtlich Naturschutz und Lebensraumfunktion, zum Beispiel, ob ein Höhlenbaum vorliegt. Aus dieser fachlichen Einschätzung werden entsprechende Maßnahmen abgeleitet, terminiert und konsequent durchgeführt.“

Bauhof hat Stadt Mühldorf unter Kontrolle

„Die im Besitz der Stadt Mühldorf befindlichen Bäume werden regelmäßig kontrolliert“, erklärt auch Pressesprecher Werner Kurzlechner. „Konkret wird der Zustand der Bäume in Augenschein genommen und begutachtet, bei Bedarf erfolgen Maßnahmen. Darum kümmern sich Mitarbeiter des Bauhofs.“ Der städtische Bauhof entfernt Totholz und schneidet Bäume und Sträucher so, dass Fußgänger, Rad- und Autofahrer die Verkehrswege ungehindert nutzen können. Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen doch zu einem Unfall hat die Stadt „für derartige Risiken entsprechende Haftplicht- und Unfallversicherungen“, sagt Kurzlechner. Im Einzelfall komme es immer auf die Art des Unfalls und seinen Hergang an.

Revierförster Wolfgang Mayer ist für den Kommunalwald zuständig, der im Eigentum der Städte Mühldorf und Neumarkt-St. Veit ist. Mit Personenschäden hatte er es bisher noch nicht zu tun, „zum Glück“, wie er sagt. Im Kommunalwald führt er regelmäßig, ein- bis dreimal pro Jahr, sogenannte Verkehrssicherungsbegänge durch, zusätzliche Runden dreht er nach Sturmereignissen. „Dabei gehe ich die notwendigen Bereiche entlang von Straßen, Wegen, Gebäuden und Bahnlinien zu Fuß ab“, erläutert er.

Mit einem Maurerhammer demonstriert Mayer an einem Eschenstumpf, wie er die Bäume auf Wurzelfäule durch Halimasch untersucht.

Zusätzliche Prüfung nach Stürmen

Eschen untersucht er am Stammfuß intensiver auf Wurzelfäule. „Diese Begänge werden von mir dokumentiert und notwendige Fällungsmaßnahmen unverzüglich durchgeführt, wenn möglich aber außerhalb der Brutzeit von 1. März bis 1. September.“ Auch bei der Privatwaldberatung und im Rahmen seiner Informationsarbeit spricht er das Thema regelmäßig an.

Dr. Martin Kennel, Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten AELF Töging, weist darauf hin, dass jeder Waldbesitzer sich seiner Sorgfaltspflicht bewusst sein muss: „Ob ein Baum im Wald umfällt oder ein Fahrrad in der Stadt, wer einen Schaden zu verantworten hat, regelt das Bürgerliche Gesetzbuch.“ Allerdings müsse ein Waldbesitzer nicht täglich seine Bäume prüfen. Zwar hat jeder Bürger das Recht, den Wald zu betreten, aber „das geschieht auf eigene Gefahr“. Wer über eine Wurzel stolpert, kann dafür keinen haftbar machen. Lädt allerdings eine Ruhebank zu einer Rast direkt unter einem Baum ein, dann muss diese Örtlichkeit regelmäßig geprüft werden, denn damit wurde eine Gefahrenquelle geschaffen.

Waldspaziergang auf eigene Gefahr

Auch an stark begangenen oder befahrenen Waldwegen müssen Bäume intensiver auf morsche Stellen oder Pilze kontrolliert werden. Dr. Kennel: „Zur eigenen Sicherheit sollten Waldbesitzer diese Überprüfungen dokumentieren, mit Datum, Feststellung und Gegenmaßnahme.“

Nach Unwettern ist Vorsicht geboten

„Während und auch noch Tage nach Unwettern sollten Wälder gemieden werden, da auch gesunde Bäume Schaden genommen haben könnten“, warnt Michael Holzmann vom Wasserwirtschaftsamt. Kommt es nach Unwettern zu einem Unfall durch Baumschlag sei von höherer Gewalt auszugehen, bei der der Baumbesitzer nicht zur Haftung herangezogen werden kann. Bei der Haftungsfrage spiele darüber hinaus eine entscheidende Rolle, ob es sich um einen öffentlichen Straßenraum oder aber um ein Betreten der freien Landschaft wie Wald handelt. In der freien Landschaft gilt grundsätzlich, dass es keine Haftung für typische, sich aus der Natur ergebende Gefahren gibt. Holzmann: „Die Haftungsfrage ist rechtlich nicht eindeutig geregelt, beruht bisher nur auf gerichtlichen Entscheidungen und ist jeweils vom Einzelfall abhängig.“

Kommentare