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Über die Zukunft des Erhartinger Ritters

Brauerei in Erharting: Schwesternpaar über Herausforderung und Hoffnung fürs Biergeschäft

Der Erhartinger Ritter ist omnipräsent, nicht nur in der Stube der Brauerei mit Marlis (links) und Amelie Röhrl. Ortsvereine tragen das Emblem auch auf ihrer Kleidung, zeigen so ihre Verbundenheit zur heimischen Brauerei.
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Der Erhartinger Ritter ist omnipräsent, nicht nur in der Stube der Brauerei mit Marlis (links) und Amelie Röhrl. Ortsvereine tragen das Emblem auch auf ihrer Kleidung, zeigen so ihre Verbundenheit zur heimischen Brauerei.

Das Wirtshaus stirbt, die Bauwägen leben: Seit 1872 wird in Erharting Bier gebraut – doch die Zeiten ändern sich, sagen Amelie und Marlis Röhrl. Warum Biertrinken heute anders funktioniert als früher.

Erharting – „Die jungen Leute trinken weniger Alkohol, die Gastro leidet. Und dennoch beschweren wir uns nicht. Es läuft zufriedenstellend!“, beschreibt Amelie Röhrl die Situation der Brauerei in Erharting. Zusammen mit ihrer Schwester Marlis führt sie das Familienunternehmen, inzwischen in der vierten Generation. Man beschwert sich nicht, weiß aber, dass man weiter am Ball bleiben muss. Innovation zu zeigen hat, um konkurrenzfähig zu bleiben. Denn die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht.

Keine Begeisterung für „Dry January“

Fast grantig klingen die beiden Schwestern, wenn sie von bundesweiten Aktion lesen müssen, die die Selbstkasteiung propagieren, konkret den Verzicht auf Alkohol. Für einen „Dry January“ zeigen Amelie und Marlis nur wenig Verständnis, der aus ihren Augen nach der Völlerei an Weihnachten der körperlichen Regeneration dienen soll. So etwas sei schlecht fürs Geschäft. „Man bekommt ja fast ein schlechtes Gewissen, weil man Bier verkauft.“

Leerstände in Gasthäusern: Pächter dringend gesucht

Einen direkten Rückgang des Konsums haben sie trotz solcher Aktionen nicht festgestellt. Doch andere Entwicklungen machen sich durchaus bemerkbar, sagen die Bräuinnen. Und verweisen auf Leerstände von Liegenschaften der Brauerei, Gasthäuser, die geschlossen sind, weil es unmöglich ist, Pächter zu finden. Der Gasthof in Engfurt zum Beispiel ist schon seit einigen Jahren geschlossen. Auch der Bäckerwirt ist Geschichte. Immerhin kein Leerstand, Migranten bewohnen das ehemalige Dorfwirtshaus.

Bauwägen statt Stammtisch: Junge Menschen trinken anders

Ein Trend, den die Brauerinnen schon früh erkannt haben: Die Jugend trinkt nicht weniger – aber anders. Anstelle von langen Abenden im Wirtshaus trifft man sich in Bauwägen, Hütten oder privat. Die klassische zweite Runde beim Wirt, die früher das Geschäft gesichert hat, fällt heute oft weg. Ein Relikt aus der Corona-Zeit? Fünf Jahre nach den Pandemie-Jahren, die zur Zwangsschließung aller Gasthäuser geführt hatten, wissen Amelie und Marlis Röhrl: „Damals schon haben sich die jungen Leute privat getroffen!“

In der Gastro habe sich ziemlich viel bereinigt wissen die beiden Damen. Die Öffnungszeiten hätten sich am Freizeitverhalten vieler Gäste angepasst. Öffnungszeiten geändert, weil an Wochenende einfach das Personal fehle. Dazu kommt die Bürokratie, aber auch Auflagen, vom richtigen Brandschutz bis zu den rutschfesten Fliesen in den Toiletten. „Da muss man schon zweimal nachrechnen, ob es das wert ist, was man investiert!“

Brau-Damen investieren

Investitionen – davor verschließt man sich nicht, betont Marlis Röhrl. Gerade habe man einen sechsstelligen Betrag in eine neue Flaschenabfüllung investiert. Aber sie wollen eben zweimal überlegt sein in einem Familienunternehmen, das nach dem plötzlichen Tod von Amelies Sohn Jakob vor sieben Jahren im Hier und Jetzt plant. „Aber wir planen nicht nur bis 2027, sondern auch darüber hinaus“, sagt Marlis.

