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Umtausch von Führerscheinen

Voller Erinnerungen und bald Geschichte - Autofahrer erzählen von ihren grauen Lappen

Die Haare sind noch immer dicht, wenn auch nicht mehr so lang: Der Mühldorfer Rudolf Mayer mit seinem alten grauen Führerschein.
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Die Haare sind noch immer dicht, wenn auch nicht mehr so lang: Der Mühldorfer Rudolf Mayer mit seinem alten grauen Führerschein.

Es ist gar nicht so einfach, Menschen zu finden, die noch einen grauen Lappen besitzen. So nennen sie liebevoll den alten Führerschein, der jetzt seine Gültigkeit verliert. Dabei sind mit ihm viele Geschichten verbunden.

Mühldorf – Seit Januar letzten Jahres müssen die alten Führerscheine gegen einheitliche Kartenführerscheine der Europäischen Union (EU) ersetzt werden. Bis zum 19. Januar 2033 sollen dann sämtliche grauen und rosa Führerscheine umgeschrieben sein. Vor allem für ältere Menschen ist der graue Lappen voller Erinnerungen. In dem guten alten Stück steckt schließlich eine ganze Menge Autofahrergeschichte.

Rudolf Mayer (69) aus Mühldorf und Annemarie Haslberger (73) aus Reichertsheim können auf mehr als 50 Jahre Mobilität zurückblicken. Beide machten einst ihren Führerschein in München. Ilse Preisinger-Sontag (67) hatte mit 17 ihre Führerscheinprüfung bestanden, durfte jedoch erst ab 18 Autofahren. Sie alle sind begeisterte Autofahrer und legten im Laufe ihres Lebens eine Menge Kilometer zurück. Bei Mayer wurde seine Leidenschaft sogar zum Beruf.

Eine Ehrung von der Stadt Mühldorf

Mit Anfangs 20 machte der Mühldorfer sich als Taxifahrer selbständig. „Den Taxiführerschein zu machen war sehr schwer. Ich musste unter anderem etwa 6000 Straßen in München auswendig kennen, sämtliche Kliniken, Hotels, Gaststätten und Einrichtungen wissen und die kürzeste Strecke von A nach B kennen.“ Ein halbes Jahr sei er nur mit Lernen beschäftigt gewesen, bis er endlich seinen Taxiführerschein hatte. „Der war damals schon sehr teuer“, erinnert sich Mayer.

Mehr als 20 Jahre lang hatte er sein eigenes Taxiunternehmen in München. Logisch, dass er viele Geschichten erzählen kann. Eine davon: „Es war etwa Mitte der 1970er. Ich hatte gerade einen Fahrgast im Auto, da kam über Funk die Meldung, dass die Polizei einen Mann verfolge. In der Amalienstraße sah ich den Flüchtenden. Ich hielt an, rannte ihm sofort hinterher und dann schoss er auf mich.“ Inzwischen seien andere Taxifahrer dazu gekommen, sie stellten den Täter. „Ich hatte großes Glück und erlitt nur einen Streifschuss am Oberarm. Ich bekam dafür eine Ehrung von der Stadt München.“ Noch heute liebt er es auf der Straße unterwegs zu sein. Seine große Leidenschaft ist sein Motorrad.

Das nutzt Mayer auch, wenn er als Fotograf für die OVB Heimatzeitungen unterwegs ist und zwei große Leidenschaften kombinieren kann: Das Motorradfahren und das Fotografieren.

Frisurentechnisch ganz im Stil der späten 1960er Jahre: Annemarie Pschorr, die später nicht nur als Autofahrerin, sondern auch als Politikerin Karriere machte. Allerdings unter dem Namen Haslberger.

Auch Annemarie Haslberger (73) hat schöne Erinnerungen an ihre Autofahrerzeit. „Mein Fahrlehrer sagte in der Fahrschule immer zu mir: lahme Ente, sei mal flotter“, erinnert sich Haslberger. „Damals war das Autofahren viel angenehmer. Es gab keinen Schilderdschungel wie heute und natürlich auch weniger Verkehr“, setzt sie fort.

