So läuft ein AIDS-Schnelltest
„Zeig HIV den Finger“: Wie die Testaktion in Mühldorf gelaufen ist
Tödliche Seuche oder chronische Krankheit? Ein Tropfen Blut reicht aus, um zu erfahren, ob man das HIV-Virus in sich trägt. Wie ein AIDS-Schnelltest abläuft.
Mühldorf – Seit mehr als 30 Jahren findet am 1. Dezember der Welt-AIDS-Tag statt, regelmäßig im November werden in Bayern HIV-Testwochen durchgeführt. Am Mittwoch (28. November) bot das Gesundheitsamt Mühldorf zusammen mit der AIDS-Beratung der Caritas die Möglichkeit zu einem anonymen und kostenlosen HIV-Schnelltest im Test-Bus der Caritas.
Ein Pieks in die Fingerkuppe
Sechs Stunden lang parkte dieser Bus auf dem Gelände des Campus Mühldorf im Industriepark. Davor ein Aufsteller mit dem Text „Zeig HIV den Finger“. So flapsig wie kurz ist beschrieben, was es für den Test braucht: Einen hingestreckten Finger, aus dessen Kuppe nach einem kleinen Pieks mit einer Lanzette einige Tropfen Blut gepresst werden.
Fast wie ein Corona-Selbsttest
„Unser HIV-Test-Kit ähnelt stark einem Corona-Selbsttest“, Magdalena Beier, Sozialpädagogin der Caritas, erklärt, wie der Test funktioniert. „Das Blut des Probanden kommt in ein Röhrchen mit Testflüssigkeit.“ Dieses Blutgemisch wird in die Testkassette gefüllt. Auch der Inhalt zweier weiterer Fläschchen kommt in die Testöffnung. „Das Ergebnis ist sofort sichtbar.“ Ein farbig angezeigter Punkt bedeutet ein negatives Testergebnis. Zwei farbige Punkte bedeuten „positiv“.
„Positiv“ war im Bus noch keiner
Siebenmal waren Beier und ihre Kollegin Katharina Eispert bislang mit ihrem HIV-Test-Bus im Einsatz. „Ein positives Testergebnis hatten wir dabei noch nie“, sagt Beier. Jedem Test geht ein Beratungsgespräch voraus. Und würde ein Test „positiv“ anzeigen, dann nähmen sich die beiden Sozialpädagoginnen noch einmal Extra-Zeit. „Um auf Nummer sicher zu gehen, muss einem positiven Schnelltest ein ausführlicher Labortest durch einen Schwerpunktarzt folgen“, betont Eispert.
Warum der Campus als Standort für den HIV-Test-Bus ausgewählt wurde? „Am Campus erreichen wir viele junge Menschen, die wir für das Thema sensibilisieren wollen“, sagt Pressesprecher Wolfgang Haserer für das Gesundheitsamt Mühldorf. Einerseits, um über das Risiko einer Ansteckung nachzudenken, andererseits, um als Multiplikatoren im persönlichen Umfeld zu wirken.
28 junge Leute machten den Test
„Das Test-Angebot am Campus wurde insgesamt 28-mal genutzt“, teilte Haserer nach Abschluss der Aktion mit. Für die beiden Damen von der Caritas in München eine sehr gute Zahl – zu mancher Aktion waren nur vier bis acht Testwillige gekommen.
Kostenlos und anonym
Auch am Gesundheitsamt Mühldorf kann ein solcher Labortest gemacht werden, kostenlos und anonym. Die Nachfrage danach ist aber nicht besonders hoch. „Das passiert etwa ein-, zweimal pro Woche“, weiß Dr. Cornelia Erat vom Gesundheitsamt. Im Jahr 2022 wurden 12 HIV-Antikörper-Tests durchgeführt, im Jahr 2023 waren es bisher 24 Tests.
Die meisten fahren nach München
Nach Erats Erfahrung, machen die Menschen aus dem Landkreis, die meinen sich infiziert zu haben, einen solchen Test lieber in einer Großstadt wie München. Denn in den Köpfen eines großen Teils der Bevölkerung bedeutet HIV gleich AIDS und ist noch immer mit Scham und Ausgrenzung behaftet.
Behandlung ein Leben lang
„Dabei ist eine HIV-Infektion längst gut behandelbar“, sagt die Medizinerin. Infizierte müssten zwar lebenslang Medikamente einnehmen, aber das müsse etwa ein Diabetiker auch. Selbst die Ansteckungsgefahr für andere Menschen kann durch die Behandlung gebannt werden.
HIV-Tests vor der Verbeamtung
Die Angst vor einer massiven epidemischen Ausbreitung der HIV-Infektion war in den 80er Jahren groß. „Ab 1987 wurden in Bayern Zwangsmaßnahmen zur verpflichtenden HIV-Testung für
Ansteckungsverdächtige, wie Drogenabhängige, oder Prostituierte eingeführt“, erklärt der Pressesprecher. „Bei jeder Einstellungsuntersuchung vor einer Verbeamtung wurde ein HIV-Test durchgeführt.“
Keine Statistik zu HIV im Landkreis
Damals wurden an den Gesundheitsämtern Stellen für Ärzte geschaffen, die Tests durchführen und Beratung leisten sollten. „In diesen Zeitraum fällt auch der erste HIV-Test im Gesundheitsamt Mühldorf“, so Haserer. Der Zeitpunkt des ersten positiven Tests im Landkreis Mühldorf ist aber nicht dokumentiert. Zahlen über HIV-Infektionen im Landkreis gibt es nicht, denn, weil sich die meisten Betroffenen außerhalb testen lassen, führt das Gesundheitsamt dazu keine Statistik.
Anonymer HIV-Labortest im Gesundheitsamt
Vor 40 Jahren wurde das bis dahin unbekannte Humane Immundefizienz-Virus (HIV) entdeckt, das die Immunschwäche AIDS auslösen kann. Heute sind weltweit rund 39 Millionen Menschen HIV-positiv. Jedes Jahr infizieren sich allein in Bayern etwa 300 Menschen neu mit HIV.
Beim Gesundheitsamt Mühldorf kann sich jeder für einen kostenlosen und anonymen HIV-Labortest anmelden, telefonisch unter 08631 699-509 oder per E-Mail an gesundheitsamt@lra-mue.de. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Landkreises, Stichwort: HIV-Antikörpertest.
Das Gesundheitsamt bietet eine Beratung vor dem Test und im Rahmen der Ergebnismitteilung an. Im Falle eines positiven Testergebnisses werden die Patienten an HIV-Schwerpunktpraxen und -ambulanzen vermittelt. Denn die HIV-Therapie ist derart komplex und differenziert, dass der Patient zwingend von einem Spezialisten betreut werden muss.