Doch leicht sei es nicht, wenn etwa teure Inspekteure die Brauerei überprüfen. Oder die Gefahr besteht, dass man der Brauerei das Wasser abdreht. „Es gibt Überegungen, dass wir unseren eigenen Brunnen nicht mehr nutzen dürfen, wir an die Gemeinde anzuschließen hätten. Verbunden mit Kosten, die das Dasein der Brauerei in Frage stellen würden“. Dabei ist das gemeindliche Wasser kein anderes als das aus unserem Brunnen“, erklärt Amelie Röhrl.

Geschlossene Wirtshäuser seien übrigens nicht nur in ein exklusives Problem in Erharting. „Da muss man nur nach Ampfing schauen: Berghammer, Duschl und seit geraumer Zeit auch der Hinterecker. „Wer hätte das gedacht, dass so renommierte Häuser mal schließen müssen?“, fragt Amelie Röhrl.

Vereinsfeste boomen wieder

Dafür boomen die Vereinsfeste. „Auch Volksfeste gehen wieder besser als früher“, meint dazu Amelie Röhrl. Die Brauerei war viele Jahrzehnte lang Platzhirsch auf dem Mühldorfer Volksfest. Dann kam die Spatenbrauerei, und Erharting musste weichen. Seit 2022 sind die Braudamen aus Erharting wieder mit ihrem Festbier und Festwirt Markus Leserer – ein Erhartinger – am Start. Beim Flossinger Dorffest wird traditionell Erhartinger Bier ausgeschenkt, ebenso beim dortigen Volksfest. Der Sommerkeller, ein traditioneller Biergarten am Vorberg, sei gefragt wie nie. „Aber auch da war es schwierig, einen geeigneten Pächter zu finden!“

Stolz auf eine reine „Weiber-Brauerei“

Welchen Bier-Ausstoß die Brauerei hat, in der mit Julia Hinter eine Braumeisterin für den Geschmack des Bieres sorgt, das wollen die beiden Chefs der „Weiber-Brauerei“, wie sie ihre Brauerei nennen, nicht verraten. „Aber es ist genug, damit niemand Durst leiden muss“, sagt dazu Amelie Röhrl.

Warmes, trockenes Wetter, wie schon in den vergangenen Jahren, hilft natürlich einer Brauerei, gut über die Runden zu kommen. „Wir sind mit Vereinsfesten auch heuer gut ausgelastet“, sagt dazu Amelie Röhrl zufrieden. Nicht nur über die Gemeindegrenzen hinaus. Im Ort selbst profitiert die Brauerei vom regen Vereinsleben. Vom Maibaumaufstellen, von den Sautrogrennen. Von den jungen Gemeindebürgern, die erst vor wenigen Jahren eine Burschenschaft ins Leben gerufen haben.

Erhartinger Ritter lebt auch in den Vereinen

Und die werden jetzt sogar mit einer Dirndlschaft verstärkt, die sich bereits gegründet hat und am 1. Juni zur ersten Mitgliederversammlung einlädt. Überall mittendrin statt nur dabei: Der Erhartinger Ritter, der seit jeher das Wappen der Brauerei ziert und auch auf der Vereinskleidung im typischen Königsblau Platz findet, bei den Burschen wie bei den Dirndln. „Auch daran erkennt man die Verbundenheit der jungen Leute zur Brauerei“, freut sich Amelie Röhrl über soviel Zuspruch.

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