Aus lahmer Ente wird eine Bürgermeisterin

Die Aufforderung ihres Fahrlehrers machte sie für einige Zeit zur Fußgängerin. Und das kam so: „Ich war von Moosburg in Richtung Gammelsdorf unterwegs. Auf dieser Strecke war ich schon jahrelang unterwegs. Da durfte man immer 70 fahren“, erzählt sie. „Plötzlich wurde daraus eine geschlossene Ortschaft. Ich hatte gut 70 drauf und wurde prompt geblitzt.“ Die Folge: ein saftiges Bußgeld und Punkte. „Ich musste meinen Führerschein einen Monat lang abgeben“, die Zeit der lahmen Ente war vorbei.

Älteren Menschen Mut machen

Für die spätere Bürgermeisterin von Reichertsheim und CSU-Bezirksrätin war es eine Lehre, denn flott, so wie es ihr Fahrlehrer ihr einst gesagt hatte, ist sie seither nicht mehr unterwegs. In ihren politischen Ämtern war sie enorm viel unterwegs. Umso wichtiger war der Führerschein für sie. „Es gibt noch immer Menschen, vor allem ältere, die sich nicht trauen Auto zu fahren. Selbst wenn man lange nicht gefahren ist, sollte man ein paar Fahrstunden nehmen um wieder sicher zu werden“, macht sie älteren Fahrerinnen und Fahrern Mut. „Gerade auf dem Land ist man aufs Auto angewiesen. Mobilität bedeutet auch Freiheit“, rät Haslberger.

Kontaktlinsen trägt Ilse Preisinger-Sontag nur selten. Obwohl ihr ein Polizist wegen einer fehlenden Brille einst tief in die Augen schauen musste.

Eine vorbildliche Autofahrerin ist Ilse Preisinger-Sontag. Obwohl sie beruflich und durch ihr politisches Engagement als stellvertretende Mühldorfer Landrätin und Bürgermeisterin viel unterwegs ist, brachte sie es bisher nur zu einem Punkt in Flensburg. Entsprechend fröhlich sind ihre Erinnerungen an Tausende Kilometer auf der Straße.

Obwohl sie nur einmal wegen schnellen Fahrens einen Punkt erhielt, pressierte es der Mühldorfer Steuerberaterin manchmal. „Als junge Frau musste ich für ein paar Tage zu einer Fortbildung nach Österreich. Damals gab es noch strenge Grenzkontrollen.“ Weil es an diesem Tag schnell gehen musste, hatte sie ihre Reisetasche einfach auf den Rücksitz des Autos geworfen, bevor sie losfuhr. „An der Grenzkontrolle fiel den Beamten meine Tasche auf. Dann wollten sie meine Ausweispapiere sehen“, erinnert sie sich. „Im Führerschein stand drin „Beim Führen von Kraftfahrzeugen ist geeignetes Augenglas zu tragen“.

Ganz tief in die Augen geschaut

Doch für die Beamten war sie oben ohne unterwegs: „Ich trug keine Brille, sondern Linsen. Der Grenzbeamte fragte mich, warum ich keine Brille trage. Ich sagte ihm, dass ich Linsen trage. Er: ja sieht man das? Ich darauf: ja, wenn sie mir tief in die Augen schauen.“ Da habe der Grenzer gelacht und sie weiterfahren lassen.

Jugendfotos aus vergangenen Zeiten

Die Kontrollen an den Grenzübergängen waren damals sehr streng. Man hatte Respekt vor den kontrollierenden Beamten. Preisinger-Sontag, Mayer und Haslberger sind sich einig: Früher war zumindest für Autofahrer alles besser. Es gab weniger Verkehr auf den Straßen und die Autofahrer waren in ihren Augen rücksichtsvoller und entspannter. Damals hatten die Autos weniger PS, aber dafür fuhr man früher los um an sein Ziel zu kommen und das vor allem sicher und unfallfrei.

Ihre alten grauen Führerscheine wollen sie behalten. Man kann sie entwerten lassen, darf sie danach nicht mehr nutzen, aber als Erinnerungsstück tun sie gute Dienste. Und als historisches Dokument. Vom Foto aus jüngeren Zeiten ganz zu schweigen.

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