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Handwerkskammer regt Bezuschussung an

Bis zu 10.000 Euro für den Führerschein in der Region: Wer soll das bezahlen?

Mitgliederversammlung des Thüringer Fahrlehrerverbandes
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Mehr Übungsfahrstunden machen heute den Führerschein für junge Leute deutlich teurer als anno dazumal.

Schnell und günstig den Führerschein machen und dann im eigenen Auto in die Unabhängigkeit brettern - das war gestern. Warum das den Fahrschülern heute nicht mehr so wichtig ist, sie aber dennoch ein Vielfaches zahlen müssen.

Mühldorf - Kommt ein Opa mit seinem Enkel in die Fahrschule - was wie das Eingangsszenario eines Witzes klingt, bringt Martin Lämmermeier immer wieder zum Kopfschütteln. „Es kommt vor, dass die Väter oder Großväter ihre Schützlinge zu uns in die Fahrschule bringen mit dem Hinweis, dass sie selbst nur sechs Fahrstunden gebraucht haben. Die Zeiten sind vorbei“, so der erfahrene Mühldorfer Fahrlehrer.

Staunendes, vielleicht auch ärgerliches Raunen der Schein-Sponsoren dürfte zum Alltag heutiger Fahrlehrer - nicht nur Martin Lämmermeiers - gehören. Warum? Wer ein Auto fahren möchte, muss heute tief in die Tasche greifen. „Zu den Sonderfahrten wie Überland-, Autobahn- und Nachtfahrten kommen immer mehr Übungsfahrten in der Stadt. Das bedeutet nicht nur Abbiegen, Einparken oder Anfahren am Berg. Die Schulung wird immer umfangreicher, weil es mehr Straßenverkehr, mehr Technik im Auto wie Tempomat oder Spurassistenz zu beachten gilt“, erklärt der Fahrlehrer. Bei den Schülern mit migrantischem beziehungsweise Flüchtlingshintergrund komme als Schwierigkeit noch die Sprachbarriere hinzu.

Fahrlehrer Martin Lämmermeier nimmt selbst im Fahrsimulator seiner Fahrschule Platz.

Handy-Generation mit weniger Interesse

Unterm Strich seien mit mindestens 20 Übungsstunden (ohne Sonderfahrten) und im Schnitt 3.300 Euro in seiner Fahrschule zu rechnen, um den B-Führerschein zu erhalten. Ausreißer nach oben gebe es natürlich auch; ein Schüler hat mit insgesamt rund 160 Fahrstunden, die zwischen neun- und zehntausend Euro gekostet haben, den Vogel abgeschossen. „Und dann hat man ja immer noch kein Auto“, gibt Lämmermeier zu bedenken.

Dazu komme aber auch, dass es sich bei seinen Schülern um „eine andere Generation“ handle: „Den Schülern pressiert es einfach nicht mehr so sehr“, so Lämmermeier. Abgesehen davon haben sie keinen so engen Bezug mehr zum Auto, können mit Schalten oder Kuppeln immer weniger anfangen. Problematisch in diesem Zusammenhang: Vorwissen zur Straßenverkehrsordnung sei heute auch eher Fehlanzeige. „Heutzutage achten die jungen Leute, wenn sie von den Eltern gefahren werden, weniger auf den Verkehr und die Beschilderung, sondern mehr auf das Handy“, vermutet er. Wie auch immer - die Lehrer müssen sich auf diese Defizite einstellen. „Wir holen die Schüler ganz woanders ab als früher.“

Was Martin Lämmermeier bei der Schulung von Frischlingen gut hilft, ist sein Fahrsimulator, wo Handgriffe im Cockpit geübt werden können, bevor es ab auf die Straße geht.

Martin Lämmermeier ist Fahrlehrer in Mühldorf am Inn.

Führerschein dauert heute bis zu 18 Monaten

Habe der Führerschein früher drei bis sechs Monate gedauert, brauchen die Schüler heute zwölf bis 18 Monate. Das Taxi Mama verliere halt nie seinen Reiz, weil es bequemer ist. Martin Lämmermeier schmunzelt. Den „leichteren Weg“ wählen seine Fahrschüler verstärkt mit dem Kombi-Führerschein B 197, bei dem man nur mit Automatik geprüft wird und dabei lediglich zehn Übungsstunden im Schaltauto nachgewiesen werden müssen. „Das erleichtert viel.“

Einen Umbruch im „Fahrschulbusiness“ konstatiert auch Christian Perzl. Für den Fahrschullehrer, der in Waldkraiburg und in Töging eine Fahrschule betreibt, seien die jungen Leute weniger fokussiert und durchhaltend. „Sitzt man als Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz, muss man heute Kuschelpädagoge und geduldig sein“, sagt Perzl.

Fahrlehrer müssen heute oft Kuschelpädagogen sein

Allerdings sei es bei rund Dreiviertel seiner Fahrschüler immer noch die Regel, die Gangschaltung zu erlernen. „Ich habe es bisher fast jedem beibringen können.“ Er sei zu gern echter Fahrlehrer, sodass jeder Schüler bei ihm - neben der neuen Technik - klassisch schalten lernen müsse. Dafür brauche der eine mehr, der andere weniger Zeit. Bis zu 70 Übungsstunden habe Perzl schon einmal einen Fahrschüler unterrichtet. Und das geht auch bei ihm ins Geld.

Als Fahrlehrer muss Christian Perzl auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.

Heute bezahlen die Schüler bei Perzl sowie auch in der Region rund 60 Euro pro normale Fahrstunde. Vor sieben Jahren habe die Stunde noch 40 Euro gekostet, erinnert sich Perzl. Das kann nicht jeder so einfach berappen. Es komme vor, dass den Fahrschülern das Geld ausgeht und sie ein paar Monaten pausieren müssen, erzählt der Fahrlehrer weiter. „Dann fällt man wieder zurück oder fängt wieder von vorne an. Der Führerschein wird noch teurer.“

Kostenbeteiligung von Betrieben?

Wer soll‘s bezahlen? Der Führerschein könnte zumindest für Lehrlinge von deren Betrieben finanziell unterstützt oder auch staatlich bezuschusst werden, lautete jüngst eine medienwirksame Anregung der Handwerkskammer für München und Oberbayern, die Pressesprecher Jens Christopher Ulrich auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen bestätigt hat. Auch Roland Meier von der HWK Mühldorf finde die Vorstellung, dass Unternehmen mehr für ihre Lehrlinge tun, gut.

Diese Ansicht teilt Christian Perzl nur zum Teil. „Die Unternehmen werden hierzulande sowieso schon sehr geschröpft. Man sollte sie nicht noch mehr unter Druck setzen“, so Perzl, der sich allerdings gut vorstellen könne, dass es Betriebe gibt, die auf diesem Weg den Nachwuchs anlocken und halten möchten. Von solch einem Finanzierungsmodell bei seinen Schülern habe er allerdings noch nicht gehört.

Bedingt Förderung durch Jobcenter

Auch die Agentur für Arbeit hat keinen eigenen „Topf“ für Führerschein-Förderung. Lediglich bei Job-Bewerbern, bei denen „schriftlich die feste Aussicht auf ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, das den Führerschein erfordert“, sei eine Förderung möglich - heißt es auf Nachfrage von der für den Landkreis Mühldorf zuständigen Arbeitsagentur in Traunstein.

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