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Am 13. Oktober ereignete sich ein schlimmer Unfall auf der der A94 bei Ampfing mit sieben Toten und mehreren teils Schwerverletzten. Matthias Holzbauer ist Feuerwehr-Seelsorger für ganz Oberbayern und weiß, wie Einsatzkräfte Unfälle solchen Ausmaßes verkraften können.
Sieben Tote, 16 Schwerverletzte - das schreckliche Ende des Horror-Unfalls auf der A94 bei Ampfing lähmt die Bevölkerung. Was mag erst den Einsatzkräften durch den Kopf gehen, wenn sie bei der Alarmierung von einem Unfall solchen Ausmaßes erfahren? Antworten kann Matthias Holzbauer geben. Er ist Feuerwehr-Seelsorger für ganz Oberbayern - und hat selbst als Feuerwehrler schon einiges miterlebt.
Dass ein Einsatz eines solchen Ausmaßes für die Rettungskräfte nicht zur Routine zählt, steht wohl außen vor. „Dieser schlimme Unfall gilt als jene, die eher außergewöhnlich und nicht alltäglich sind. Die Wucht des Unfalls ist extrem, die Umstände sind nicht die eines gewöhnlichen Unfalls“, unterstreicht Holzbauer.
In dem Fall extrem sei auch der Tod eines Kindes: „Kinder sind für uns immer schlimm und natürlich auch die Zahl von 20 Personen in einem so kleinen Fahrzeug.“ Das sei „nicht normal“, da überkomme einen durchaus eine Art der Ohnmacht.
„Kommunikation ein wichtiges Mittel“
Von Beruf Diakon ist Holzbauer seit 18 Jahren für die Feuerwehr-Seelsorge in ganz Oberbayern zuständig, zudem Kreisbrandinspektor bei der Feuerwehr Ebersberg. Seine Aufgaben als Trauma-Fachberater und systemischer Therapeut sind in erster Linie neben den klassischen Seelsorger-Aufgaben bei Einsatzkräften auch die Einsatz-Vor- und Nachsorge.
Bei der Trauerbewältigung unabdingbar: Einzelgespräche, Beratungen nach belastenden Einsätzen, Gruppeninterventionen.
„Kommunikation ist für uns ein wichtiges Mittel: Jeden Eindruck, den wir gewinnen, müssen wir zum Ausdruck bringen, sonst bleibt er in uns und was in uns versteckt bleibt, hat oft keine gute Wirkung“, weiß der Diakon, der in Glonn daheim ist. Seine klare Empfehlung: Sich nicht zurückziehen, sondern darüber reden.
Sowohl im Rettungsdienst als auch bei der Feuerwehr wird eine sehr gute Kollegialität und Kameradschaft gepflegt. „Wir fangen uns gegenseitig auf und unterstützen uns. Ich hoffe, dass die Kollegen, die vor Ort den Einsatz auf der A94 begleitet haben - ob Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst - gut für sich sorgen, aufeinander schauen, sich gegenseitig stützen und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen. Ich bin mir da ziemlich sicher, dass das gelingt.“
Jeder verarbeitet Einsätze anders
„Wie man eine solche Tragödie für sich persönlich erlebt, fällt unterschiedlich aus“, erklärt Holzbauer. Einsatzbelastungen äußern sich nämlich sehr individuell.
„Wenn zwei denselben Einsatz erleben, können sie dennoch sehr verschieden mit ihren Ressourcen und Strategien der Verarbeitung umgehen. Der eine schafft es, sich im Moment besser zu schützen, der andere schafft das weniger.“ Dies hängt von persönlichen Gegebenheiten ab, wie man sich in dem Augenblick gerade fühlt und ob man in solchen Bereichen womöglich schon Erfahrungen gesammelt hat, so Holzbauer weiter.
„Keiner muss das Gefühl haben, damit alleine fertig werden zu müssen“
Einsatzkräfte lernen, mit Leid, Tod und Sterben umzugehen. „Das gehört dazu, sonst kann man das auf die Dauer nicht machen.“ Jeder lernt, für sich selbst Strategien zurechtzulegen, damit umzugehen und schlimme Vorfälle wie den jüngsten auf der A94 verarbeiten zu können.
„Wir versuchen in der Nachsorge, falls nötig, zu unterstützen. Keiner muss das Gefühl haben, damit alleine fertig werden zu müssen. Betroffene können sich jederzeit an Kollegen, Kameraden oder ausgebildete Personen wenden“, unterstreicht Holzbauer, der selbst Kräfte ausbildet, die dann Seelsorge-Maßnahmen durchführen.
Einsatzbelastungen aus eigener Erfahrung
Die Gespräche mit traumatisierten Kollegen berühren selbstverständlich auch den Diakon: In Berufen wie seinem sei eine „gewisse Form an Empathie“ unentbehrlich. Darüber hinaus brauche es Fachkenntnisse.
Holzbauer kenne das Feuerwehrgeschäft und Einsatzbelastungen aus eigener Erfahrung: „Insofern kann ich sowohl meine fachliche, als auch private Erfahrung einbringen. Denn eine Einsatzkraft merkt sehr schnell, ob jemand eigene Erfahrung hat oder lediglich von der Theorie erzählt.“
Auch der Diakon braucht „Ventile“
Holzbauer ist überzeugt: Wer so viel von Leid, Tod und dem Sterben umgeben ist, der muss das Leben umso mehr spüren. „Natürlich muss ich mit dem, was ich höre und erfahre, umgehen. Auch ich brauche meine Ventile. Bei mir spielt das Leben eine sehr große Rolle. Ich lebe sehr gerne, lebe lustig und auch gut. Berge, furtgehen, Stammtisch, Kameradschaft und die schönen Dinge bewusst erleben - das ist für mich eine enorm wichtige Kompensationsmöglichkeit.“
Holzbauer helfe die Einstellung, dass es sich nicht um das eigene Leid handele, das man erlebe, sondern das Leid eines anderen - so traurig das auch klingen mag: „Wir versuchen, da sehr professionell zu arbeiten und zu helfen, wo wir können - und trotzdem halten wir Seelsorger all das, was uns nicht direkt betrifft, ein Stück weit von uns fern. Andernfalls würden wir auf Dauer an der Menge dessen, was wir erleben, kaputtgehen.“
