Gestohlene Zündkerzen auf eBay verkauft
24-Jähriger stiehlt Waren im Wert von 42.000 Euro – doch Opfer will Täter vor Strafe bewahren
Ein 24-Jähriger hat seinem Chef Zündkerzen im Wert von 42.000 Euro geklaut. Vor dem Amtsgericht Mühldorf war sein früherer Arbeitgeber aber äußerst milde gestimmt – im Gegensatz zu Richter Greifenstein.
Mühldorf – Der Sommer 2023 liegt an diesem Februar-Tag im Sitzungssaal 116 des Mühldorfer Amtsgerichts scheinbar unendlich weit zurück: Zwischen dem 24-jährigen Angeklagten aus dem Landkreis Mühldorf und seinem ehemaligen Chef herrscht kein böses Blut. Im Gegenteil: Vor dem Sitzungssaal fragt der Ex-Chef freundlich, wie es ihm gehe, was er jetzt so mache. Dabei hatte der junge Bursche seinem Chef vor einem halben Jahr aus dessen Büro 752 Zündkerzen im Wert von 42.151,96 Euro geklaut.
Auch vor Amtsrichter Florian Greifenstein wiederholt der Unternehmer aus dem Landkreis: Er wolle nicht, dass sein ehemaliger Mitarbeiter eine Strafe bekomme, eher eine neue Chance. „Ich trage niemandem etwas nach. Für ihn ist es auch eine blöde Situation.“
„Mein Mitleid hält sich in Grenzen“
Mit Blick auf die Tat meine da aber Richter Greifenstein: „Also, mein Mitleid hält sich in Grenzen.“
Was war passiert? Der Elektro-Meister hatte in seinem kleinen Betrieb seinen Mitarbeitern vertraut und hinter der stets offenen Bürotür seine Zündkerzen gelagert, die 50 bis 80 Euro das Stück kosten. Die Mitarbeiter bräuchten sie eben immer wieder schnell. „Ich gehe davon aus, dass ich jedem vertrauen kann“, sagt der Unternehmer. Sicher, es seien immer wieder mal Kleinigkeiten verschwunden, „aber damit muss man leben“.
Innerhalb von drei Wochen 752 Zündkerzen geklaut
Das ging bis zum vergangenen Sommer gut. Damals hat der Angeklagte bei dem Unternehmer in Teilzeit im Büro gearbeitet. Eines Tages kam er auf eine Idee, die er sich auch heute nicht erklären könne, wie er vor Gericht aussagte. Und so klaute er zwischen Mitte Juni und Anfang Juli innerhalb von drei Wochen fünf Packungen mit insgesamt 752 Zündkerzen und bot sie anschließend über eBay an. Einen Teil konnte er verkaufen – für 23.650 Euro.
23.400 Euro Bargeld in der Wohnung
Dann merkte sein Chef den Diebstahl und ging zur Polizei. Die Beamten gaben sich als Käufer aus und standen wenig später vor der Tür des Angeklagten. Der ließ sie herein, war geständig und legte alles offen. Bei der Durchsuchung fanden die Beamten 23.400 Euro Bargeld (Greifenstein: „Wohl aus dem Verkauf“) und noch Zündkerzen im Wert von 8.314 Euro. Die Polizisten nahmen kurzerhand alles mit. „Das war schon etwas hemdsärmlig“, meinte Richter Greifenstein, sei aber nachvollziehbar.
Die Ware und das Geld hat der Unternehmer inzwischen bekommen. Blieben also noch gut 10.500 Euro Schaden. Der 24-Jährige lieh sich das Geld von seinen Eltern und überwies es an seinen Chef. „Das war das Erste, was kam“, so der Ex-Chef. Auch habe sich der Angeklagte sogleich per E-Mail entschuldigt. Und er entschuldigte sich auch jetzt noch einmal persönlich.
Kündigung, Arbeitslosigkeit und neuer Job
Der Elektro-Meister war vor Gericht nicht nachtragend. „Ich hätte mit jemand anderem gerechnet“, gab er zu. Auch, dass er sich Zeit nahm, ehe er dem Angeklagten kündigte. Der war dann ein gutes halbes Jahr arbeitslos, ehe er in einem benachbarten Landkreis eine Vollzeitstelle als IT-Administrator fand.
„Ich weiß auch nicht, wie ich auf diese dumme Idee gekommen bin“, ließ der Angeklagte, der optisch kein Wässerchen trüben kann, seinen Rechtsanwalt, Simeon Feuerstein, erklären: „Ich weiß nicht, was über mich kam.“
„Da wurde nichts verschleiert“
Der Angeklagte ist auch vorher nie auffällig geworden. Richter Greifenstein konnte nur eine „jugendtypischen“ Sünde – Schwarzfahren mit dem Mofa – vermelden.
Alles also halb so schlimm? Das wollte Staatsanwalt Konstantinos Alexandridis so nicht stehen lassen: Der 24-Jährige habe über drei Wochen mehrfach Zündkerzen entwendet: „Das ist kein ‚Ich habe nicht nachgedacht’. Das braucht schon mehr kriminelle Energie.“ Er forderte eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 65 Euro: 11.700 Euro.
Richter Greifenstein ist nicht ganz so milde gestimmt
Rechtsanwalt Feuerstein verwies dagegen darauf, dass sich jeder Mitarbeiter bedienen konnte. Der Schaden sei vollständig beglichen und der Angeklagte reumütig. „Da wurde nichts verschleiert.“ Auch er wollte eine Geldstrafe, aber unter 180 Tagessätzen.
Doch dann fällte Richter Greifenstein sein Urteil: Den Hauptteil des Schadens habe die Polizei beglichen, der Angeklagte habe nur rund 10.000 Euro bezahlen müssen. „Das ist ein Viertel des Schadens.“ Daher sei eine Geldstrafe „nicht mehr tat- und schuldangemessen“. Seine Entscheidung: acht Monate Haft, die er für zwei Jahre zur Bewährung aussetzte.